Fussball und Politik – nur noch Fantasten sind der Meinung, dass sich diese zwei Dinge trennen lassen. Das musste am vergangenen Wochenende auch Oliver Buff (29) in Litauen erfahren: Während der Auswärtspartie mit Zalgiris Vilnius in Telsiai kommt es zu Ausschreitungen zwischen den Fangruppen, nachdem Anhänger des Heimteams die Anti-Putin-Rufe der Gästefans mit Parolen zugunsten des russischen Präsidenten erwidern. Das Spiel wird beim Stand von 4:1 für Vilnius abgebrochen, am Mittwoch mussten Buff und Co. erneut drei Stunden in den Norden des Landes fahren, um dort die verbliebenen 15 Minuten zu Ende zu spielen – Endstand 5:3 für Vilnius.
Der langjährige FCZ-Mittelfeldallrounder (217 Einsätze von 2010 bis 2017) spielt seit Mitte Februar beim litauischen Topklub (Meister 2020 und 2021) und ist einigermassen erstaunt über die Ereignisse in Telsiai. Buff am Telefon zu Blick: «Seit dem Kriegsbeginn hängen in Vilnius viele gelb-blaue Fahnen, die Menschen solidarisieren sich mit den Ukrainern. Unsere Fans pflegen sogar eine Freundschaft mit jenen von Dynamo Kiew.»
In Litauen fühlt sich Buff wohl
Die geopolitische Nähe zum Ukraine-Krieg beeinflusse den Alltag im Land, das an Weissrussland und die russische Exklave Kaliningrad grenzt, zwar nicht gross, doch Buff sagt: «Es wäre naiv, die Nachrichten nicht aufmerksam zu verfolgen. Und in den Gesprächen mit den einheimischen Teamkollegen ist schon auch Verunsicherung spürbar.»
Viel lieber aber berichtet der U17-Weltmeister von 2009 über die Vorzüge des Lebens in Vilnius. Die Stadt hat sich längst von der Sowjet-Vergangenheit emanzipiert und trägt wegen der vielen Start-Ups den Übernamen «Silicon Valley Europas». Buff schwärmt: «Es ist sauber und modern. Ich fühle mich hier sehr wohl.»
Das liegt auch daran, dass er regelmässig Besuch von seiner Freundin und den Eltern aus der Schweiz erhält – etwas, das im Jahr zuvor in Malaysia wegen der Corona-Reisebeschränkungen nicht möglich war. In Asien ist es ihm sportlich mit 14 Skorerpunkten in 19 Spielen zwar gut gelaufen, mit der Einsamkeit aber hatte er auf Dauer Mühe. Und dann kam es im Herbst 2021 trotz weiterlaufendem Vertrag auch noch zur unschönen Trennung mit dem Selangor FC.
Wiedersehen im Sommer mit Ex-Klub FC Zürich?
Buff hakt es als lehrreiches Abenteuer ab und sagt: «Ich bin froh, wieder in Europa zu sein und will sportlich nochmal angreifen. Dafür ist Litauen der geeignete Ort. Das Niveau in der oberen Tabellenhälfte ist vergleichbar mit der Super League.» Im Sommer wird er mit seinem Klub die Champions-League-Quali absolvieren. Der Sprung in die Königsklasse dürfte allerdings eine zu hohe Hürde sein, für die Gruppenphase der Europa oder Conference League ist die Mannschaft laut Buff aber gut genug.
Einer Rückkehr noch während der Aktivkarriere in die Schweiz ist Buff, der in Vilnius bis Ende Jahr unter Vertrag steht und soeben sein Sportmanagent-Fernstudium beendet hat, nicht abgeneigt – im Gegenteil: «Ich möchte in absehbarer Zeit wieder in der Nähe meines Umfelds leben. Sportlich fühle ich mich jedenfalls noch gut genug für die Super League. Und mit 29 bin ich bekanntlich im besten Fussballeralter.» Auf den Höhenflug seines Ex-Klubs FC Zürich angesprochen sagt Buff: «Es macht richtig Spass, der Mannschaft zuzuschauen. Sie haben es verdient, Meister zu werden! Ich würde mich dann im Sommer natürlich über ein Wiedersehen in der Champions-League-Qualifikation freuen!»