Malenovic über FCZ-Strategie
«250'000 Franken sind keine Motivationsspritze»

Milos Malenovic ist seit gut einem Jahr Sportchef beim FC Zürich. Der ehemalige Profi und Spielerberater hat viele Ideen, wie man die Nachwuchsarbeit in der Schweiz verbessern kann. Und sagt, was der FCZ dafür macht.
Publiziert: 28.10.2024 um 11:08 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2024 um 09:35 Uhr
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Für die Schweizer Nachwuchsarbeit gibts derzeit nicht nur Daumen nach oben.
Foto: Freshfocus
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Christian FinkbeinerStv. Fussballchef

Blick: Der SFV schlägt Alarm, die Schweiz droht in der Nachwuchsarbeit im Mittelmass zu versinken. Gefordert werden mehr Spielminuten für junge Schweizer Spieler. Wie stehen Sie dazu?
Milos Malenovic: Die Schnittstelle zwischen den U21-Mannschaften und der Challenge League muss dringend verbessert werden. Mein Vorschlag wäre, die Challenge League auf 12 bis 14 Teams aufzustocken und eine Regel einzuführen, dass in jedem Spiel pro Team mindestens drei Schweizer U21-Spieler auf dem Platz stehen müssen. Dadurch wären alle Klubs gezwungen, verstärkt Nachwuchstalente zu fördern.

Warum?
Das Problem generell ist, dass Trainer primär auf ihre eigene Karriere und kurzfristige Ergebnisse schauen. Die Jugendförderung wird dabei zweitrangig. Das kann nicht im Interesse des Schweizer Fussballs sein. Um die Nachwuchsentwicklung nachhaltig zu verbessern, brauchen wir eine klare, verpflichtende Regelung, die junge Schweizer Talente systematisch fördert.

Was würde eine Aufstockung bringen?
Wir hatten letzte Saison drei sehr talentierte Spieler aus unserer U21-Mannschaft, die wir gerne in die Challenge League ausgeliehen hätten. Aber die Klubs waren nicht an jungen Spielern interessiert, sondern wollten erfahrene, ehemalige Super-League-Spieler verpflichten, um ihre Mannschaften zu verstärken. Beim von uns vorgeschlagenen Modell würde fast ein Drittel jeder Mannschaft in der Challenge League aus jungen Schweizer Spielern bestehen müssen. Das würde die Klubs dazu zwingen, verstärkt auf Nachwuchstalente zu setzen und ihnen Spielpraxis auf höherem Niveau zu geben. Andere Länder wie Polen und Serbien haben mit einem ähnlichen Modell bereits sehr gute Erfahrungen gemacht. Eine weitere Möglichkeit wäre, die Mindestlöhne für Spieler aus Nicht-EU-Ländern von 5300 (Super League) bzw. 4500 Franken (Challenge League) pro Monat deutlich anzuheben, wie das in Holland und Belgien der Fall ist. In Holland funktioniert diese Regelung sehr gut und die Vereine müssen vermehrt auf die eigenen, lokalen Talente setzen.

Wäre das auch in der Super League denkbar?
Nein, dafür ist die Super League zu kompetitiv, und dafür liesse sich keine Mehrheit finden. Aber wenn wir Spieler in die Challenge League ausleihen können, sind wir bereit, diese Spieler eng zu begleiten und eine solche Leihe auch finanziell zu unterstützen.

Gibt es Beispiele?
Lindrit Kamberi, Bledian Krasniqi und Mirlind Kryeziu spielen heute in der 1. Mannschaft des FCZ, nachdem sie zuvor in die Challenge League ausgeliehen wurden, wo sie wertvolle Erfahrungen sammeln konnten. Auch langjährige Nati-Spieler wie Manuel Akanji, Fabian Schär oder Zeki Amdouni haben ihre Karrieren einst in der Challenge League begonnen. Dieser Schritt kann entscheidend sein für die Entwicklung der Spieler, da sie dort erstmals mit dem professionellen Männerfussball, den Klub-Fans und der lokalen Presse in Kontakt kommen. Solche Erfahrungen sind von unschätzbarem Wert und helfen den jungen Talenten, sich auf das höhere Niveau in der Super League vorzubereiten.

Milos Malenovic persönlich

Milos Malenovic wird am 14. Januar 1985 in Belgrad geboren. Der ehemalige Stürmer und Schweizer Nachwuchs-Internationale spielt als Junior beim FCZ und GC und später als Profi bei Wohlen, St. Gallen, Xamax und in Holland. Danach macht er sich als Spielerberater einen Namen, ehe er am 2. Oktober 2023 beim FC Zürich den Job als Sportchef antritt. Malenovic ist schweizerisch-serbischer Doppelbürger, verheirateter Familienvater und ein guter Schach- und Akkordeonspieler.

Milos Malenovic wird am 14. Januar 1985 in Belgrad geboren. Der ehemalige Stürmer und Schweizer Nachwuchs-Internationale spielt als Junior beim FCZ und GC und später als Profi bei Wohlen, St. Gallen, Xamax und in Holland. Danach macht er sich als Spielerberater einen Namen, ehe er am 2. Oktober 2023 beim FC Zürich den Job als Sportchef antritt. Malenovic ist schweizerisch-serbischer Doppelbürger, verheirateter Familienvater und ein guter Schach- und Akkordeonspieler.

