Alex Frei sieht fünf Gründe für die Misere
Die Nati leidet an Tor-Impotenz – was bei unseren Stürmern Sorgen macht

In der Nations League hat die Schweiz gerade mal drei Törchen geschossen. Nun braucht man gegen Serbien wohl einen Sieg mit zwei Toren Differenz. Es herrscht Sturmflaute! Alex Frei geht ihr auf den Grund. Und die ganze Nation fragt sich: Wer macht die Tore?
Publiziert: 12:26 Uhr
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Er ist unsere grösste Tor-Hoffnung: Breel Embolo.
Foto: TOTO MARTI

Auf einen Blick

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Alain KunzReporter Fussball

Das Problem ist ja nicht neu. Im Prinzip begleitet es die Schweizer Nati seit 13 Jahren. Seit Rekordschütze Alex Frei das letzte seiner 84 Länderspiele gemacht hat. Das war im März 2011. Seither fehlt der Schweiz ein Knipser mit ähnlichen Werten wie der Basler. Und noch selten wäre er derart von Nutzen gewesen wie heute.

Denn gegen Serbien steht die Schweiz nicht nur unter Siegzwang. Um im direkten Duell mit den Kickern vom Balkan die Nase vorne zu haben, müsste es nach dem 0:2 in Leskovac ein Sieg mit zwei Toren Differenz sein, will man nicht in Spanien punkten müssen. Auch wenn Trainer Murat Yakin fast ein wenig trotzig sagt: «Wir haben gezeigt, dass wir auch in Spanien gewinnen können. Also würde ein 1:0 reichen und ein Unentschieden in Spanien.» Unter Umständen.

Eine Aufstellung, um auf Sieg zu spielen

Doch wer soll diese Tore schiessen? Yakin stellt vorab klar, dass er sein Team der Ausgangslage entsprechend aufs Feld schickt: «Wir gehen auf Sieg, so wird dann auch die Aufstellung aussehen.» Weshalb für ihn nicht im Fokus stehe, dass das Team schon zehn Gegentore kassiert hat. Wegen der Ausgangslage sei vielmehr die Offensive gefragt. «Und da sind wir gut sortiert, mit jungen, kreativen Spielern. Wir haben nicht, wie die grossen Nationen, einen Stürmer, der sein Team alleine zu Siegen schiessen kann und entsprechend viel verdient. Also muss es über das Kollektiv gehen.»

Drei echte Stürmer hat Yakin in seinem Kader: Breel Embolo, Zeki Andoumi und Andi Zeqiri. Zwei haben Natiwerte, die sehr tief sind: Embolo macht 0,21 Tore pro Spiel im Dress mit dem weissen Kreuz. Zeqiris Wert liegt bei … null. Er hat noch gar nie getroffen. Nur Amdouni hat einen guten Wert: Neun Tore in 23 Spielen. Ergibt einen Schnitt von 0,4. Das ist eigentlich sehr gut. Nicht so stark wie Alex Frei, der ist auf 0,5 gekommen. Aber stark.

Die Probleme von Amdouni, Zeqiri – und Embolo

Nur: Amdouni spielt bei Benfica Lissabon nie von Beginn weg. Zwei Tore hat er gemacht, als Joker bei Kantersiegen seines Teams gegen Gil Vicente und Rio Ave. Zeqiri kommt bei Standard Lüttich immerhin auf acht Startelf-Einsätze. Vier Tore hat er gemacht, aber wie Amdouni nur gegen Teams aus der zweiten Tabellenhälfte. Monacos Embolo hat zwei Tore auf seinem Konto. Eines in der Liga, eines in der Champions League, wo er in allen vier Spielen begann. In der Ligue 1 war das immerhin 7-mal der Fall. Unser Sturmtrio – ein Problemhaufen.

Die Frei-Stürmer-Analyse

Blick-Experte Alex Frei sieht eine Vielzahl an Gründen, die zu diesem Missstand geführt haben: «Erstens: Stürmer sind sensibel. Sie müssen das Vertrauen des Trainers spüren und auch mal vier, fünf Spiele lang nicht treffen dürfen. Zweitens wird mittlerweile enormen Wert auf die Athletik gelegt, vielleicht sogar zu Ungunsten der Spielintelligenz. Drittens ist der Stürmerposten in der Schweiz sehr oft mit Ausländern besetzt. Viertens sind Stürmer oft eigenwillig und extrovertiert, was oft dezent unterbunden wird. Und fünftens brauchen sie einen gesunden Egoismus.» Nur wenn all diese Faktoren zusammenträfen, könne ein Stürmer gross werden. Wahrlich heikel …

So ist kurzfristig also nichts zu machen, weshalb Yakin andere Ansätze sucht: «Wir haben zum Beispiel auch Dereck Kutesa im Team, den Topskorer der nationalen Liga. Breel ist auch immer bereit für ein Tor. Ebenso Zeki, der mit zwei zu Unrecht annullierten Treffern in der Nations League viel Pech gehabt hat. Oder Fabian Rieder, der immer auch mal ein Tor aus dem Mittelfeld heraus erzielen kann.»

Yakin ist ein Fan von Okafor …

Aber auch den begnadigten und begnadeten Noah Okafor, der allerdings auch kein Frontreihen-Stürmer ist. «Ich war immer ein Fan von Noah und seinen Qualitäten», sagt der Coach. «Ob er von Anfang an spielt, werde ich nach dem Abschlusstraining sehen. Aber er wird sicher seine Spielzeit kriegen.»

… und Yakin ist auch ein Gambler

Unter dem Strich spürt man: Yakin wird All-in gehen. Volle Pulle! Auch wenn er sagt, dass man geduldig sein müsse, um nicht ins offene Messer laufen. «Muri hat taktisch ein enorm hohes Niveau, weshalb ich sicher bin, dass er seine Spieler so positionieren wird, dass die Absicherung genügend gross ist», denkt Alex Frei.

Yakin ist aber auch ein Gambler, der diese Gefahr ein Stück weit in Kauf nimmt. Eigentlich hat er in Anbetracht der Torimpotenz und dem dringend benötigten Sieg fast keine Wahl.

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