Müller hat die FCL-Krise lange von aussen verfolgt
«Ich bin kein Typ für die Tribüne!»

Nachdem er sich monatelang mit Blessuren herumgeschlagen hat, ist Marius Müller (28) zurück im FCL-Tor. Der Publikumsliebling über das anhaltende Luzerner Tief, den Konkurrenzkampf mit Vaso Vasic und seine Glückssocken, die eigentlich dringend gebraucht würden.
Publiziert: 21.11.2021 um 09:46 Uhr
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Aktualisiert: 21.11.2021 um 16:16 Uhr
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Nach seiner mühsamen Geduldsprobe: Der wieder fitte Marius Müller will mit dem FCL raus aus der Krise.
Foto: Martin Meienberger/freshfocus
Marco Pescio

Abstiegskampf, dauernde Verletzungssorgen – und dann gehen im FCL-Aufenthaltsraum auch noch die Kaffeekapseln aus. Marius Müller will sich vor dem Termin mit Blick eigentlich ein heisses Getränk aus der Maschine herauslassen, sieht seinen Wunsch aber verwehrt. Er trägts mit Fassung, gibt lachend zu verstehen, das sei momentan wohl das kleinste Problem.

Marius Müller, die wichtigste Frage zuerst: Wie geht es Ihnen?
Marius Müller: Danke, gut. Ich hoffe, es ist jetzt alles durch! Ich habe länger gebraucht als gedacht. Alles wurde von einer Schambeinentzündung ausgelöst. Diese hat dann ausgestrahlt in die Adduktoren, in die Hüfte und die Sehnen im Beckenbereich. Es gab Entzündungen, die erst mal wieder abklingen mussten.

Sie mussten bereits ab April über einen langen Zeitraum Schmerzmittel nehmen, fielen aber erst im Sommer nach dem ersten Spieltag aus.
Ja, die Medikamente nahm ich nur für die Spiele. Und auch nur bis zum Cupfinal. Es war klar: Schmerzmittel zu nehmen, kann natürlich keine echte Lösung sein. Ich habe meine Probleme immer weiter mitgeschleppt. Ich bin dann nach meinem Out im Sommer komplett runtergefahren – und habe anschliessend meinen Körper wieder aufgebaut. Nun sollte die Geschichte vorbei sein.

Am letzten Spieltag gaben Sie gegen Sion Ihr Comeback. Wie war es zuvor, die Luzerner Krise miterleben zu müssen, ohne eingreifen zu können?
Es war schwer – und eine ungewohnte Rolle für mich. Ich kannte das zwar schon ein wenig von meiner Leipzig-Zeit, in Luzern habe ich das aber noch nie erlebt. Das YB-Spiel gleich zu Beginn (3:4) war ja gleich das spektakulärste überhaupt. Danach wurde es immer schlechter. Und ich kann Ihnen sagen ...

... ja?
Ich bin kein Typ für die Tribüne. Was da teilweise passiert, die Kommentare, die man hört. Da bin ich viel lieber auf dem Platz. (Schmunzelt) Immerhin konnte ich die Zeit nutzen, um mit Frau und Kind gemeinsam mal ein paar Spiele zu schauen.

Und mit Ihrem Kumpel Pascal Schürpf, der ebenfalls den Grossteil der bisherigen Spiele verletzungsbedingt verpasste.
Ja, fast jede Partie haben wir zusammen geguckt. Oder waren wenigstens über Whatsapp im Kontakt.

Apropos Schürpf. Wo befinden sich eigentlich Ihre Glückssocken, die Sie letzte Saison von ihm geschenkt bekommen haben?
Die liegen seit dem Cupfinal bei mir zu Hause im Schrank, neben meinen Cupsieger-Handschuhen. Ich muss mir noch überlegen, was ich mit denen noch anstelle.

Nie daran gedacht, sie angesichts der sportlichen Krise wieder hervorzukramen oder Schürpf wenigstens um neue zu fragen?
Doch, das habe ich tatsächlich. Neue wären gut! Die alten waren am Ende ehrlich gesagt ziemlich zerfetzt, der eine grosse Zeh hat eineinhalb Monate vorne rausgeschaut. (Lacht) Aber ja, wir könnten solche Glückssocken momentan gut gebrauchen. Und wenn ich wüsste, dass dies der Schlüssel zum Erfolg ist, hätte ich längst schon mehrere nachbestellt!

Was ist los mit dem FCL in dieser Saison?
Viele Dinge kamen zusammen. Verletzungsrückschläge, unglückliche Auftritte wie zu Beginn gegen YB und Leistungen, die nicht mehr jenen entsprachen, die wir letzte Saison gezeigt hatten. Wir waren oft nicht mehr so dominant wie damals.

