«Als ich es gelesen habe, konnte ich es kaum glauben.» Es sind die Worte von Ciriaco Sforza (53) über den plötzlichen Tod von Andreas Brehme (†63). Der Weltmeister von 1990 ist in der Nacht auf Dienstag unerwartet infolge eines Herzstillstands gestorben. Auf dem Weg in die Notaufnahme wurde er noch reanimiert, aber jede Hilfe kam zu spät. «Es tut schon weh, wenn einer so früh von uns geht. Da wird einem wieder klar, dass man jeden Tag bewusst geniessen muss.»
Brehme und Sforza lernen sich 1993 kennen. Der Aargauer macht in jenem Sommer den grossen Schritt in die Bundesliga zum 1. FC Kaiserslautern. Gleichzeitig kehrt der damals 33-jährige Brehme von Real Saragossa zurück. Unter der Regie der beiden Strategen werden die Pfälzer mit nur einem Punkt hinter Bayern München Vizemeister. «Fussballerisch war er zum Verlieben. Was er mit links und rechts draufhatte, war unglaublich», schwärmt Sforza über seinen früheren Mitspieler.
Wiedervereinigung führt zu Sensation
Nach zwei Lehrjahren neben Brehme zieht Sforza zu Bayern und später zu Inter weiter. Brehme bleibt bei Kaiserslautern und steigt mit seinem Herzensverein 1996 ab und 1997 gleich wieder auf. Mit dem Wiederaufstieg kommt es auf dem Betzenberg auch zur Wiedervereinigung mit Sforza. Es ist der Start in ein Sensationsjahr. Mit dem Schweizer als Captain und dem mittlerweile 37-jährigen Brehme als Ergänzungsspieler marschiert Kaiserslautern völlig überraschend zum Meistertitel.
«Das bleibt für immer in meinem Herzen», sagt Sforza. Genauso wie unzählige Gespräche und Witze, die er mit Brehme reissen konnte. «Bei Kaiserslautern haben Andy und ich das Zimmer geteilt. Wir haben viel miteinander gelacht. Er war ein so aufgestellter Mensch und gleichzeitig derart bodenständig. Das sind die schönen Sachen, die von ihm in Erinnerung bleiben.»
Brehme wurde auch noch Sforzas Trainer
Wie eng die Beziehung zwischen den beiden war, zeigte sich spätestens am 10. Mai 1998. Kaiserslautern darf an diesem Tag endlich die Meisterschale in Empfang nehmen. Obwohl Sforza Captain ist, will er die «Salatschüssel» nicht entgegennehmen. Seiner Meinung nach soll Vereins-Urgestein Brehme diese Ehre haben. Doch dieser lehnt ab und sagt hinterher: «Ciri hat es verdient, die Schale zuerst hochzuhalten. Er hat den Verein hierhin geführt.»
Später kommt es noch zu einem dritten gemeinsamen Schaffen zwischen Sforza und Brehme. Im Jahr 2002, als Sforza nach einem zweiten Gastspiel bei Bayern München ein drittes Mal zu Kaiserslautern zurückkehrt. Zu einem Verein, der damals von vielen Machtkämpfen geprägt ist. Und der seit zwei Jahren als Cheftrainer amtende Brehme massiv unter Druck steht. Doch Sforza stärkt diesem sogleich den Rücken. «Ich habe Lauterns Verantwortlichen klipp und klar gesagt, dass sie voll hinter Andy Brehme stehen müssen, sonst komme ich erst gar nicht», sagte der Schweizer damals zur «Bild».
Als Trainer nicht gleich erfolgreich wie als Spieler
Trotzdem wird Brehme nach einem schwachen Saisonstart vorzeitig entlassen. Sforzas Schaffenszeit bei Kaiserslautern und seine Spielerkarriere enden vier Jahre später. Als Spieler feierte Brehme grandiose Erfolge: Weltmeister 1990, Vize-Weltmeister 1986, Vize-Europameister 1992, Deutscher Meister 1987 und 1998, italienischer Meister 1989, Uefa-Cup-Sieger 1991, deutscher Pokalsieger 1996.
Doch als Trainer kann der gebürtige Hamburger nicht an diese Erfolge anknüpfen. Nach dem Rausschmiss bei Kaiserslautern versucht er sich noch beim damaligen Zweitligisten Unterhaching und später als Assistenztrainer von Giovanni Trapattoni bei Stuttgart. Aber auch diese beiden Engagements enden vorzeitig.
Und so engagiert sich Brehme bis zu seinem unerwarteten Tod auf anderen Ebenen, als Berater und Experte, ist an einer Rasen-Firma, einem Sicherheits-Unternehmen und auch einem Geschäft beteiligt, das Vorbereitungen auf medizinisch-psychologische Untersuchungen anbietet. Aus seiner Ehe mit der Spanierin Pilar Martinez hinterlässt er die zwei erwachsenen Söhne Ricardo und Alessio. Nach der Scheidung war seit 2010 die Mode-Expertin Susanne Schaefer die Frau an seiner Seite.
Zu einem aufsehenerregenden Fauxpas kam es im letzten Jahr, als Schaefer unbeabsichtigt oben ohne in einer Grussbotschaft Brehmes auftauchte. Doch dieser nahm es mit Humor und erklärte: «Jetzt weiss die ganze Welt, welch tolle Frau ich habe. Hätte nicht passieren sollen, aber ich kann über mich selbst lachen. Künftig lasse ich besser Susanne filmen …» Schaefer war es denn auch, die am Dienstag den schmerzlichen Verlust ihres Partners öffentlich bestätigen musste.