Die Super League unter der Lupe
Warum St. Gallen die Liga eigentlich anführen müsste

Wie haben die Super Ligisten in der Vorrunde gespielt? Wir nehmen die Leistungen der zwölf Klubs in einem Datenrückblick unter die Lupe.
Publiziert: 04.01.2024 um 08:44 Uhr
|
Aktualisiert: 04.01.2024 um 08:46 Uhr
1/7
Der FC St. Gallen war statistisch gesehen die beste Mannschaft der Hinrunde.
Foto: freshfocus
Emanuel Staub

Wir liefern im zweiten Teil des grossen Vorrunden-Rückblicks eine Daten-Analyse zu den Performances der Super-League-Teams. Hier gehts zum ersten Teil, der den Einzelspielern gewidmet war

Die «erwartete» Tabelle

YB ist Herbstmeister, SLO abgeschlagenes Schlusslicht. Doch die Tabelle sähe deutlich anders aus, wenn alle statistisch zu erwartenden Tore und Gegentore gefallen wären. Das hätte direkten Einfluss auf die Punkteausbeute der einzelnen Teams. Die Tabelle der «Expected Points» (xP) stellt die Verhältnisse deutlich auf den Kopf. Wäre alles eingetroffen wie erwartet, wäre St. Gallen Tabellenführer, YB ein Mittelfeldklub und Yverdon Schlusslicht. 

  1. St. Gallen – 34.2xP / Reale Ausbeute: 33 Punkte
  2. Servette – 32.6xP / 31 Punkte
  3. FCZ – 28.5xP / 31 Punkte
  4. Lausanne – 27xP / 20 Punkte
  5. YB – 24.4xP / 38 Punkte
  6. Winterthur – 24.2xP / 22 Punkte
  7. Lugano – 24.1xP / 26 Punkte
  8. Luzern – 23.2xP / 25 Punkte
  9. GC – 22.4xP / 21 Punkte
  10. SLO – 21.3xP / 11 Punkte
  11. FC Basel – 19.2xP / 18 Punkte
  12. Yverdon – 19xP / 21 Punkte
Das bedeuten die Statistiken

Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?

Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.

Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.

Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.

Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.

Konstruktionsstatistiken:

  • Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
  • Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
  • Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
  • Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.

Statistiken werden im Fussball immer wichtiger. In der Spielanalyse und im Scouting geht heutzutage fast nichts mehr ohne Daten. Doch was sollen die einzelnen Metriken genau bedeuten?

Expected Goals (xG): Ein Modell, das für jeden Torabschluss die Wahrscheinlichkeit eines Torerfolgs errechnet. Entscheidend sind die exakte Abschlussposition und die Distanz zum Tor – aber auch andere Faktoren wie die Art des Abschlusses (Fuss oder Kopf) oder die Spielsituation (Standard, Konter etc.) fliessen mit ein. Jedem einzelnen Abschluss wird so eine Torwahrscheinlichkeit zugewiesen, die zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor) liegt.

Expected Goals Against (xGA): Das Expected-Goals-Modell kann nicht nur für die Offensive, sondern auch für die Defensive angewandt werden. Mithilfe der Expected Goals Against wird auf Basis derselben Faktoren errechnet, wie hoch die Wahrscheinlichkeit eines Gegentores per abgegebenem Abschluss des Gegners ist. Durch xGA lässt sich kalkulieren, wie stabil eine Abwehr steht. Je geringer der Wert, desto weniger lässt sie zu.

Expected Assists (xA): Basierend auf dem xG-Modell wird jeder Schussvorlage die Wahrscheinlichkeit eines Treffers zugeordnet – zwischen 0 (= kein Tor) und 1 (= Tor). Der erwartete Assist-Wert (xA) einer Schussvorlage ist also der Wert der erwarteten Tore (xG) des Abschlusses, zu dem diese Vorlage geführt hat.

Expected Points (xP): Dieses Modell drückt aus, wie viele Punkte ein Team pro Spiel oder über einen längeren Zeitraum einfahren sollte, wenn sämtliche xG-Werte eingetroffen wären. Die erwartete Punktzahl setzt sich also aus der Differenz der Variablen xG und xGA zusammen. Ab circa 0,35 xG mehr als der Gegner wird ein Sieg erwartet – und dem Team entsprechend ein Wert von 3 «Expected Points» zugewiesen.

Konstruktionsstatistiken:

  • Pässe ins letzte Drittel: Wie viele Bälle bringt ein Team in die gefährliche Zone?
  • Schlüsselpässe: Zuspiele, nach denen der Angespielte in eine Abschlussgelegenheit kommt.
  • Progressive Pässe: Pässe, nach denen Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.
  • Progressive Läufe: Läufe mit Ball am Fuss, durch die Raumgewinn erzielt wird, und die dem Team erlauben, näher vors gegnerische Tor zu gelangen.

Ein Blick auf diese «erwartete» Tabelle offenbart: Lausanne und SLO sind extrem schlecht bedient. Ganze sieben bzw. zehn Punkte Differenz liegen zwischen der tatsächlichen Ausbeute und jener, die statistisch zu erwarten gewesen ist. Auf der anderen Seite hat YB massiv überperformt. Die Berner haben schlechter gespielt, als die Tabelle hergibt.

Wobei «schlecht» ein relativer Begriff ist. Im xG-Modell bedeutet es lediglich, dass YB seine Chancen effizient genutzt hat und ihre Gegner ihrerseits viele Chancen ungenutzt liessen. Heisst: Die Berner konnten sich auf überdurchschnittliche Stürmer, die aus weniger mehr machen, und überdurchschnittliche Goalies verlassen. Mit 40 Toren stellen die Berner die erfolgreichste Offensive, mit 17 Gegentoren die beste Defensive. Und steht daher an der Spitze statt im Mittelfeld.

