Marcel Koller (64) sitzt in einer Hotelsuite in Kairo. Draussen ists bewölkt, trotzdem klettert das Thermometer über 20 Grad. Von Weihnachtsstimmung ist nicht viel zu spüren, obwohl die Hotel-Verantwortlichen sich grösste Mühe geben. «Es wurden Lichterketten aufgehängt und Christbaumkugeln und es laufen Weihnachtslieder, aber es ist natürlich kein Vergleich zur Schweiz. Vor allem wegen des Schnees», sagt Koller.
Statt die Festtage zusammen mit seiner Familie und seinen vier Enkeln in Laax GR zu verbringen, steht Koller mit Al-Ahly im Einsatz. Am Sonntag absolviert er sein 137. Pflichtspiel an der Seitenlinie des ägyptischen Grossvereins. In bloss 36 Monaten. Ein Mammutprogramm.
«Intensiv», sei die Zeit, so Koller. Und der Druck enorm. Obwohl er in kürzester Zeit alles gewonnen hat, was es zu gewinnen gibt und insgesamt elf Titel holte, sind die Fans im Moment unzufrieden. Weil Al-Ahly im Interkontinental-Cup gegen Pachuca im Elferschiessen ausgeschieden ist und den Final gegen Real Madrid verpasst hat.
Der enorme Druck gehöre schlicht dazu, so Koller. Al-Ahly sei der grösste Verein in Ägypten. Die Erwartungshaltung der Anhänger sei riesig. Wie hoch die Ansprüche im Land der Pharaonen sind, weiss auch Christian Gross. Der unterschrieb vor etwas mehr als sechs Jahren beim Al-Ahly-Rivalen Zamalek, nun wagt der 70-Jährige erneut den Sprung an den Nil.
Im Februar kommts zum Spiel der Spiele
Dass es Gross noch einmal wissen will in der hektischen Millionenmetropole, überrascht Koller nicht: «Er ist ein positiv Verrückter und lebt für diesen Sport.» Noch hatten die beiden keinen Kontakt. Was wohl auch daran liegt, dass Al-Ahly und Zamalek absolute Erzrivalen sind und das Derby neben Raja Casablanca gegen Wydad AC zu den grössten Spielen in ganz Afrika gehört.
Am 22. Februar kommts zum Duell der beiden Schweizer Trainer-Ikonen. Koller hat in seiner Karriere schon hitzige, hasserfüllte Spiele erlebt. Als Köln-Coach stand er in den rheinischen Derbys gegen Gladbach und Leverkusen an der Seitenlinie. Bei Bochum gings gegen die Ruhrpott-Rivalen aus Dortmund und Gelsenkirchen. Als GC-Coach gegen den Zürcher Stadtrivalen. Alles Kindergeburtstage im Vergleich zu Al-Ahly gegen Zamalek.
Bereits Wochen zuvor werde das Spiel hochgekocht, so Koller. «Das grösste Problem ist, den Fokus zu behalten. Wenn wir drei Tage vor dem Derby noch ein anderes Spiel haben, dann ist das schwierig zu handeln, weil die Spieler auf das Duell gegen Zamalek brennen.» Auch er selbst sei heiss auf die Affiche, so Koller.
Dass er sich mit seinem ehemaligen Weggefährten Gross duellieren darf, ist die Kirsche auf der Torte. «Christian tut alles für den Erfolg. Das war schon bei GC so.» Gemeinsam holten die beiden mit dem Rekordmeister zwei Meistertitel und einen Cupsieg. Er und Gross hätten in all den Jahren immer ein gutes Verhältnis gehabt, so Koller: «Wir haben uns damals praktisch jeden Tag unterhalten.»
Gross hat im Direktduell die Nase vorn
Später, als beide Trainer sind, spielen sie insgesamt 18 Mal gegeneinander. Bloss vier Siege (und sechs Unentschieden) holt Koller mit St. Gallen und GC gegen Gross' FCB. Im letzten Aufeinandertreffen gibts im Zürcher Hardturm mit 0:4 aufs Dach. Zwei Jahrzehnte sind seither vergangen. Die Grasshoppers haben seither bloss noch einen Titel geholt, den Cupsieg 2013. Kein Vergleich zu Koller und Gross, die in ihrer Karriere zusammen 30 Trophäen holten.
13 davon in Ägypten. Gross gewann mit Zamalek den Confederations Cup und wurde 2019 zu Ägyptens Trainer des Jahres gewählt, Koller hat mit Al-Ahly in zwei Jahren elf Trophäen gestimmt. Und im Juni könnte der Mann aus Schwamendingen ZH seine Zeit in Ägypten an der Klub-WM krönen. Dort gehts in der Gruppenphase gegen Inter Miami mit Lionel Messi, gegen Porto und gegen Palmeiras. «Ein toller Wettbewerb» sei das, so Koller. Weil afrikanische Mannschaften die Möglichkeit bekämen, sich ins Schaufenster zu stellen. Und weil Duelle gegen Top-Teams für jeden Fussballer ein Traum sei.
14 Stunden auf Reisen
Dass die Fans von Al-Ahly nicht weniger als den Titel fordern, sei normal. Bei jeder Niederlage müsse er sich im Hotel Sprüche anhören. «Vom Koch, vom Reinigungspersonal», so der 64-Jährige. Allgemein ist das Leben als Al-Ahly-Coach kein Zuckerschlecken. Um ans Champions-League-Spiel gegen die Orlando Pirates aus Südafrika zu gelangen, sind Koller und Co. knapp 14 Stunden lang unterwegs. «Für einen Weg», präzisiert der 64-Jährige.
Jammern aber will er nicht, das gehöre zum Job. Auch, dass er Weihnachten zum wiederholten Mal am Nil verbringt statt in der Schweiz, sei kein Problem. Seine Frau habe sich um die Organisation der Geschenke gekümmert, so Koller. Und mit seinen Enkeln bleibe er via Facetime in Kontakt. Damit doch noch so etwas wie Weihnachtsstimmung aufkommt.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Lugano | 18 | 6 | 31 | |
2 | FC Basel | 18 | 21 | 30 | |
3 | FC Lausanne-Sport | 18 | 9 | 30 | |
4 | FC Luzern | 18 | 3 | 29 | |
5 | Servette FC | 18 | 2 | 29 | |
6 | FC Zürich | 18 | -1 | 27 | |
7 | FC Sion | 18 | 4 | 26 | |
8 | FC St. Gallen | 18 | 6 | 25 | |
9 | BSC Young Boys | 18 | -4 | 23 | |
10 | Yverdon Sport FC | 18 | -12 | 17 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 18 | -10 | 15 | |
12 | FC Winterthur | 18 | -24 | 13 |