FCSG-Sportchef im Krisengespräch
War Zeidlers Rentenvertrag ein Fehler, Herr Sutter?

Warum es für FCSG-Sportchef Alain Sutter (55) keine Fehlentscheide gibt. Und was es braucht, um nach zehn sieglosen Spielen mal wieder zu gewinnen.
Publiziert: 06.05.2023 um 00:22 Uhr
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Ist seit knapp fünf Jahren Sportchef des FC St. Gallen: Alain Sutter.
Foto: Claudio Thoma/freshfocus
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Stefan KreisReporter Fussball

Der Mann wirkt, als könne ihn nichts, aber auch gar nichts aus der Ruhe bringen. Selbst bei den emotionalsten Spielen im Kybunpark, wenns Rote Karten regnet und Schmähgesänge von der Tribüne, wenn über 19'000 aus dem Stadion einen überschäumenden Dampfkessel machen, steht Alain Sutter (55) fast regungslos neben der Pressetribüne. «Ein ruhiger See ist klar. Wenn du ruhig bist, dann siehst du klarer. Es hilft nichts zu hyperventilieren», sagt der Sportchef der St. Galler.

Sehen in der Ostschweiz derzeit nicht alle so. Manch einer kriegt Schnappatmung nach zehn Pflichtspielen ohne Sieg. So schlecht war der FCSG seit der Abstiegssaison 2011 nicht mehr. Seit man den Vertrag mit Peter Zeidler im Januar vorzeitig um zwei weitere Jahre bis 2027 verlängert hat, holten die St. Galler bloss noch zwei Dreier. Wars ein Fehler, dem Trainer einen Rentenvertrag zu geben? «Nein», sagt Sutter. «Wir sind heute noch froh und glücklich, dass wir das gemacht haben. Wir sind sehr zufrieden mit Peters Arbeit, es passt gut.»

Sutter schätzt Zeidlers Emotionen

Zeidler ist das pure Gegenstück des in sich ruhenden Sutter. Der 60-Jährige ist permanent unter Strom. Oft im Motz-Modus. Impulsiv. Emotionen, die nicht selten überschäumen. Für Sutter kein Problem. Ganz im Gegenteil. «Ums Spiel herum brauchst du diese Energie, diese Emotionen. Je mehr, desto positiver. Ich schätze das sehr.» Er könne aber verstehen, dass man Zeidlers Verhalten kontrovers diskutieren könne. «Das ist vor allem dann nachvollziehbar, wenn man sportlich eine schlechtere Phase hat.»

Allgemein werde nach zehn sieglosen Spielen alles hinterfragt. Auch die Transferpolitik. Wars beispielsweise ein Fehler nach dem Abgang von Daouda Guindo im Winter keinen Aussenverteidiger zu verpflichten und stattdessen mit Geubbels und Dajaku zwei Offensivspieler zu holen? «Ich bin überzeugt, dass man keine Fehlentscheide treffen kann. Weil jeder Entscheid zu einer Erkenntnis führt», sagt Sutter. «Im Nachhinein hätten wir aber selbstverständlich anders entschieden, weil sich sowohl Isaac Schmidt als auch Patrick Sutter mit Verletzungen herumgeschlagen haben.» Ändern könne man das nicht mehr, drum sei es müssig, darüber zu diskutieren. Was nun zähle, sei, der Negativspirale zu entkommen. Am besten schon am Samstagabend gegen Meister YB (20.30 Uhr).

Sutter ist zuversichtlich, dass dies gelingt. Er sei jeden Tag im Training. Und er spüre, dass die Mannschaft den Ernst der Lage erkannt habe. «Jeder weiss, um was es geht. Wir sind kein Larifari-Betrieb.» Was noch fehle, und das sei die grosse Kunst, das Geheimnis eines jeden Top-Athleten, sei die Leichtigkeit. «Wenn du Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit vereinst, dann fliegst du», sagt Sutter. Aus diesem Grund hat sich die Mannschaft in dieser Woche zum gemeinsamen Go-Kart-Fahren getroffen. «Es wurde viel gelacht, es hat grossen Spass gemacht.»

Hat YB den Meisterblues?

Auch der Gegner aus Bern hatte zuletzt viel Spass, letzten Sonntag stieg die rauschende Meisterparty inklusive Freinacht. Ob der Meister die Strapazen der Feierlichkeiten noch spüren wird? «YB kann nach dem Gewinn des Meistertitels befreit aufspielen. Das ist jene Leichtigkeit, die uns fehlt. Die Frage ist, ob YB die nötige Ernsthaftigkeit mitnehmen wird», sagt Sutter.

Was den WM-Teilnehmer von 1994 zuversichtlich stimmt: dass man in dieser Saison noch nie aus dem Stadion geschossen wurde – und in fast jedem Spiel was hätte mitnehmen können. Zudem hat der FCSG das letzte Heimspiel gegen YB für sich entschieden. 2:1 stand es Anfang September, damals grüsste Grün-Weiss vor der Tabellenspitze.

Nun wartet man zwar seit zehn Spielen auf einen Sieg, die Euphorie aber scheint nach wie vor ungebrochen. Auch am Samstag werden knapp 19'000 in den Kybunpark pilgern. «Wir haben in den letzten vier Jahren dreimal um Titel gespielt, was vorher war, wirkt immer noch, die Zuschauerresonanz ist ein Feedback für unsere Arbeit», sagt Sutter.

Er sei aber nicht naiv, so der Sportchef: «Wenn wir so weitermachen wie in den letzten Wochen, dann bleibt das Stadion nicht voll.»

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Zürich
FC Zürich
14
7
26
2
FC Basel
FC Basel
14
20
25
3
FC Lugano
FC Lugano
14
6
25
4
Servette FC
Servette FC
14
2
25
5
FC Luzern
FC Luzern
14
4
22
6
FC St. Gallen
FC St. Gallen
14
6
20
7
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
14
2
20
8
FC Sion
FC Sion
14
0
17
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
14
-5
16
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
14
-10
15
11
FC Winterthur
FC Winterthur
14
-21
11
12
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
14
-11
9
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