Die tor(ungefährlichsten) Teams

Das torgefährlichste Team der Liga ist aus statistischer Sicht nicht YB – sondern St. Gallen. Ganze 35.67 «Expected Goals» (xG), erwartete Tore, haben die Ostschweizer herausgespielt. Gemacht haben sie 33. Bedeutet: Die beste Chancenkreation der Liga stellt der FCSG, in der Verwertung haperts teilweise noch ein wenig.

Das Spitzentrio in Sachen Chancenkreation komplettieren Servette (33.32xG) und Winterthur (30.14xG). Am anderen Ende der Tabelle sind neben Yverdon (20.26xG) und SLO (22.54xG) auch die Grasshoppers (23.28xG) und Basel (23.9xG) zu finden. Bei diesen Teams mangelts nicht nur in Sachen Stürmerqualität, sondern auch in puncto Kreativität. 

Während GC seinen xG-Wert mit 27 tatsächlich erzielten Toren übertroffen hat (u.a. dank einigen Distanztreffern), erfüllt der FCB mit 23 Treffern die Erwartung sehr genau. Heisst: Der FCB macht aus den wenigen guten Chancen, die er kreiert, zwar zuverlässig Tore. Hat aber keinen Spitzenstürmer à la YB, der auch mal aus weniger aussichtsreicher Position einnetzt. 

Schiessbude und Festung

Die wackligste Abwehr der Hinrunde stellt der FC Winterthur mit 39 Gegentreffern. Statistisch gesehen, hätte der FCW aber deutlich weniger erhalten sollen (32.03xGA, «erwartete Gegentore»). Pech und individuelle Fehler erklären die Differenz. Die meisten erwarteten Gegentore verzeichnet indes der FCB (32.24xGA). Mit anderen Worten: Kein Team liess so viele Hochkaräter zu wie die Basler.

Dass YB die beste Defensive hat, widerspiegelt derweil nicht die statistische Erwartung. Statt 17 hätten die Berner gemäss Modell mindestens 27 Gegentore schlucken sollen. Sie haben also viel mehr Top-Chancen zugelassen, als man ahnen könnte. Exzellente Torhüter und Unvermögen der Gegner erklären die Differenz. Tatsächlich haben die zwei YB-Goalies ligaweit mit Abstand die meisten Chancen entschärft, wie der 1. Teil des Rückblicks gezeigt hat

Die statistisch gesehen beste Defensive der Liga befindet sich in St. Gallen. Die Espen haben die wenigsten gefährlichen Torchancen zugelassen (20.18xGA). Interessant: Das war in der Vergangenheit oft anders. Trainer Zeidler hat es in dieser Saison aber geschafft, die Abwehr zu stabilisieren. 21 Gegentore musste der FCSG tatsächlich hinnehmen – drittbester Wert nach YB und dem FCZ (17, 23.21xGA).

Aktive Espen, passive Hoppers

Die Daten geben auch Aufschluss über den Spielstil. Die Metrik «Passes per Defensive Action» (PPDA) beschreibt die Pressing-Aktivität eines Teams. Konkret wird gemessen, ab wie vielen Pässen des Gegners eine Mannschaft im Schnitt ins Pressing geht. Je geringer die Zahl, desto schneller und intensiver das Pressing. Und desto eher praktiziert ein Team Umschaltfussball. 

Wenig überraschend stehen daher die St. Galler auch hier an der Spitze (7.1 PPDA). Am anderen Ende des Spektrums liegt GC (11.68). Der Rekordmeister ist damit das passivste und pressingfaulste Team der Liga. Das ist per se nichts Falsches – Zurückhaltung kann auch ein taktisches Element sein. Ob taktischer Kniff oder Faulheit wissen aber nur die Hoppers selber.

Die Bösen und die Lämmchen

Interessanterweise sind St. Gallen und GC auch in der Fairness-Statistik gegensätzlich. Während die Espen die «Bösewichte» der Liga sind und am meisten zu Fouls greifen (257 Foulspiele total), sind die Hoppers die Lämmchen der Liga. Nur 194 Fouls begingen die Zürcher in der Hinrunde. Nur Basel (195) war ähnlich harmlos.

Das spricht zwar für die Fairness. Zeigt aber auch: Intensität und Härte fehlten GC und Basel in der Vorrunde oft. Zwei Kernqualitäten im Abstiegskampf. Die meisten Karten sammelte aber nicht St. Gallen (55). Sondern Aufsteiger SLO (61). Die wenigsten Karten bekam indes der FCZ (32) vor die Nase gestreckt. 

Credit Suisse Super League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
FC Lugano
FC Lugano
18
6
31
2
FC Basel
FC Basel
18
21
30
3
FC Lausanne-Sport
FC Lausanne-Sport
18
9
30
4
FC Luzern
FC Luzern
18
3
29
5
Servette FC
Servette FC
18
2
29
6
FC Zürich
FC Zürich
18
-1
27
7
FC Sion
FC Sion
18
4
26
8
FC St. Gallen
FC St. Gallen
18
6
25
9
BSC Young Boys
BSC Young Boys
18
-4
23
10
Yverdon Sport FC
Yverdon Sport FC
18
-12
17
11
Grasshopper Club Zürich
Grasshopper Club Zürich
18
-10
15
12
FC Winterthur
FC Winterthur
18
-24
13
Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?