Kleiner Bruder über den Tod des Ex-FCZ-Stars Raphael Dwamena
«Ich musste am Handy meinem Bruder beim Sterben zusehen»

Mitte November bricht Ex-FCZ-Stürmer Raphael Dwamena während eines Fussballspiels in Albanien zusammen, verstirbt wenig später im Krankenwagen. Sein kleiner Bruder spricht nun über Dwamenas Tod und warum er von der Witwe seines Bruders enttäuscht ist.
Publiziert: 28.03.2024 um 00:01 Uhr
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Aktualisiert: 05.04.2024 um 09:26 Uhr
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Am 11. November erlitt der ehemalige FCZ-Stürmer Raphael Dwamena während eines Spiels in der höchsten albanischen Liga einen Herzinfarkt. Wenig später verstarb er.
Foto: BENJAMIN SOLAND
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Nicolas HorniSportredaktor

Auf einem zu kleinen Velo fährt Samuel Dwamena (20) über den Sandplatz vor dem Adjringrandor Astoturf, einem Fussballplatz im Nordosten der ghanaischen Hauptstadt Accra. Dabei lächelt er, grüsst freundlich, gleichwohl aber zurückhaltend. Dwamena trägt ein paar Finken, Jeans, ein Cap und ein Shirt des FC Bayern München, einer seiner beiden Lieblingsvereine. Daneben brennt er auch für Chelsea. So gerne hätte er eines Tages seinen Bruder im Dress der Blues spielen sehen.

Doch daraus wird nichts. Sein Bruder brach Mitte November während eines Fussballspiels in Albanien zusammen, verstarb kurze Zeit später im Krankenwagen. Der Bruder war Raphael Dwamena (†28). Ehemaliger FCZ-Goalgetter, achtfacher ghanaischer Nationalspieler, ein einst gefeierter Star – mit tragischem Lebens- und Karriereverlauf.

Seit Mitte November ist die Welt für Samuel eine andere. «Ich musste am Handy meinem Bruder beim Sterben zusehen», erzählt er auf der Tribüne neben dem Kunstrasenplatz, auf dem einen Monat zuvor die Trauerfeier für Raphael Dwamena stattfand. Samuel spricht von seinem Bruder, der eigentlich sein Halbbruder ist. Samuel und Raphael haben die gleiche Mutter, nicht aber den gleichen Vater. Einen Unterschied macht die Bezeichnung für den 20-Jährigen nicht, seine Trauer bleibt die gleiche. «Du kannst dir das nicht vorstellen, du willst es auch nicht», erzählt er. Seine Stimme wird leiser, sie bricht. Ihm rollt eine Träne über die Wange, er vergräbt das Gesicht in seinen Händen, braucht eine Pause.

Der Traum, Raphaels Vermächtnis weiterzuführen

Heute gehe es ihm zwar gut – aber auch nur den Umständen entsprechend, verrät er. Der Tod sei halt Gottes Plan gewesen, das müssten er und seine Familie nun akzeptieren, meint Samuel, der wie sein Bruder streng gläubig ist. Er hofft darauf, dass Gott auch für ihn einen Plan übrig hat. Er hofft auf eine grosse Karriere in Europa. «Es war mein grosser Traum, eines Tages mit Raphael zusammen auf dem Platz zu stehen und ihm eine Vorlage zu liefern», verrät er lächelnd.

Obwohl er mit 20 Jahren schon älter ist als viele andere Talente im Land, will er den Sprung nach Europa schaffen. Unter allen Umständen: «Ich habe mir schon überlegt, mein Alter zu ändern. Viele machen das.» In vielen Ländern Afrikas gibt es keine Geburtsurkunden und amtliche Registrierungen – oder die Daten gehen verloren. So haben Sportler die Möglichkeit, am Alter zu schrauben, damit es für ihre Karriere vorteilhaft ist. Dass dies nicht nur verboten, sondern auch moralisch verwerflich sein könnte, sei halt so: «Schau. Ich glaube an Gott, und Gott sagt, dass man immer ehrlich sein soll. Aber manchmal im Leben musst du deine Chance einfach ergreifen.»

Raphael selbst hielt laut Samuel nie viel von dieser Idee, motivierte seinen kleinen Bruder lieber dazu, auf dem Platz mehr zu leisten, zahlte ihm dafür sogar einen Personal-Trainer. Denn zurzeit ist Samuel ohne Klub, hält sich privat fit. «Raphael wollte mich bei einem Drittligisten hier unterbringen. Doch daraus wurde nichts.» Nun hofft Samuel, der derzeit noch bei seinen Eltern wohnt und als Näher arbeitet, dass es doch noch klappt – und vielleicht einer von Raphaels alten Klubs auf ihn zukommt.

«Gott wird eines Tages richten»

Aufgrund der familiären Verhältnisse lernten sich die Dwamena-Brüder erst spät im Leben kennen. «Ein-, zweimal sind wir uns begegnet, bevor er dann nach Europa ging.» Nach seinem Weggang sei das Verhältnis aber inniger geworden: «Immer wenn er in Ghana war, rief er mich an. Wir verbrachten oft Zeit zusammen, gingen essen oder redeten einfach nur», erzählt Samuel.

Raphael Dwamena sorgte sich um seine Familie in Westafrika, schickte monatlich Geld für Kleider, Essen und sonstige Notwendigkeiten. «Raphael wollte uns gar ein kleines Haus bauen lassen hier. Im Dezember wollte er mit den Plänen starten.» Was mit Raphaels Geld, das dieser während seiner Karriere verdient hatte, passiert, weiss Samuel nicht. Es bleibt wohl bei seiner Witwe, die zwar selbst auch in Ghana wohnt, sich seit dem Tod von Raphael aber nicht mehr bei der Familie meldet. «Es macht mich nicht wütend, sondern traurig. Ich bin Christ, ich verspüre keinen Hass. Gott wird eines Tages richten. Sie weiss selbst, was sie getan hat.»

«Den Defibrillator konnte er mit dem Glauben nicht vereinbaren»
1:43
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