Lazio-Legende Senad Lulic
Darum scheiterte der Wechsel zum FCZ

Am Samstag lief Lazio-Legende Senad Lulic (35) für seinen Jugendklub Chur 97 auf. Jetzt redet er über seine Zukunft, seinen gescheiterten Transfer zum FCZ und sein Leben in Chur.
Publiziert: 06.10.2021 um 10:06 Uhr
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Am Samstag gibt der langjährige Lazio-Captain Senad Lulic sein Comeback auf dem Fussballplatz.
Foto: EDDY RISCH
Michael Wegmann

In Rom hat Senad Lulic Sonderstatus! Der treue Capitano, der zehn Jahre für Lazio spielte, wird unvergessen bleiben. Nur schon wegen seines Siegtreffers 2013 im italienischen Cupfinal gegen Stadtrivale AS Roma. Aber Lulic, der 1998 als 12-Jähriger mit seiner Familie vom Balkankrieg flüchten musste und in Chur eine neue Heimat gefunden hat, will zurück in die Schweiz.

Im Sommer ist sein Wechsel zum FC Zürich quasi fix. Doch aus der Super-League-Rückkehr wird nichts. Lulic unterschreibt nicht und taucht für die Öffentlichkeit ab.

Bis letzten Samstag. Da gibt die Lazio-Legende ein überraschendes Comeback. Im Dress von Chur 97, seinem Jugendklub, gegen ehemalige Nati-Stars. Trotz 2:6-Pleite ist Lulic danach bestens gelaunt.

Senad Lulic, wann haben Sie sich entschieden, Ihre Karriere zu beenden?
Senad Lulic:
Noch habe ich mich nicht definitiv entschieden, wie es weitergeht. Ich bin im Moment in der Phase, in welcher ich mir überlege, was das Beste für meine Familie und für mich ist. Seit Ende Mai bin ich nun ohne Klub. Ich gebe mir noch ein wenig Zeit. Wer weiss? Falls ein interessantes Projekt kommen würde…

Sie wohnen mit Ihrer Familie wieder in Chur. Muss es ein Schweizer Projekt sein?
Es war immer das Ziel von meiner Frau und mir, irgendwann wieder in die Heimat zurückzukommen. Nun sind wir zurück in Chur, unsere Kinder gehen hier zur Schule, hier sind wir sesshaft. Würde sich etwas in der Schweiz ergeben, wäre das toll. Aber ein Engagement im Ausland schliesse ich nicht aus. Doch es müsste spannend und lukrativ sein. Es muss sich wirklich lohnen, denn ich geniesse die Zeit mit meiner Familie sehr.

Ihre Liebsten sind schon länger wieder in Chur.
Sie sind zwei Jahre vor mir zurückgekommen. Wir wollten die Kinder hier einschulen. Wir haben es nie bereut, die Kinder fühlen sich wohl. Meine Frau und ich sind von hier. Wir wissen, wie schön es ist, in Chur aufzuwachsen.

Sind Sie überhaupt noch fit genug?
Ja. Mit drei Kindern bleibst du fit, da bist du immer am «Secklen». Und ab und zu gehe ich auch Tennis spielen oder mache sonst was. Aber es ist nie dasselbe, wie wenn du in einem Team trainierst. Das war übrigens mein erster Match seit meinem Abschiedsspiel von Lazio gegen Sassuolo im Mai.

Sie haben austrainiert gewirkt.
Sagen wir es mal so: Es war ein angenehmer Gegner, um wieder einzusteigen.

Waren ehemalige Churer Team-Kollegen dabei?
Nein. Ich dürfte der Jüngste gewesen sein, wie Sie hoffentlich gemerkt haben. Aber ich kenne alle. Zwei, drei waren sogar ehemalige Junioren-Trainer von mir. Es war ein toller Event. Es war schön, mich mit Andy Egli, Gilbert Gress und anderen Schweizer Prominenten auszutauschen.

Der prominenteste von allen sind Sie. Konnten Sie sich eigentlich in Rom frei bewegen?
Bis zu meinem Tor im Cupfinal 2013 gegen die AS Rom ist das einigermassen gegangen. Danach war es unmöglich. Aber das gehört zu unserem Job. Hier in Chur ist es anders. Hier können wir in Ruhe auswärts essen. Hier bin ich der Senad, nicht der Derby-Torschütze Lulic. Das geniesse ich.

War Rom anstrengend?
Nein, Rom war toll. Wie gesagt, der Rummel gehört dazu. Wir haben viele Freunde in Rom – auch ausserhalb des Fussballs. Zwei unserer drei Kinder sind da auf die Welt gekommen. Wir haben gerne in Rom gelebt und gehen auch heute noch oft auf Besuch. Unsere Kinder sind dreisprachig aufgewachsen, bosnisch, italienisch und deutsch. Mittlerweile reden aber alle Bündner-Dialekt.

Im Sommer wären Sie beinahe beim FCZ gelandet. Laut Blick-Informationen war der Vertrag ja fast unterschrieben…
…fast unterschrieben ist übertrieben. Aber wir haben mehrere Gespräche geführt.

Und warum ist der Deal gescheitert?
Wenns nicht zur Unterschrift kommt, hat etwas nicht gepasst. Mehr will ich nicht sagen. Es ist, wie es ist. Ich bereue es nicht. Wie gesagt: Ich geniesse nun die Zeit mit meiner Familie und überlege mir, was für meine Zukunft das Beste ist.

Nach zehn Jahren bei Lazio müssen Sie wohl nicht mehr arbeiten. Trotzdem: Was würden Sie tun, wenns mit Fussballspielen vorbei ist?
Im Fussball habe ich so viele Leute kennengelernt und es gibt so viele verschiedene Funktionen im Fussball, die man ausüben kann. Irgendetwas werde ich sicher finden.

Sie könnten ja Trainer bei Chur 97 werden. Der EHC Chur hats vorgemacht: Da stehen die Ex-Nati-Stars Jan und Reto von Arx an der Bande.
In Chur bewegt sich etwas. Das ist toll. Ich schliesse nichts aus: Hier habe ich angefangen, es ist ein schöner Platz.

Noch ein Wort zu Vladimir Petkovic. Er war Ihr Trainer bei Bellinzona, bei YB und bei Lazio Rom. Stehen Sie noch in Kontakt?
Mit Vlado habe ich immer Kontakt, auch wenn wir in den letzten Jahren nicht mehr zusammen gearbeitet haben.

In Frankreich läufts ihm noch nicht nach Wunsch. Mit Bordeaux liegt er im Tabellenkeller. Packt er es noch?
Ja. Um ihn mache ich mir keine Sorgen. Er braucht Zeit, wie jeder andere Trainer. Und ich hoffe, dass er sie bekommt. Denn auch Vlado wird, wie alle Trainer, an seinen Resultaten gemessen.

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