Er brach im Kraftraum zusammen
Winti-Buess steht trotz Thrombose-Diagnose vor Comeback

Ende August steht die Karriere von Winti-Stürmer Roman Buess auf der Kippe, nun ist er wieder auf dem Platz – und ist für das Spiel gegen GC am Samstagabend Teil des Aufgebots. Was dahinter steckt. Und was die Diagnose Thrombose zu bedeuten hat.
Publiziert: 04.10.2024 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2024 um 12:06 Uhr
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In Winterthur ist Roman Buess eine Legende, weil er den Klub mit 16 Toren in die Super League geschossen hat.
Foto: Sven Thomann

Auf einen Blick

  • Roman Buess kehrt nach seiner Thrombose-Diagnose auf den Platz zurück
  • Stürmer inspirierte sich an Ricky van Wolfswinkels Comeback
  • Er ist heiss auf sein Winti-Comeback
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Stefan KreisReporter Fussball

Es giesst wie aus Kübeln auf der Schützenwiese in Winterthur. Als aber Roman Buess (32) aus den Katakomben kommt, geht innert einer halben Sekunde die Sonne auf. Die Augen des Winti-Stürmers glänzen, Lachfalten sind im ganzen Gesicht erkennbar. Buess, dieser Schrank von einem Mann, strahlt, als hätte er seinen FCW soeben zum Titel geschossen.

Noch Ende August weint Vollblutfussballer Buess bittere Tränen, weil noch immer unklar ist, ob seine Karriere überhaupt fortgesetzt werden kann. Diagnose Thrombose! Bereits Anfang Jahr werden bei einem MRT Hirndurchblutungsstörungen erkannt. Die betreffen – im Gegensatz zum klassischen Schlaganfall – häufiger auch jüngere Menschen. Aus weitgehend ungeklärter Ursache entstehen Blutgerinnsel im Hirn, behindern den Blutabfluss und führen so zur Schädigung des Hirngewebes.

Nun steht Buess – entgegen aller Erwartungen – wieder auf dem Platz. Mitte September traf er für die zweite Mannschaft des FC Winterthur beim 1:1 gegen Kosova zum Ausgleich. Weitere medizinische Abklärungen hätten ergeben, dass die Thrombose zwar bleibe, es aber nicht schlimmer werde. Und dass Buess grundsätzlich spielen könne. «Warum sie mir das OK gegeben haben, habe ich im Detail nicht sofort verstanden. Aber es war mir auch egal. Ich habe mich einfach drauf gefreut, wieder auf dem Platz zu stehen.»

Restrisiko ist vorhanden

Auf die Frage nach dem Restrisiko, antwortet Buess: «Aufgrund verschiedener ärztlicher Gutachten, soll das Risiko nicht viel grösser sein als bei einem gesunden Menschen. Ich persönlich glaube fest daran, dass die Krankheit abgeschlossen ist. Und wenn wirklich wieder etwas sein sollte, dann hat Gott so entschieden. Es gibt für alles einen Grund.»

Er habe sich in der fussballfreien Zeit die Frage nach dem höheren Sinn gestellt, sagt Buess. Er sei gläubig. Und er habe die kleinen Dinge wieder schätzen gelernt. «Als ich zum ersten Mal nach meinem Spitalaufenthalt wieder an die frische Luft spazieren gehen durfte, zum Beispiel. Das sind Dinge, die ich früher nicht wahrgenommen habe. Man sagt immer, man müsse jeden Moment schätzen, aber tut man das wirklich?», fragt Buess.

Er habe realisiert, dass es ihm trotz Thrombose gut gehe. Dass er ohne Einschränkungen durchs Leben gehen könne. Dass es ein Privileg sei, auf dem Fussballplatz stehen zu dürfen. Dass alles endlich ist. Jeder Tag, der Letzte sein könne.

Van Wolfswinkel als Vorbild

Als Vorbild nennt Buess den ehemaligen FCB-Stürmer Ricky van Wolfswinkel. Beim Holländer wurde ein Aneurysma im Gehirn diagnostiziert, auch dessen Karriere stand auf der Kippe, der Angreifer aber kämpfte sich zurück, schoss nach seiner Zeit in Basel wieder Tore am Fliessband. «Es ist eindrücklich, wie er mit der Situation umgegangen und wie er wieder zurückgekommen ist», sagt Buess. 

Auch er selbst würde lieber heute als morgen wieder für den FCW auf dem Platz stehen, zumal die Eulachstädter in dieser Saison unter Tor-Impotenz leiden und in sieben Spielen erst vier Tore erzielt haben. «Wenns nach mir gehen würde, hätte ich schon vor zwei Wochen wieder gespielt. Ich bin extrem heiss», sagt Buess. 

Es ist ein Ehrgeiz, der aber auch ungesund sein kann. Vor etwas mehr als einem Jahr klagt der Stürmer monatelang über Kopfschmerzen, zum Arzt geht er trotzdem nicht. «Ich hatte täglich Beschwerden. Immer auf der linken Seite, oberhalb vom Auge. Stechend, aber ich konnte trainieren, warf Schmerzmittel ein. Ich habe funktioniert.»

Zusammenbruch vor Weihnachten

Der Zusammenbruch kommt kurz nach Weihnachten im Kraftraum. «Ich hatte schon morgens beim Aufstehen Schwindelanfälle, Kopfschmerzen. Dann bin ich ins Stadion gefahren, weil ich etwas gegen meinen Weihnachtsspeck unternehmen wollte. Plötzlich konnte ich nicht mehr aufstehen. Ich hatte das Gefühl, dass ich mich übergeben musste, es kam aber nichts raus», erinnert sich Buess. 

Viele hätten ihm gesagt, dass es blöd gewesen sei, dass keiner im Kraftraum gewesen sei, der hätte helfen können. Buess sagt: «Ich war froh, dass niemand dort gewesen ist. Ich hatte Zeit, um über alles nachzudenken. Das ist mir eingefahren. Das war der Moment, als ich wusste, dass etwas nicht gut sein kann.»

Trotzdem wartet er noch einige Tage, bis er sich in die Röhre legt. Die Diagnose Thrombose sei im ersten Moment ein Schock gewesen, dann aber habe er sich gesammelt und sei ziemlich schnell wieder im Angriffsmodus gewesen. «Die Ärzte sprachen davon, dass ich drei Monate lang ausfallen würde. Da habe ich mir gedacht, dass ich in zwei Monaten zurück sein werde.»

Seither sind fast 300 Tage vergangen und Buess wartet noch immer auf sein Comeback. Obs gegen GC klappt? Zumindest steht er wieder einmal im Aufgebot der Eulachstädter. Und auch wenns nicht zum Einsatz reicht, wird er deswegen nicht in Tränen ausbrechen. Ganz im Gegenteil. Buess strahlt über beide Backen. Weil er weiss, was für ein Privileg es ist, überhaupt wieder auf dem Platz zu stehen.

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