Winti-Profi Mühl hat im Abstiegskampf schon Wahnwitziges erlebt
In Deutschland wurde er mit dem Tod bedroht

Verteidiger Lukas Mühl hat in seiner Karriere einiges erlebt. Allen voran beim Jugendklub Nürnberg, bei dem er von den eigenen Fans angefeindet wurde. Was er dazu sagt und weshalb Winterthur der perfekte Ort für den 27-Jährigen ist.
Publiziert: 14:20 Uhr
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Aktualisiert: 14:32 Uhr
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Lukas Mühl (l.) machte beim Jugendklub Nürnberg unschöne Zeiten durch.
Foto: Imago
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Pascal RuckstuhlSport-Desk-Reporter

Winti-Profi Lukas Mühl (27) erinnert sich ungern an sein Ende beim 1. FC Nürnberg zurück. Als Eigengewächs schaffte er mit 19 den Sprung in die Profimannschaft, war wenig später Hoffnungsträger in der Defensive und machte insgesamt 133 Spiele für den FCN. Mit dem Club stieg er auf und 2019 wieder in die 2. Bundesliga ab. 

Nach dem Bundesliga-Abstieg rettete sich Nürnberg erst in der Relegation vor dem Gang in die 3. Liga. In der verkorksten Saison geriet der Klub in einen Abwärtsstrudel und alle Spieler in die Kritik. Vor allem aber wurde Mühl zur Zielscheibe der Kritiker. Aus dem Hoffnungsträger wurde ein Sündenbock.

Vor einem Spiel im Jahr 2020 hängen mutmasslich FCN-Anhänger, die bis heute unerkannt blieben, mehrere Banner und Aufkleber mit krimineller Botschaft auf. Wann sich Nürnberg endlich von «Anti-Fussballern wie Lukas Mühl oder Hanno Behrens» trenne oder ob es dafür einen «zweiten Fall Escobar geben muss?», steht auf einem Banner. Damit wurde auf die Ermordung des kolumbianischen Nati-Spielers Andres Escobar nach einem Eigentor bei der WM 1994 angespielt. 

Polizei überwachte das Haus

Der Winti-Profi sagt heute dazu: «Ich war zehn Jahre da und will die Zeit in Nürnberg nicht an dieser Sache aufhängen. Aber klar machte ich mir da Gedanken, wie es weitergeht. Zu dieser Zeit war die Polizei rund zwei Tage vor unserem Haus. Das ist dann noch mal eine andere Dimension. Letztendlich bin ich dadurch aber nur stärker geworden.»

Sein Wechsel im Sommer 2021 nach Österreich zu Austria Wien sei keine Flucht gewesen, betont Mühl. «Ein neuer Vertrag war bereit, doch dann kam ein schlechtes Spiel, und dann führte eines zum anderen und die Verhandlungen wurden auf Eis gelegt.» Dann sei die Zeit für einen Transfer nach vielen Jahren im Jugendklub gekommen. In seinen zwei Jahren in Wien war Mühl ein Leader des Teams. Anschliessend ging er in die Serie B zu Spezia. 

Auch in Italien hatte man die Erwartung, dass der 27-Jährige als Leader vorangeht. Doch wie beim Abstiegskampf in Nürnberg resultierte auch bei Spezia eine verkorkste Saison. Der Abstieg konnte nur knapp verhindert werden, weshalb es auch in Ligurien zu Konfrontationen mit eigenen Anhängern kam. «In Italien wurde schnell klar, dass es zwischen Trainer und Spielern nicht harmoniert. Nach sieglosen Partien waren die Ultras von Spezia oft vor Ort und haben Druck gemacht. Als Ausländer, der die Sprache nicht spricht, ist eine solche Situation nochmals schwieriger zu deuten als ohnehin schon.»

Winti-Wechsel aus vielen Gründen gut

Der Wechsel nach Winterthur im Sommer dieses Jahres sei der passende Schritt für ihn gewesen. Aus vielen Gründen. Mühl: «Meine Frau ist schwanger, wir warten auf das zweite Kind. Wir wollten deshalb wieder in die Richtung mit Schweiz, Deutschland und Österreich. Dann hat sich das mit Winti ergeben, und ich habe erfahren, wie hier in Ruhe gearbeitet wird und wurde. Winti ist ein bisschen das St. Pauli der Schweiz. Es macht extrem Bock, auf der Schützi zu spielen.»

In Winti sind, im Gegensatz zu Nürnberg und Spezia, keine Störgeräusche vorhanden. Selbst als man vor wenigen Wochen vom FC Basel zweimal vorgeführt worden ist, haben einige Fans noch geklatscht und anschliessend ein Motivationsbanner aufgehängt. Das pure Gegenteil zu Mühls vorherigen Stationen. «Man spürt, dass die Leute hier auch noch die menschliche Seite sehen. Nicht nur den Fussball», sagt er.

Aber auch in Winti gibts Ähnlichkeiten zu Nürnberg und La Spezia. Der Deutsche ist geholt worden, um Leaderqualitäten einzubringen. Nach harzigem Start hat sich Mühl zum Stammspieler in der Innenverteidigung entwickelt und will auch hier mit seiner Erfahrung vorangehen. Klar spüre er aufgrund des Abstiegskampfs auch in Winti Druck. «Doch der ist nicht vergleichbar mit der Zeit in Nürnberg. Wenn man in Nürnberg mal in einen Strudel kam, gabs gleich viele Pfiffe von den Fans.»

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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