Wahnsinn Saudi-Transfers
2 Milliarden Franken und es «zuckt nicht mal mehr das Lid»

Fussball-Transfers nach Saudi-Arabien sind fast alltäglich geworden. Was uns früher erstaunte, wird nun plötzlich mit Gelassenheit zur Kenntnis genommen, schreibt Patrick Mäder im Newsletter Steilpass.
Publiziert: 06.07.2023 um 19:33 Uhr
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Aktualisiert: 16.08.2023 um 13:47 Uhr
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Im Dezember wechselte Cristiano Ronaldo in die Wüste.
Foto: keystone-sda.ch
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Patrick MäderAutor Blick Sport

Édouard Mendy ist mit 31 im besten Torhüter-Alter. Der Mann aus Senegal, in Frankreich geboren, Champions-League-Sieger mit Chelsea, Welttorhüter von 2021: Er spielt nächste Saison in der Wüste bei Al-Ahli. Der Aufsteiger bezahlte den Londonern 18 Millionen, einen Betrag weit über dem aktuellen Marktwert von Mendy, der bei Chelsea nur noch Ersatz war, weil er sein Niveau aus dem Jahr 2021 nicht halten konnte. 

Die Meldung überrascht nicht mehr. Saudi-Arabien ist im Kaufrausch, kaum ein Fussballer aus den grossen europäischen Ligen, der kein verlockendes Angebot der Scheichs bekommen hat.

Welt-Elf spielt in Saudi-Arabien

Man kann bereits jetzt eine Welt-Elf zusammenstellen: Édouard Mendy (Al-Ahli), Kalidou Koulibaly (Al-Hilal), Álvaro González (Al-Nassr), Christian Cueva (Al-Fateh), Rubén Neves (Al-Hilal), N'Golo Kanté (Al-Ittihad), Marcelo Brozovic (Al-Nassr), Jota (Al-Ittihad), Roberto Firmino (Al-Ahli), Cristiano Ronaldo (Al-Nassr), Karim Benzema (Al-Ittihad), Trainer: Steven Gerrard (Al-Ettifaq). Fast zwei Milliarden haben die Saudis bereits in neue Spieler investiert: in Ablöse, Handgeld, Gehalt, Boni ...

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Was mich erstaunt, ist die Gelassenheit, mit der wir das inzwischen zur Kenntnis nehmen. Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien ist höchst bedenklich. Dass sich die Scheichs mit dem Investment in den Sport ihr politisches Image weisswaschen, ist offensichtlich. Sport als PR-Vehikel funktioniert.

Im Dezember rieben wir uns beim Wechsel von Ronaldo in die Wüste noch ungläubig die Augen und empörten uns über die Geld-Summen. Jetzt zuckt nicht mal mehr das Lid bei den vielen Transfermeldungen. Offenbar ganz nach dem Motto: Man kann sich ja auch nicht endlos entrüsten; also weicht die Empörung irgendwann.

Absurde Summen in diversen Sportarten

Der Hintergrund der Saudi-Offensive im Sport ist die Strategie und Vision des Landes, ein gut vernetzter Big-Player in der Welt zu werden. Weil die Erdölreserven endlich sind, brauchts Diversifizierung der Wirtschaft weg vom Öl. Da gehören die Unterhaltungsindustrie und der Tourismus dazu, und um diese Bereiche zu entwickeln, ist der Sport zentral. Die Saudis geben deshalb nicht nur im Fussball absurde Summen aus, auch im Golf, Motorsport, Schach, Handball, bald im Tennis, sogar im Wintersport und im eSport, wo die Fifa-WM im Juli in Riad stattfindet.

Wohin der Profifussball sich entwickelt? Kann ich nicht abschätzen. Was ich aber weiss: Mit viel Geld kann man sich auch viel kaufen. Den Golfsport haben die Saudis schon gepostet, beim Fussball sind sie auf bestem Weg. Sie werden wohl 2034 die WM bekommen. 

Und sie werden versuchen, Anschluss an den europäischen Fussball zu knüpfen. Vielleicht in Form einer Super League, wo sich Top-Klubs aus Europa mit Top-Klubs aus Saudi-Arabien messen. Und sie werden sich weiter in europäische Teams einkaufen, vielleicht auch die Fifa übernehmen und ihren Einfluss und ihre Macht so auf die Spitze treiben.

Gigantische Sportevents stehen an

Doch zuvor gibts in Saudi-Arabien noch andere gigantische Sportevents: Beispielsweise im Dezember 2023 die Fussball-Klub-WM. 2027 die Fussball-Asienmeisterschaften und 2029 dann die asiatischen Winterspiele, wo man mit Kunstschnee eine Winteratmosphäre im Herzen der Wüste erschaffen will: Slalom mit Sicht aufs Rote Meer, Biathlon in der Bergwüste. Kann alles mit Geld möglich gemacht werden, falls es die Erde in gewohnter Form dann noch gibt.

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Zurück zu Éduard Mendy. Seinen Werdegang fand ich stets bemerkenswert. In jungen Jahren noch im tiefen französischen Amateurbereich tätig, zeitweise arbeitslos, schaffte er erst mit 24 den Sprung in den Profifussball, wo er vorübergehend zum Besten seines Fachs aufstieg.

Ich kann es ihm irgendwie nicht übel nehmen, dass er jetzt nochmal sein Geldsäckchen aufmacht und sich noch ein paar Jährchen so gut bezahlen lässt, dass er sich nach der Fussballkarriere ein schönes, sorgenfreies Leben machen kann. Wer weiss schon, wann diese irre Blase platzt.

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