Auf einen Blick
- FC Zürich verpflichtet trotz Protesten den umstrittenen Spieler Benjamin Mendy
- Heliane Canepa erklärt, dass Mendy eine zweite Chance verdient
- Mendy ist 30 Jahre alt und wurde 2022 freigesprochen
Ihr Postfach ist voll: Seit der FC Zürich am Dienstag die Verpflichtung von Benjamin Mendy (30) bekannt gegeben hat, bekommt Klubmitbesitzerin Heliane Canepa (77) empörte Zuschriften von Fans. Sie protestieren dagegen, dass der französische Weltmeister, der 2022 wegen Vergewaltigungsvorwürfen vor Gericht stand, bei Manchester City deswegen rausflog und nach seinem Freispruch bei Lorient in der Ligue 1 unter Fanprotesten scheiterte, beim FCZ einen neuen Anlauf nehmen darf. Am Samstagmorgen empfängt die frühere Topmanagerin (Nobel Biocare), die sich in der Vergangenheit immer wieder für die Sache der Frau eingesetzt hat, Blick zum Interview. Um zu erklären, warum sie und ihr Ehemann, FCZ-Präsident Ancillo Canepa (71), weiter hinter dem skandalumwitterten Verteidiger stehen.
Blick: Heliane Canepa, war Ihnen der Name Benjamin Mendy vor dieser Woche ein Begriff?
Canepa: Ja. Er stand auf der Liste von Spielern, die uns sportlich weiterhelfen könnten. Nach einer eingehenden Prüfung haben wir uns entschieden, ihn zu verpflichten.
Haben Sie und Ancillo den Spieler vor seiner Verpflichtung persönlich kennengelernt?
Ja. Wir sehen und sprechen alle Spieler vor einer Verpflichtung.
Welchen Eindruck haben Sie von ihm?
Er ist ein zurückhaltender junger Mann. Sehr höflich, überhaupt nicht arrogant, sehr unkompliziert. Er hatte seine Freundin mitgebracht, wir haben über seine zwei Kinder gesprochen, die ihm sehr wichtig sind. Ich hatte den Eindruck: Das passt.
Wie intensiv haben Sie sich mit der Vergangenheit des Spielers vor seiner Verpflichtung beschäftigt?
Wir haben sie gekannt. Mendy wurde von einem Gericht in Grossbritannien in allen Anklagepunkten freigesprochen. Also in einem Land, das durchaus streng mit mutmasslichen Sexualstraftätern umgeht. Er gilt als unschuldig. Das gilt es zu akzeptieren.
Heliane Canepa wird 1948 in Dornbirn (Ö) geboren. Sie studiert Wirtschaft in Paris und London. Danach macht sie Karriere: 1995 und 2000 wird sie zur Managerin des Jahres gewählt. Von 2001 bis 2007 leitet sie den Zahnimplantat-Hersteller Nobel Biocare. Die «Financial Times» führt sie 2005 auf Platz 6 der 25 erfolgreichsten Geschäftsfrauen. Mit ihrem Mann Ancillo ist sie seit 1973 verheiratet, das Ehepaar hält 90 Prozent am FC Zürich. Dessen Tore feiert die lebenslustige Heliane mit einem Tanz auf der Tribüne.
Heliane Canepa wird 1948 in Dornbirn (Ö) geboren. Sie studiert Wirtschaft in Paris und London. Danach macht sie Karriere: 1995 und 2000 wird sie zur Managerin des Jahres gewählt. Von 2001 bis 2007 leitet sie den Zahnimplantat-Hersteller Nobel Biocare. Die «Financial Times» führt sie 2005 auf Platz 6 der 25 erfolgreichsten Geschäftsfrauen. Mit ihrem Mann Ancillo ist sie seit 1973 verheiratet, das Ehepaar hält 90 Prozent am FC Zürich. Dessen Tore feiert die lebenslustige Heliane mit einem Tanz auf der Tribüne.
