Legende Krassimir Balakov
«Der Erfolg hat uns Bulgaren faul gemacht!»

Bulgariens Fussball-Legende Balakov (54) über die grossen Fehler im bulgarischen Fussball, die Schweizer Nati, Shaqiri und die chinesischen Investoren bei seinem Ex-Klub GC.
Publiziert: 24.03.2021 um 00:59 Uhr
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Aktualisiert: 25.03.2021 um 09:51 Uhr
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Krassimir Balakov ist zurzeit Manager von CSKA 1948: Beim bulgarischen Erstligisten trainiert er nur junge, bulgarische Spieler.
Foto: Keystone
Michael Wegmann

BLICK: Krassimir Balakov, wissen Sie, dass der bulgarische Skifahrer Albert Popov in der Schweiz bekannter ist als jeder aktuelle Fussballer Ihres Landes?
Krassimir Balakov:
Die Schweiz ist ja auch eine Ski-Nation (lacht). Nein, ernsthaft jetzt: Natürlich haben Sie recht. Bulgarien hat seit vielen Jahren keine herausragenden Spieler mehr hervorgebracht.

Weshalb ist das so? 1994 wurde man an der WM in Amerika sensationell Vierter.
Dieser vierte Platz war am Ende auch der Grund für den tiefen Fall. Man hat gedacht, dass es von selbst so weitergehen würde. Erfolg ist sehr, sehr gefährlich, er kann faul machen. Und das ist in Bulgarien passiert. Wir haben es verschlafen, ein gutes nationales Konzept auf die Beine zu stellen. Mehrere Generationen bulgarischer Fussballer mussten darunter leiden.

Hatte man 1994 nicht einfach auch Glück, dass man eine aussergewöhnliche Generation mit Balakov, Stoitchkov, Letchkov hatte?
Und mit vielen anderen mehr. Klar, war das ein Stück weit auch Glück. Aber wir hatten zuvor auch Perestroika. Das Land war im Wandel, Die Grenzen wurden geöffnet. Wir Nati-Spieler spielten damals quasi alle im Ausland. Wie die Schweizer heute.

Krassimir Balakov

Krassimir Balakov (54) war ein begnadeter Fussballer. 92mal lief er für die bulgarische Nationalmannschaft auf, dabei sorgte der Supertechniker mit Stoitchkov, Letchkov & Co. an der WM 1994 mit dem 4. Platz für die Sternstunde des bulgarischen Fussballs. Zwischen 1995 und 2003 war er genialer Spielmacher beim VfB Stuttgart und bildete zusammen mit Elber und Bobic das «magische Dreieck». Seit seinem Karriereende arbeitet er als Trainer, unter anderem sass er auch auf der Bank bei GC und dem FC St. Gallen. Aktuell ist er Manager bei CSKA 1948 in Bulgariens 1. Liga.

Krassimir Balakov (54) war ein begnadeter Fussballer. 92mal lief er für die bulgarische Nationalmannschaft auf, dabei sorgte der Supertechniker mit Stoitchkov, Letchkov & Co. an der WM 1994 mit dem 4. Platz für die Sternstunde des bulgarischen Fussballs. Zwischen 1995 und 2003 war er genialer Spielmacher beim VfB Stuttgart und bildete zusammen mit Elber und Bobic das «magische Dreieck». Seit seinem Karriereende arbeitet er als Trainer, unter anderem sass er auch auf der Bank bei GC und dem FC St. Gallen. Aktuell ist er Manager bei CSKA 1948 in Bulgariens 1. Liga.

Wobei ja nicht alle Schweizer in ihren Klubs wirklich zu viel Spielpraxis kommen.
Ach, kommen Sie! Shaqiri bestreitet mit Liverpool zwar nicht viele Ernstkämpfe, aber schon seine Trainingsspiele sind auf einem viel höheren Niveau, als es unsere Spieler in der bulgarischen Meisterschaft gewohnt sind. Zudem kommen die Schweizer, die in ihren Klubs weniger spielen, vielleicht viel hungriger in die Nati.

Tönt, als wären die Bulgaren am Donnerstag gegen die Schweiz chancenlos.
Auf dem Papier ist die Schweiz haushoher Favorit. Aber es läuft im Fussball nicht immer so, wie man glaubt. Juventus Turin ist gerade eben gegen Porto aus der Champions League ausgeschieden und hat in der Serie A gegen Benevento verloren. Das hätten Sie auch nicht so getippt, oder?

Dann sind Sie also optimistisch für den Quali-Auftakt gegen die Schweiz?
Ja. Man muss immer optimistisch sein, denn sonst erreicht man nie etwas. Auch wenn wir seit langer Zeit kaum Erfolg hatten. Aber von der U17 bis zur U20 sehe ich wieder mehr Qualität. Die Zukunft wird besser als die Gegenwart.

Aber nicht so gut wie die Vergangenheit.
Stimmt zu hundert Prozent.

Sie sind mittlerweile Manager bei CSKA 1948 in der obersten bulgarischen Liga. Wie läufts?
Wir liegen als Aufsteiger auf Rang sechs. Wenn man bedenkt, dass wir bei CSKA nur Bulgaren und vorwiegend junge Spieler im Kader haben, ist das doch ganz okay.

Hat man in Ihrem Klub etwas gegen Ausländer?
Nein, nein, überhaupt nicht. Das ist seit Jahren die Strategie des Klubbesitzers. So ist man von der vierten bis in die erste Liga aufgestiegen. Wir wollen damit unseren Teil zu einer rosigeren Zukunft des bulgarischen Fussballs beitragen und Junge ausbilden. Mir macht es Spass, aber es ist natürlich nicht so einfach. Die Anzahl bulgarischer Talente ist nicht so gross, und einige Klubs hier verfolgen eine ähnliche Strategie.

Aber Ludogorets Razgrad, der beste Klub des Landes, nicht wirklich.
Da haben Sie recht. Da spielen hauptsächlich Brasilianer, Holländer oder Afrikaner.

Vor Ihrem Engagement bei CSKA waren Sie für sechs Spiele auch Trainer der bulgarischen Nationalmannschaft.
Ja. Ich habe eine schwierige Zeit erwischt. Als ich übernommen habe, standen wir mitten in der EM-Qualifikation und hatten einige Verletzte. Wahrscheinlich hätte ich ablehnen sollen, als man mich angefragt hat. Aber ich konnte dem bulgarischen Verband doch nicht Nein sagen.

Haben Sie noch Kontakte in die Schweiz? Zwischen 2006 und 2008 waren Sie ja Trainer bei GC und St. Gallen.
Klar. Ich habe damals viele Freunde gewonnen in der Schweiz. Besuche habe ich aber schon lange keine mehr gemacht. Da ist erstens die grosse Distanz und zweitens das Virus. Aber ich erinnere mich gerne an die Schweiz zurück – es war eine tolle Zeit mit Höhen und Tiefen.

Und Rolf Fringer hören Sie noch ab und zu? Er war ja Ihr Trainer bei Stuttgart, als Sie mit Elber und Bobic das magische Dreieck bildeten.
Das war eine fantastische Zeit damals. Rolf war ein feiner Kerl, aber wir haben uns lange nicht mehr gehört. Sagen Sie ihm liebe Grüsse, wenn Sie ihn sehen.

Wissen Sie auch, dass GC in chinesischer Hand ist?
Das habe ich mitbekommen (lacht). Geld regiert leider die ganze Welt – nicht nur den Fussball.

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