Sie haben in einem früheren Interview mit «Zentralplus» gesagt, Sie würden Ihre Mannschaft nicht wiedererkennen.
Da gings um das Erscheinungsbild. Es wirkte von aussen kraft- und mutlos. Fast so, als würden wir uns ergeben. Das hat sich in den letzten Wochen aber geändert. Klar, wir haben gegen Sion 0:1 verloren, aber wir waren 90 Minuten lang bemüht, zeigten eine ganz andere Mentalität. Für die nächsten Spiele gilt jetzt schlicht: Kämpfen, kratzen, beissen. Wir brauchen Punkte!

Sie wurden bei Ihrer Rückkehr schon vor dem Spiel lautstark gefeiert. Genauso aber auch Ihr Ersatz Vaso Vasic. Wie haben Sie diese Szenen erlebt?
Das war sehr, sehr stark von unseren Fans. Und nicht selbstverständlich! Es hat mich sehr gefreut, auch für Vaso. Er hat sich im Verlauf der Vorrunde stetig gesteigert. Das gab auch mir in meiner Reha ein gutes Gefühl. Ich wusste: Die Mannschaft hat einen guten Rückhalt. Er hat einen Top-Job gemacht. Das lässt mich stolz auf ihn sein.

Sie geniessen hohes Ansehen in Luzern, sind schon lange die klare Nummer 1. Kamen Sie nach Vasic’ Glanz-Auftritten nie ins Grübeln, dass Sie es bei Ihrer Rückkehr schwer haben könnten?
Wissen Sie, es geht mir nicht ums Standing. Letztlich entscheidet der Trainer, wen er aufstellt. Ich weiss aber auch, dass es eine klar kommunizierte Hierarchie gibt. Ich fühle mich fit, eigentlich besser als vorher, und freue mich darauf, dem Team endlich aktiv helfen zu können. Vor unseren Fans.

Persönlich

Marius Müller wurde 1993 in der Kleinstadt Heppenheim in Südhessen geboren und später beim TV 1883 Lampertheim und dem 1. FC Kaiserslautern fussballerisch ausgebildet. Beim FCK gab er dann auch sein Profi-Debüt, insgesamt stand er 72 Mal in der 2. Bundesliga für die 1. Mannschaft auf dem Feld. Über RB Leipzig, wo «Mülli» bis auf einen Europa-League-Quali-Einsatz die Reservistenrolle innehatte, kam er 2019 zum FC Luzern. In der Innerschweiz wurde er sofort Stammkeeper und bald auch Fan-Liebling. Sein Vertrag läuft bis Sommer 2022. Der Deutsche ist verheiratet mit Vivien Claire, im Vorjahr kam ihr erstes gemeinsames Kind zur Welt. (mpe)

Marius Müller wurde 1993 in der Kleinstadt Heppenheim in Südhessen geboren und später beim TV 1883 Lampertheim und dem 1. FC Kaiserslautern fussballerisch ausgebildet. Beim FCK gab er dann auch sein Profi-Debüt, insgesamt stand er 72 Mal in der 2. Bundesliga für die 1. Mannschaft auf dem Feld. Über RB Leipzig, wo «Mülli» bis auf einen Europa-League-Quali-Einsatz die Reservistenrolle innehatte, kam er 2019 zum FC Luzern. In der Innerschweiz wurde er sofort Stammkeeper und bald auch Fan-Liebling. Sein Vertrag läuft bis Sommer 2022. Der Deutsche ist verheiratet mit Vivien Claire, im Vorjahr kam ihr erstes gemeinsames Kind zur Welt. (mpe)

In Österreich gibts wieder massive Corona-Massnahmen, in Deutschland gilt 2G in den Stadien und teils zurückgeschraubte Zuschauerkapazitäten. Machen Sie sich Gedanken, wie es in der Schweiz weitergeht?
Nun, ich weiss nicht, ob das relevant ist. Ich bin ein Torhüter, der Bälle fängt. Und kein Virologe. Ich hoffe natürlich auch, dass sich die angespannte Situation wieder legt. Bis dahin können wir nur eines tun: jene Regeln, die aufgestellt werden, einhalten.

Zuletzt hat es beim FC Luzern Sportchef Remo Meyer, Hauptaktionär Bernhard Alpstaeg und Vize-Präsi Josef Bieri mit Corona erwischt. Wie viel haben Sie davon mitbekommen?
Ich wünsche allen guten Besserung. Es tangiert uns aber räumlich gesehen nicht, da wir getrennt voneinander arbeiten.

Zum Schluss: Was brauchts am Sonntag beim Spiel in Lugano, bei dem auch der Druck auf Trainer Fabio Celestini hoch sein wird?
Drei Punkte. Egal wie. Ob ein 5:0 nach einer Gala. Oder ein 1:0 nach einem, auf gut Deutsch, Scheissspiel.

Im Frühling haben Sie in Lugano – mit den Glückssocken – mit einem gehaltenen Penalty in der 122. Minute den Cup-Halbfinal fixiert.
Stimmt, ein gutes Omen. Das lassen wir gleich mal so stehen.

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