Aus Ihrer Sicht gibt es keinen Grund, warum der FCZ Benjamin Mendy nicht verpflichten sollte?
Nein. Er hat es wie jeder Mensch, der in einem Gerichtsprozess freigesprochen wurde, verdient, dass er wieder ein normales Leben leben kann. Diese Chance geben wir ihm beim FCZ.
Haben Sie mit ihm über seine Vergangenheit und seinen Lebenswandel gesprochen?
Ja. Er konnte für uns nachvollziehbar die ganze Situation erklären, wie das damals gelaufen ist. Er hat erklärt, dass er nie etwas gegen den Willen einer Frau gemacht habe. Ich habe in meiner Rolle als Managerin diese Themen immer wieder angetroffen: Es war und ist mir extrem wichtig, dass Missbrauch gegen Frauen ernst genommen wird und überführte Täter hart bestraft werden. Dennoch muss jeder Fall individuell betrachtet werden. Auch das haben wir in diesem vorliegenden Fall gemacht.
Nun gibt es neben rein juristischen Fragen auch noch die Frage nach der Moral. Mendys Frauenbild, zumindest in der Zeit, in der sich die vor Gericht verhandelten Fälle ereigneten, ist höchst fragwürdig. Auch darum hat seine Verpflichtung für Proteste gesorgt. Verstehen Sie diese?
Ich verstehe, dass dieser Transfer im ersten Moment Fragen aufwirft. Gerade auch, wenn man in der Presse lesen konnte, was er gemacht haben soll. Aber in einem Rechtsstaat gibt es keinen Freispruch zweiter Klasse.
Mendys eigene Anwältin bezeichnete im Prozess dessen Handlungen Frauen gegenüber als «gefühllos» und «moralisch fragwürdig».
Ich goutiere den Lebenswandel, den Mendy in dieser Zeit, in welche die erwähnten Vorwürfe fallen, auch nicht. Ich will, dass sich unsere Spieler korrekt und verantwortungsbewusst benehmen, auch im Umgang mit ihren Mitmenschen. Ich erwarte von FCZ-Spielern und -Angestellten zwei Dinge: Stil und Klasse.
Rosmarie Quadranti (67; Präsidentin Frauenzentrale Zürich, alt Nationalrätin Mitte)
«Darüber muss sich der FCZ im Klaren sein: Fussball hat gesellschaftlich eine grosse Relevanz, der Verein trägt damit eine hohe Verantwortung. Man muss sich dieser bewusst sein. In diesem Fall ist es zentral, dass der Klub sich in einer Grundsatz-Aussage klar gegen sexuelle Gewalt positioniert. Jetzt braucht es sichtbare Zeichen: ‹Unsere Spieler müssen sich korrekt verhalten, und wir als Klub haben ein Auge darauf.› Das muss man auch den Fans klar kommunizieren.»
Christoph Graf (63; Präsident der Schweizer Berufsvereinigung der Spielerberater)
«Aus rechtlicher Sicht spricht nichts gegen diesen Deal. Ich bin ein Mann des Rechtsstaats, und Mendy wurde freigesprochen. Mein Kriterium für einen Transfer wäre gewesen, ob er sportlich eine Verstärkung sein kann. Und das kann ich nicht beurteilen. Zuletzt hat er ja keine grossen Stricke mehr zerrissen.»
Franziska Roth (58; SP-Ständerätin)
«Grundsätzlich gilt: Ein Freispruch ist ein Freispruch! Das kann man nicht einfach infrage stellen. Allerdings ist aus einer moralischen Perspektive das Vertrauen in den FCZ etwas erschüttert. Fangewalt ist ja bei diesem Verein ein grosses Thema. Und gerade wenn der FCZ ein solches Aushängeschild verpflichtet, muss er seine Verantwortung – mit Blick auf die Prävention und solches Machogehabe – stärker als bisher wahrnehmen.»
