Nati-Direktor Pierluigi Tami schlägt Alarm
U21-Aus sorgt für Millionenverluste

Das Verpassen der U21-EM hat weitreichendere Auswirkungen als man denkt. Dadurch entgehen der Super League Millionen. Nati-Direktor Pierluigi Tami fordert deshalb eine Aufstockung der Challenge League.
Publiziert: 18.10.2024 um 01:06 Uhr
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Aktualisiert: 18.10.2024 um 11:22 Uhr
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Die Schweizer U21 – hier Bradley Fink – verpasst die EM.
Foto: keystone-sda.ch
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Alain KunzReporter Fussball

Blick: Pierluigi Tami, die U21 hat sich in der EM-Qualifikation sogar hinter Finnland klassiert. Das muss man dann zwingend als Versagen bezeichnen. Einverstanden?
Pierluigi Tami
: Wir sind sehr enttäuscht. Denn wir waren sehr gut in diese Kampagne gestartet. Im September und Oktober aber ist uns nur noch ein Sieg aus vier Spielen gelungen. Das war zu wenig. Die Qualifikation war absolut möglich. Das grosse Problem war, dass auch die Leistungen nicht immer stimmten. Nicht nur die Resultate.

Wie kam es dazu?
Wir werden das in den nächsten Wochen zusammen mit Trainer Sascha Stauch und seinem Staff analysieren. Wenn man sich die Statistiken anschaut, müssten die Resultate besser sein. Da gibt es Elemente, die nicht stimmen. Und nicht nur, dass eine U21 im Laufe einer Kampagne die besten Spieler an die A-Mannschaft verliert. Das war in diesem Fall Fabian Rieder, zudem kamen die Verletzungen von Captain Leonidas Stergiou und Becir Omeragic dazu.

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Unverständlich war, wie man gegen solch eine schwache Mannschaft wie Armenien zwei Punkte verlieren konnte. Am Ende ist man deswegen nicht zumindest in der Barrage. Das darf doch nicht passieren. Und dann sagt man nach diesem 0:0, dass dies nicht so schlimm sei. Man habe ja noch genügend Spiele. Nein, das war sogar ganz schlimm.
Ich war vor Ort. Es fehlte die Entschlossenheit vor dem Tor, der Killerinstinkt. Wir hatten viele Chancen. Aber wir gingen mehrmals zu sorglos damit um und zu oft fehlte die Effizienz vor dem Tor.

In dieselbe Kategorie fällt die Heimniederlage gegen Albanien.
Absolut. Wir haben in drei Spielen, auch zu Hause gegen Finnland, eine grosse Chance verpasst. Das war unter dem Strich zu viel.

Klar sind die Unterschiede in solch einem Team gross. Aber Talent ist zweifelsfrei vorhanden. Nur hat man dieses nicht zur Entfaltung gebracht.
Wir hatten starke einzelne Elemente im Kader. Aber die Mannschaft hat als Team nicht mehr erfolgreich gespielt. Und die Entwicklung während des Parcours war negativ. Das müssen wir analysieren. Als der Druck zunahm, wurde es schlechter.

Da sind wir dann beim Coach. Das ist doch dessen Aufgabe.
Sascha hat seine erste Erfahrung als Cheftrainer der U21 gemacht. Er kannte die Kategorie U21 schon, als Assistent. Er arbeitet sehr akribisch, seriös, mit viel Engagement.

Ist er nach wie vor der richtige Trainer?
Ja. Wir setzen auf Kontinuität in unserer Arbeit. Weshalb es keine Diskussion um den Trainer gibt.

Was bedeutet das Verpassen der Endrunde?
2019 hatten wir unsere Fussball-Glaubwürdigkeit in Europa verloren, als wir im U21-Ranking auf Platz 27 abgerutscht waren. Wir haben unsere besten Jungen dazumal sehr schlecht verkauft. Gleich nach der Qualifikation 2021 hatten dann viele grosse Klubs Interesse an unseren Talenten. Das hält seither an. Nun sind wir Achte. Und das grösste internationale Schaufenster ist die Endrunde. Das bedeutet, dass den Super-League-Klubs ohne dieses Schaufenster Millionen entgehen. Weshalb für die Schweiz die U21 die wichtigste Nationalmannschaft ist. Ein einmaliges Verpassen der EM ist verkraftbar. Ein zweites wäre fatal.

Auch die U19 hat die EM-Endrunde verpasst. Zwar hauchdünn. Dennoch: Was läuft im Nachwuchsbereich falsch?
In der U19 haben wir Probleme. Denn die Spieler kommen alle aus der dritten, vierten oder gar fünften Liga in der Schweiz. Bei anderen Nationen stammen sie oft aus der zweiten Liga. Unsere Jungen kommen nach ihrer Ausbildung in die U21. Und wo spielen die? In der Promotion League, die Mehrheit in der 1. Liga Classic und einzelne gar in der zweiten Liga interregional. Und nicht in der Challenge League. Dabei müssten sie dort spielen. Das U19-Problem können wir also nur mit einer Reform ändern.

Die wäre?
Wir brauchen mehr Platz für die Jungen im Profi-Fussball. Wir sind das einzige Land, in welchem es mehr Teams in der obersten Spielklasse hat als in der zweitobersten. Es hat also viel zu wenig Plätze für den zweitletzten Schritt, jenen in den Halbprofessionalismus, bevor man dann Vollprofi wird. Wenn bei einem Jahrgang 200 Spieler das Ende des Juniorenalters erreichen und es nur Platz für zehn in den obersten Ligen hat – einige sind zudem noch Ausländer – dann ist das ein Problem. Wir sagen, wir seien eine Ausbildungsliga. Doch um auszubilden, braucht es Plätze. Die fehlen. Also muss man vielleicht die Challenge League vergrössern. Wir bilden die talentierten Junioren professionell aus. Aber nicht bis zum letzten Schritt. Weil wir kein Auffangbecken haben.

Konkret, was ist ihr Vorschlag?
Wir müssen gemeinsam, die SFL und der SFV, Lösungen suchen und erarbeiten, um einen nächsten Reformschritt zu machen. Von der Challenge League bis in die 2. Liga. Zum Beispiel mit zwei Challenge-Gruppen à zehn Teams. West und Ost. 18 Spiele in der ersten Saisonhälfte. Danach eine Aufstiegs- und eine Abstiegsrunde. Und die TV-Gelder gehen nur an die Mannschaften, die um den Aufstieg spielen.

Sieht man deshalb keine neuen Xhakas und Shaqiris am Horizont?
Es gibt einige Nationalspieler, die via Challenge League eine ganz grosse Karriere gemacht haben. Nehmen wir das Beispiel Fabian Schär. Als ich ihn für das Olympiateam nominierte, spielte er bei Wil. Niemand kannte ihn. Doch er setzte sich durch. Und machte eine grosse Karriere. Hätte er in der ersten oder zweiten Liga gespielt, wäre es nicht zu dieser Karriere gekommen. Auch Manuel Akanji (Winterthur) und Yann Sommer (Vaduz) gingen diesen Umweg. Dieser war für ihre Entwicklung sehr wichtig. Ich bin sicher, Sommer hätte nicht dieselbe Karriere gemacht, wenn er beim FC Basel in der U21 gespielt hätte statt in Liechtenstein. Wenn wir dreissig Spieler in die beiden Profiligen bringen statt zehn, steigt die Chance für neue Xhakas oder Shaqiris.

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Niederlande
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Dänemark
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Serbien
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