Auf einen Blick
- FC Luzern und FC St. Gallen: Rivalität trotz ähnlicher Ausgangslage
- Unterschiede in Nachwuchsförderung, Finanzen und Fanaufmarsch zwischen den Klubs
- Beides chronisch erfolglose Mannschaften
Gegenseitig riechen können sich die Fans des FC Luzern und des FC St. Gallen schon lange nicht mehr. Über die Jahre ist die Rivalität stetig gewachsen. Mitunter wegen Scharmützeln ausserhalb der Arenen. Aber auch weil auf dem Platz die Post abgeht.
Einer, der dieses «Fast-Derby» bestens kennt, ist FCL-Legende David Zibung (41). «Als Luzern sind wir nie gerne nach St. Gallen. Und ich glaube, es ist auch umgekehrt so», betont er im Gespräch mit Blick. In diesem Duell sei alles, was den Fussball ausmacht. «Es sind immer packende, offene, umkämpfte Spiele mit viel Spektakel. Dazu gehören auch die beiden Kurven, die immer lautstark und sehr kreativ sind.»
Dabei könnten die beiden Klubs auf den ersten Blick als Brüder im Geist durchgehen. Beide haben riesige Einzugsgebiete und eine lange Fussballtradition. Zudem sehen sich beide als Herausforderer der grossen Städte wie Zürich, Bern und Basel. Gleich und Gleich gesellt sich gern, könnte man also meinen. Doch so ganz gleich sind sie sich gar nicht. Blick bringt die grossen Unterschiede der beiden Klubs vor dem Aufeinandertreffen am Sonntag auf den Punkt.
Zuvor wagt Zibung aber noch eine Prognose. «Gewinnen wird die Mannschaft, die aggressiver in den Duellen ist und mehr Zweikämpfe gewinnt. Es wird auf Messers Schneide sein. Selbstverständlich hoffe ich auf das bessere Ende für Luzern.»
Nachwuchs
In diesem Bereich haben die Luzerner die Nase ganz klar vorn. In der Zentralschweiz werden die Eigengewächse fast schon gezüchtet. Im letzten Spiel gegen den FCZ waren mit Pascal Loretz (21), Luca Jaquez (21), Stefan Knezevic (28), Tyron Owusu (21) und Levin Winkler (21) gleich fünf Eigengewächse in der Startelf. Davon können sie in der Ostschweiz nur träumen. Talente aus dem eigenen Nachwuchs sind in St. Gallen Mangelware. Im aktuellen Kader sind es nur deren drei. Davon gehört einzig Christian Witzig (24) zur regelmässigen Stammelf. Betim Fazliji (25) fehlte bis anhin verletzt. Mit Corsin Konietzke (19) gibt es ein vielversprechendes Talent, das seine Qualitäten schon mehrfach angedeutet hat.
Finanzen
Hier wäre Luzern ganz gern so wie St. Gallen. Die Realität ist aber eine ganz andere. Seit Jahren starten die Zentralschweizer mit einem strukturellen Defizit in eine Saison. Das war vor etwa zehn Jahren in der Ostschweiz auch der Fall. Doch seit der frühere SRF-Mann Matthias Hüppi (66) den Klub 2018 präsidiert und das Aktionariat in der Region breit abgestützt ist, ist der Klub selbsttragend geworden. Heute ist der FCSG weder auf ausserordentliche Transfereinnahmen noch auf Europacup-Spiele angewiesen, um eine schwarze Null zu präsentieren. Ganz anders der FCL: Sogar in einem Jahr, in dem man Ardon Jashari (22) für die Rekordsumme von 6 Millionen Franken transferiert hat, schrieb der Klub einen Verlust von 2,5 Millionen Franken.
Klubführung
Unter Hüppi herrscht in St. Gallen Ruhe. Kontinuität wird grossgeschrieben. Deshalb ist der Verein für Aussenstehende fast schon langweilig. Entsprechend wurde es als riesiger Schock empfunden, als vor einem Jahr aus dem Nichts der langjährige Sportchef Alain Sutter (57) mit Roger Stilz (47) ersetzt wurde. In Luzern dagegen herrscht auf der Position des Sportchefs durch Remo Meyer (42) zwar ebenfalls Kontinuität. Doch im Rest des Klubs sieht das ganz anders aus. Grund? Der nie endende Streit im Aktionariat zwischen Bernhard Alpstaeg und Josef Bieri. Eine klare Strategie auf der Geschäftsstelle zu verfolgen, ist so ein Ding der Unmöglichkeit. Zudem ist seit Anfang Jahr mit Stefan Wolf (54) auch der Präsident und CEO weg. Neuer Geschäftsführer ist mit Simon Laager (42) der frühere CEO bei den SCL Tigers. Der Posten des Präsidenten ist dagegen noch vakant.
Fanaufmarsch
Das Potenzial der beiden Klubs ist in etwa gleich gross. Beide Regionen zählen über eine Million Einwohner. Zudem sind die Stadien in etwa gleich gross. Der St. Galler Kybunpark verfügt über 19’568, die Swissporarena über 17’000 Plätze. Trotzdem hinkt der eine Klub dem anderen massiv hinterher. Während die Arena der Espen praktisch in jedem Spiel ausverkauft ist, kommen die Blau-Weissen in dieser Saison auf einen mageren Zuschauerschnitt von 11’358. Wolf, der beide Realitäten sowohl als Fussballer als auch als Funktionär bestens kennt, begründete es jüngst im Gespräch mit Blick so: «Vielleicht braucht es in Luzern ein bisschen mehr Ruhe und Stabilität.» Ein weiterer Grund ist die Konkurrenzsituation in der eigenen Region. Während der FCL einer von mehreren Profi-Sportklubs in der näheren Umgebung ist, geniesst der FCSG in der Ostschweiz praktisch Exklusivität.
Geschichte
So unterschiedlich die beiden Klubs in den vorherigen Punkten sind, so gleich sind sie, wenn es um die Historie geht. Denn: Beide Klubs sind chronisch erfolglos. Die jeweiligen Pokalvitrinen sind praktisch leer. Luzern hat in seinen 125 Jahren einen Meistertitel (1989) geholt sowie drei Mal im Cup (1959/60, 1991/92, 2020/21) triumphiert. St. Gallen dagegen kommt in 146 Jahren Klubgeschichte auf zwei Meistertitel (1903/04, 1999/2000) und einen Cup-Sieg (1968/69). Zum Vergleich: La Chaux-de-Fonds, Lugano, Winterthur und Aarau, fantechnisch alle weit hinter dem FCSG und dem FCL, wurden drei Mal Meister. So oft wie die Ost- und Innerschweizer zusammen.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 21 | 8 | 38 | |
2 | FC Basel | 20 | 24 | 34 | |
3 | FC Luzern | 20 | 5 | 33 | |
4 | Servette FC | 21 | 2 | 32 | |
5 | FC Lausanne-Sport | 21 | 7 | 31 | |
6 | FC Zürich | 20 | -2 | 30 | |
7 | FC St. Gallen | 20 | 7 | 29 | |
8 | BSC Young Boys | 21 | -3 | 28 | |
9 | FC Sion | 21 | -1 | 26 | |
10 | Grasshopper Club Zürich | 21 | -9 | 20 | |
11 | Yverdon Sport FC | 20 | -13 | 18 | |
12 | FC Winterthur | 20 | -25 | 14 |