Markus Theunert (52; Gesamtleiter männer.ch, Dachverband Schweizer Männer- und Väterorganisationen)
«Man darf einen solchen Spieler verpflichten. Aber man darf dabei nicht dermassen unsensibel vorgehen. Der FCZ ist ein Fussballverein mit Vorbildfunktion. Dieser Verantwortung ist er nicht gerecht geworden. Er hätte mit einer proaktiven Kommunikation glaubwürdig belegen müssen, was er nun treuherzig beteuert: Dass er jede Gewalt strikt ablehnt. Er hätte mit einem Tatbeweis – beispielsweise einer substanziellen Spende an ein Frauenhaus oder eine Gewaltberatungsstelle – unterstreichen müssen, dass das Nein zu Gewalt mehr ist als ein oberflächliches Lippenbekenntnis. So bleibt der traurige Eindruck haften, dass beim FCZ Werte nur so lange gelten, wie sie dem sportlichen und finanziellen Erfolg dienen.»
Rosmarie Quadranti (67; Präsidentin Frauenzentrale Zürich, alt Nationalrätin Mitte)
«Darüber muss sich der FCZ im Klaren sein: Fussball hat gesellschaftlich eine grosse Relevanz, der Verein trägt damit eine hohe Verantwortung. Man muss sich dieser bewusst sein. In diesem Fall ist es zentral, dass der Klub sich in einer Grundsatz-Aussage klar gegen sexuelle Gewalt positioniert. Jetzt braucht es sichtbare Zeichen: ‹Unsere Spieler müssen sich korrekt verhalten, und wir als Klub haben ein Auge darauf.› Das muss man auch den Fans klar kommunizieren.»
Christoph Graf (63; Präsident der Schweizer Berufsvereinigung der Spielerberater)
«Aus rechtlicher Sicht spricht nichts gegen diesen Deal. Ich bin ein Mann des Rechtsstaats, und Mendy wurde freigesprochen. Mein Kriterium für einen Transfer wäre gewesen, ob er sportlich eine Verstärkung sein kann. Und das kann ich nicht beurteilen. Zuletzt hat er ja keine grossen Stricke mehr zerrissen.»
Franziska Roth (58; SP-Ständerätin)
«Grundsätzlich gilt: Ein Freispruch ist ein Freispruch! Das kann man nicht einfach infrage stellen. Allerdings ist aus einer moralischen Perspektive das Vertrauen in den FCZ etwas erschüttert. Fangewalt ist ja bei diesem Verein ein grosses Thema. Und gerade wenn der FCZ ein solches Aushängeschild verpflichtet, muss er seine Verantwortung – mit Blick auf die Prävention und solches Machogehabe – stärker als bisher wahrnehmen.»
Markus Theunert (52; Gesamtleiter männer.ch, Dachverband Schweizer Männer- und Väterorganisationen)
«Man darf einen solchen Spieler verpflichten. Aber man darf dabei nicht dermassen unsensibel vorgehen. Der FCZ ist ein Fussballverein mit Vorbildfunktion. Dieser Verantwortung ist er nicht gerecht geworden. Er hätte mit einer proaktiven Kommunikation glaubwürdig belegen müssen, was er nun treuherzig beteuert: Dass er jede Gewalt strikt ablehnt. Er hätte mit einem Tatbeweis – beispielsweise einer substanziellen Spende an ein Frauenhaus oder eine Gewaltberatungsstelle – unterstreichen müssen, dass das Nein zu Gewalt mehr ist als ein oberflächliches Lippenbekenntnis. So bleibt der traurige Eindruck haften, dass beim FCZ Werte nur so lange gelten, wie sie dem sportlichen und finanziellen Erfolg dienen.»
Sie haben sich in den vergangenen Jahren immer für die Rechte der Frauen eingesetzt.
Wir haben immer mehr junge Frauen im Stadion. Wir haben in den letzten Jahren eine Frauenfussballabteilung aufgebaut, entgegen den Prognosen von allen Zampanos, die mir früh erklärt haben, das interessiere niemanden. Bei uns bekommen auch die Mädchen im Nachwuchs eine gute Ausbildung, dieselbe wie die Jungs. Darauf bin ich stolz.