Klubs wie YB, Basel oder Zürich wird vorgeworfen, dass sie günstige Ausländer verpflichten, die den Schweizern den Platz wegnehmen.
Der Nachwuchs ist für uns von enormer Bedeutung. Das war das Erste, was ich bei meiner Anstellung in Angriff genommen habe. Inzwischen haben wir dank intensiverer und individualisierter Arbeit in der Academy über zehn weitere U-Nationalspieler in unseren Reihen. Als ich begonnen habe, war die Lücke zwischen der U21 und der 1. Mannschaft viel zu gross; nun ist sie innerhalb eines Jahres deutlich kleiner geworden. Trotzdem fehlen uns in der Schweiz gewisse Spielertypen, die wir dann im Ausland finden müssen, um auch Transfererlöse für den Verein erzielen zu können. Es ist wichtig, die richtige Balance zu finden und zu bewahren. Der eigene Nachwuchs wird bei uns immer priorisiert. Dieses System aufzubauen, braucht aber etwas Zeit.

Die Nachwuchs-Trophy ist kein Anreiz?
Die 250'000 Franken für den Sieger ist definitiv keine Motivationsspritze für Super-League-Klubs, wie die Einsatzzeiten junger Spieler zeigen. Um einen finanziellen Anreiz zu schaffen, müssten die Beträge in Millionenhöhe liegen, die gewisse strukturelle Defizite decken könnten. Meiner Meinung nach sollte die gesamte Summe der Trophy-Gelder in die Challenge League fliessen, weil diese Summen dort für Vereine eine deutlich grössere Bedeutung haben können.

Wie wichtig ist, dass ein Klub und seine Führung eine langfristige Strategie und Philosophie haben?
Stabilität und Struktur bilden die Grundlage für nachhaltige und erfolgreiche Arbeit. Ohne dieses Fundament können kurzfristige Erfolge nicht in dauerhaften Erfolg umgewandelt werden. Beim FCZ legen wir grossen Wert auf Nachhaltigkeit und kontinuierliche Weiterentwicklung. Deshalb treffen wir uns einmal wöchentlich zu einer Strategiesitzung, in der wir diese Themen intensiv diskutieren. Dieser Prozess muss ständig beobachtet und begleitet werden, ähnlich wie das Controlling in einem Unternehmen. Dadurch können wir sicherstellen, dass wir unsere Ziele verfolgen, unsere Fortschritte überwachen und bei Bedarf Anpassungen vornehmen.

Nicht alle aber denken immer langfristig, vor allem auch die Trainer nicht, deren Job schnell in Gefahr ist.
Es ist verständlich, dass Trainer ergebnisorientiert arbeiten; alles andere würde nicht der Realität entsprechen und wäre nicht auf Erfolg ausgerichtet. Genau deshalb ist es umso wichtiger, einen Sportchef zu haben, der die Entwicklung des Vereins im Blick behält, im ständigen Dialog mit dem Trainer steht und ihn für diese Themen sensibilisiert. Der Trainer soll auch die Vereinsphilosophie verstehen und vertreten können. Wenn dies gegeben ist und der Inhalt der Arbeit stimmt, dann wird auch mal eine schwächere Phase in Bezug auf die Ergebnisse gemeinsam überbrückt und überstanden.

Auch der Ruf nach Individualtraining wird laut. Was macht der FCZ?
Wir sind sehr stark am Individualisieren. Technisch, taktisch, athletisch, sowohl mit unseren Talenten, als auch mit unseren Trainern. Dafür werden auch wöchentliche Analyse-Meetings durchgeführt. Zudem sind die neu geschaffenen Stellen der Talentmanager bei den Klubs und in den Ausbildungszentren wichtig. Wir übernehmen beim FCZ diesbezüglich schweizweit eine Vorreiterrolle und haben gleich vier Talentmanager angestellt. Zudem haben wir mit Romeo Castelen einen fünften, der an der Schnittstelle zwischen der U21 und der 1. Mannschaft arbeitet und unseren Cheftrainer unterstützt. Die Besetzung all dieser Positionen ist eine grosse Investition des Vereins in die Zukunft und den eigenen Nachwuchs.

Wann gibt es wieder einen Xhaka, Shaqiri oder Zakaria, die schon als Teenager Stammspieler in der Super League waren?
Solche Spieler werden nicht jeden Tag geboren, und in der Schweiz gibt es sie nicht wie Sand am Meer – das ist die Realität. Wenn man solche Talente hat, muss man sie fördern, unterstützen und den Mut haben, sie frühzeitig einzusetzen. Allerdings gibt es in der Super League immer weniger Trainer, die auf die Entwicklung junger Spieler fokussiert sind, obwohl das gerade für eine Ausbildungsliga entscheidend wäre. Hier haben wir beim FCZ mit Ricardo Moniz einen grossen Vorteil: Er ist bereit, nicht nur mit der 1. Mannschaft zu arbeiten, sondern auch intensiv Zeit und Energie in die Förderung von Nachwuchsspielern zu investieren.

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