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Sportchef Weiler blüht bei Servette auf
«Ich will mich selbst und den ganzen Verein voranbringen»

René Weiler liebt die Stadt Genf und mag seinen neuen Posten. Als Chef der Sportabteilung hat er mit Servette Grosses im Sinn. Unter ihm gibt es primär eine Richtung: «Vorwärts!»
Publiziert: 18.01.2025 um 14:46 Uhr
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René Weiler liebt die Stadt Genf und mag seinen neuen Posten.
Foto: Claudio de Capitani/freshfocus
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Sven SchochReporter Sport

Am Lac Léman spüren sie den Reiz der besonderen Ausgangslage. Der Rückstand auf das topklassierte Lugano ist nach 18 Runden minim. Von den Profis auf dem Rasen bis zur obersten Teppichetage glauben die Genfer unisono daran, erstmals seit 1999 die Meister-Trophäe gewinnen zu können. Die ambitionierte Grundhaltung ist eng mit René Weiler verknüpft. Mit seiner Ankunft beim Servette Football Club im vorletzten Sommer hat «sich viel verändert», wie er selbst registriert. Im ersten Jahr als Coach setzt der Zürcher neue Massstäbe: Cupsieg, Spektakel im Europacup, eine mehrfach ausverkaufte Arena.

Weiler baut grundlegend um, bringt markant viel Schwung in die Genfer Sache. «Intensität, Pressing, weniger Ballhalte-Modus, egal gegen wen. Die Spieler hatten Freude an dieser Vorwärtsstrategie.» Bei ihm selber hingegen reift im Dezember 2023 der Entschluss, sich trotz respektabler Ergebnisse vom Trainerposten in der Schweiz zurückzuziehen. «Ich sagte irgendwann zu meiner Familie: Ist das die Erfüllung, kommt noch etwas, das mich neu herausfordert und begeistert?» Unmittelbar nach dem Penalty-Triumph in Bern veröffentlicht Weiler seine überraschenden Pläne und steigt zum Sportchef auf, Thomas Häberli übernimmt das Team.

Tagesgeschäft-Hektik vermisst Weiler nicht

Ein gutes halbes Jahr später zieht Weiler eine erste Bilanz. Nach fast zwei Dekaden an der Linie blüht der 51-Jährige auf. Die Hektik aus dem Tagesgeschäft vermisst der Macher nicht: «Heute habe ich eine gewisse Distanz und Ruhe, die mir guttut. Das gibt mir etwas mehr Lebensqualität.» Das eigene Befinden sei wichtig, um die persönliche Reichweite ausspielen zu können: «Ich will am Ende alles voranbringen. Nicht nur die einzelnen Spieler, einen Trainer, einen Stab – nein, ich will mich selbst und den ganzen Verein voranbringen.»

Egal, auf welcher Ebene er bei Servette engagiert ist, Weilers Passion für den SFC ist spürbar. «Ich bin hier eingestiegen, weil ich Genf liebe. Als ganz Junger habe ich mich schon einmal für diese Stadt entschieden, obwohl ich zuvor mit Christian Gross und Erich Vogel einen Vertrag in meinem Kanton beim damals grossen GC verhandelte. Das hatten wenige verstanden.» Er ging und geht auch künftig seinen Weg. «Mit offenen Augen und Ohren, nicht einfach nur systemtreu.»

«Ich höre auf mein inneres Gefühl»

Weilers Linie ist speziell im Fall von Dereck Kutesa zielführend. Das Umfeld des Nationalspielers macht sich nach wie vor intensive Gedanken um dessen Zukunft, im Sommer endet der Vertrag des besten Genfer Torschützen. Mit einem zeitnahen Transfer ist indes nicht (mehr) zu rechnen. Berater und Servettes Entscheidungsträger sind sich weitgehend einig: Eine erfolgreiche Rückrunde ist für alle Beteiligten hilfreicher als ein Transfer zu einem Verein vom unteren Tableau einer europäischen Top-Liga. Zudem haben die Genfer den besten Liga-Torschützen (11 Treffer) mit einem unübersehbaren Preisschild markiert.

«Kutesa werden wir halten, sofern keine Anfrage kommt, bei der wir zusammen mit dem Spieler sagen müssten: unbedingt machen!», gibt Weiler in der Causa Kutesa das Tempo vor. Für ihn sei es von zentraler Bedeutung, in diesen Fragen gelassen zu handeln. Aktionismus bringe im ohnehin aufgeheizten Transfer-Business vorwiegend Probleme und könne alles aus dem Gleichgewicht bringen. «Ich höre auf mein inneres Gefühl, auf das, was ich selber sehe – natürlich stets in Absprache mit dem Trainer und der Klubführung.»

Es geht Weiler auch um die Reputation

Der Sportchef skizziert im Zusammenhang mit der Personalie Kutesa das grössere Genfer Bild: «Es geht hier immer auch um Reputation, um generelle Fragen. Wie reden wir mit anderen Vereinen? In welcher Form beantworten wir Anfragen von Agenten? Wie geht man mit einem Spieler um, der nicht verlängern will.» Dem früheren Meister-Coach von RSC Anderlecht kommt in solchen Angelegenheiten seine langjährige Vergangenheit im internationalen Sektor zupass.

Der Fussball sei zu vielschichtig für simple Lösungen. «Zudem habe ich immer auch den Spieler im Auge und sein Herz im Gefühl. Das wird alles berücksichtigt», so Weiler und schiebt nach: «Wenn einer den Weg von Kutesa wählt und gleichzeitig konstant so performt, dann kann man sich nur bedanken.»

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