Was sagen Sie diesen Frauen, von denen manche nun vielleicht kein gutes Gefühl dabei haben, einen Klub mit Mendy im Kader zu unterstützen?
Wir schauen ganz genau hin. Bei allen unseren Spielern. Cillo und ich dulden keine Diskriminierung, kein diskriminierendes Verhalten. Wir haben im Nachwuchs bei sexistischem Verhalten von Trainern oder Spielern kompromisslos durchgegriffen. In solchen Fällen haben wir fristlose Kündigungen ausgesprochen.
Es heisst, Sie hätten schon Spieler abgelehnt, weil sie mit der Justiz in Konflikt geraten waren.
Konflikt mit der Justiz ist per se noch kein Ablehnungsgrund. Wenn aber Gewalt im Spiel ist, dann ist dies für uns ein No-Go.
Jean-Pierre Nsame, 2018 zu einer bedingten Gefängnisstrafe verurteilt, weil er sein Baby geschüttelt haben soll, soll Ihnen angeboten worden sein, Sie hätten abgelehnt.
Das kommentiere ich nicht.
Mendys Anwältin meinte ebenfalls im Prozess, ihr Mandant habe «monumentale Fehler» begangen. Hat er Ihnen gegenüber erklärt, dass er sich seither verändert hat?
Er hat uns glaubhaft versichert, dass er seine Lektion gelernt hat. Wir hoffen auch, dass er unseren jüngeren Spielern erklären kann, welchen Verlockungen man als Fussballer ausgesetzt ist. Und dass man ihnen nicht erliegen sollte.
Ob Mendy dem FCZ sportlich weiterhelfen kann, ist bei aller Aufregung noch überhaupt nicht klar. Ist es das wirklich wert?
Wir haben erwartet, dass es gewisse Reaktionen geben könnte. Trotzdem haben wir entschieden, dass wir den Transfer machen wollen. Darum würden wir es heute nochmals gleich machen. Es hat sich an der Ausgangslage ja nichts geändert. Ob es das wert ist? (Überlegt.) Das werden wir dann sehen.
Der «Tages-Anzeiger» nennt Mendy im Zusammenhang mit dem Influencer Travis The Creator, der wegen Sexualdelikten vor Gericht kommt und bereits einmal verurteilt wurde. Es gibt Beweise, dass Mendy noch letztes Jahr mit ihm gefeiert hat. Wie passt das zum Bild des geläuterten Profis, das Sie vorhin gezeichnet haben?
Ich kenne den Fall nicht und kann ihn deshalb auch nicht kommentieren.
Gibt es in Mendys Vertrag eine Klausel, die es dem FCZ ermöglicht, sich bei Vorfällen wie in der Vergangenheit von ihm zu trennen?
Er hat einen ganz normalen Spielervertrag. Klauseln für Konsequenzen bei rechtswidrigem Verhalten gibt es in jedem Vertrag.
Was wünschen Sie sich von Benjamin Mendy in den nächsten Monaten?
Was ich von allen erwarte: Stil und Klasse.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | FC Lugano | 24 | 9 | 42 | |
2 | FC Basel | 24 | 25 | 41 | |
3 | FC Luzern | 24 | 5 | 39 | |
4 | Servette FC | 24 | 4 | 39 | |
5 | FC Lausanne-Sport | 24 | 10 | 36 | |
6 | FC St. Gallen | 24 | 6 | 35 | |
7 | BSC Young Boys | 24 | 5 | 34 | |
8 | FC Zürich | 24 | -3 | 33 | |
9 | FC Sion | 24 | -4 | 30 | |
10 | Yverdon Sport FC | 24 | -17 | 24 | |
11 | Grasshopper Club Zürich | 24 | -10 | 22 | |
12 | FC Winterthur | 24 | -30 | 17 |