Das Henriksen-Protokoll beim FCZ
Wie aus «Bo du fröhliche» «Bo jemine!» wurde

War es das für FCZ-Trainer Bo Henriksen (48)? Der Däne muss nach einem turbulenten Jahr, in dem er viel erreicht hat, wohl seinen Platz räumen.
Publiziert: 06.02.2024 um 12:17 Uhr
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Aktualisiert: 06.02.2024 um 15:30 Uhr
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Bo Henriksen könnte beim FCZ demnächst vor die Tür gestellt werden.
Foto: keystone-sda.ch

«Ich war nie ein guter Fussball-Profi, spielte aber mal auf den Malediven», sagte Bo Henriksen (48) im Oktober 2022 bei seiner Antritts-PK und sorgte damit für Lacher.

Es beschreibt «Gutelaunebär» Henriksen wunderbar: Er sprüht vor Energie, ist gewillt, die Challenge beim FC Zürich mit vollem Enthusiasmus anzugehen und den Klub wieder nach oben zu bringen. Das brauchte es zu diesem Zeitpunkt auch. Denn der FCZ war unter Henriksens Vorgänger Franco Foda (57) als Meister auf den letzten Tabellenplatz abgerutscht und nur noch ein Trümmerhaufen.

Viel Hoffnung auf schnelle Besserung machte der Start nicht: In der Europa League setzte es für Henriksen und den FCZ auswärts in Eindhoven trotz guter Startphase ein 0:5 ab. Doch in der Folge stabilisierte der Däne die Defensive, spielte einige Male 0:0 und verhinderte weitere Negativ-Schlagzeilen.

Den Umständen getrotzt

Henriksen wusste genau, an welchen Schrauben er drehen muss. In der Winterpause forderte «Happy Bo» Verstärkung. Vor allem im Sturm, «das hat für uns Priorität». Diesem Wunsch kam der Klub nach. Man holte den talentierten Roko Simic auf Leihbasis, der Kroate traf in der Rückrunde allerdings nur vier Mal.

Trotz der mageren Ausbeute von Simic schaffte es Henriksen, den FCZ beinahe von Tag zu Tag zu stärken. Was er in der Rückrunde auf die Beine stellte, ist eine filmreife Erfolgsstory: Aus Flop wird Top. Er ist hinter YB-Trainer Raphael Wicky zeitweise der punktemässig zweitbeste Super-League-Trainer, macht aus Spielern wie Katic oder Condé Leistungsträger und aus dem Abstiegskandidaten innert kürzester Zeit ein gestandenes Super-League-Team. Der Fall in die Barrage bleibt zwar mathematisch bis kurz vor Saisonschluss stets möglich, aber der FCZ spielt längst nicht mehr wie ein Absteiger.

Als Blick Henriksen Anfang April 2023 zu einem Interview traf, wirkte der Däne entspannt, antwortete ausführlich und tiefgründig. Er war so gelassen wie danach eigentlich nie mehr.

Die erneute Stürmer-Problematik

Dass «Happy-Bo» ab und an auch anders kann, zeigte er beim 1:4 in Luzern am 15. April 2023: In der Pause brüllte er das Team gut hörbar vom Medienraum so heftig an, dass der FCZ im Nachgang die Journalisten bat, allfällige Aufnahmen zu löschen. Es zeugt vom Siegeswillen von Henriksen, der jedes Spiel gewinnen und ganz vorne mitmischen will.

Deswegen forderte er nach den Abgängen von Simic (Leihende), Aiyegun Tosin (Lorient), Becir Omeragic (Montpellier) und Blerim Dzemaili (Rücktritt) in der Sommerpause wieder Verstärkungen. Aber: Die Führungsspieler wurden nicht adäquat ersetzt. Zu allem Übel verliess auch noch Ex-Sportchef Marinko Jurendic den FCZ in Richtung Bundesliga, was Henriksen vor den Kopf stiess.

Doppelmandat nervt Henriksen

Daraufhin wurde Henriksen dazu angehalten, interimistisch ein Doppelmandat zu führen, das ihm gar nicht schmeckte. «Ich bin zehnmal lieber auf dem Platz als am Telefon», beschwerte er sich öffentlich. Es ist auch die Zeit, in der das brisante Gerücht aufkam, dass er seinen Arbeitgeber darüber informiert habe, nach der Saison 23/24 nicht weitermachen zu wollen. Bis heute lässt Henriksen dieses Thema unkommentiert.

Sportlich brillierte Henriksen trotz der ungünstigen Voraussetzungen, führte den FCZ auf den Leaderthron und zum punktbesten Team im Jahr 2023. Als im Oktober Milos Malenovic (39) vom externen Berater zum Sportchef befördert wurde, konnte sich der Däne mit etwas Verspätung wieder auf seinen Trainerposten konzentrieren. Ende gut, alles gut? Mitnichten.

Durch die Einstellung von Malenovic, der seine Ideen mitbrachte, entstanden weitere Reizpunkte. Dass die beiden Parteien – trotz respektvollem Umgang – das Heu nicht auf der gleichen Bühne haben, zeigt sich auch daran, dass Malenovic vor der Winterpause anmerkte, dass man nach mehr als einem Jahr in der Schweiz mit den Medien auch mal auf Deutsch sprechen könnte. Zu Herzen nahm sich Henriksen diesen Ratschlag nicht: Er beantwortet die Fragen nach der Winterpause weiterhin auf Englisch.

Hat man beim FCZ zu Beginn der Henriksen-Ära noch dieselbe Sprache gesprochen, gehen die Meinungen nun je länger je mehr auseinander. Diese Differenzen sind mitverantwortlich dafür, dass der Klub plötzlich sportlich in Schieflage gerät. Ende November noch Leader, beträgt der Rückstand auf die Spitze inzwischen 14 Zähler. Vieles deutet nach dem 0:3 gegen Yverdon und dem siebten sieglosen Spiel in Serie darauf hin, dass die einst so erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen dem FCZ und Henriksen noch vor dem Sommer zu Ende gehen wird. «Bo jemine!»

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