Vladimir Petkovic (57) streckt im Römer Olimpico die Arme Richtung Himmel. Auf seinem linken Unterarm, geschützt durch einen dicken Handschuh, sitzt ein lebendiger Adler, das Wappentier von Lazio Rom. «Le Aquile», die Adler, werden die «Biancocelesti» (Weiss-Himmelblauen) in Italien auch genannt. Neben dem damaligen Lazio-Trainer Petkovic vergiesst ein rundlicher Fan Freudentränen. Auf dessen Leibchen steht: «La coppa e nostra». Der Pokal gehört uns.
Das Bild ist acht Jahre alt. Es zeigt Nati-Coach Vladimir Petkovic bei seinem einzigen Triumph als Klubtrainer. Am 26. Mai 2013 gewinnt er mit Lazio Rom im Römer Stadion die Coppa Italia. Ausgerechnet im Derby della Capitale (Hauptstadt-Derby) gegen die verhasste AS Roma. Der 1:0-Siegtorschütze ist Senad Lulic, aufgewachsen in Schluein GR, Weggefährte von Petkovic bei der AC Bellinzona und YB.
«Ein schönes Gefühl, wieder hier zu sein»
Der Cupsieg bewahrt Petkovic damals in Rom vor der Entlassung. Jetzt ist er zurück. In seinem ehemaligen Wohnzimmer. Mit der Nati kämpft er heute im Olimpico im zweiten EM-Gruppenspiel gegen den turmhohen Favoriten Italien. «Es ist sicher ein schönes Gefühl, hier zu sein», sagt Petkovic am Abend vor dem Spiel, «ich bin nach acht Jahren zum ersten Mal wieder hier. Ich erinnere mich, den grössten Erfolg in der damaligen Ära von Lazio erreicht zu haben.»
Als er später auf die gebleichten Haare seiner Spieler Granit Xhaka und Manuel Akanji angesprochen wird, hat Petkovic vor den Medien gar noch einen Spruch auf Lager: «Ich wollte euch eigentlich überraschen und meine Haare schwarz färben. Wie zu meiner Zeit in Rom.» Die ersten grauen Haare wachsen Petkovic in Rom schon bald. Als ein halbes Jahr nach dem Cup-Triumph auskommt, dass er mit dem SFV über ein Angebot als Nachfolger von Ottmar Hitzfeld verhandelt, wird Petkovic am 30. Dezember 2013 von Lazio-Boss Claudio Lotito entlassen.
«Wir werden versuchen, unser Spiel zu machen»
Vorbei und vergessen. In der Zwischenzeit qualifiziert sich Petkovic mit der Nati für die EM 2016, die WM 2018 und für das laufende Turnier. Zur Erinnerung: An der WM in Russland fehlten die Italiener. Petkovic gestern: «Italien ist der grosse Favorit. Nicht nur für das Spiel vom Mittwoch, sie sind auch Favorit unserer Gruppe – und auch für das ganze Turnier. Wir werden trotzdem versuchen, unser Spiel zu machen. Wir haben vor jedem Gegner Respekt, aber nicht zu viel. Italien hat im ersten Spiel gegen die Türkei zu 80, 90 Prozent dominiert, voller Enthusiasmus. Wir müssen diesen Enthusiasmus bremsen. Wir haben gezeigt, dass wir gegen grosse Gegner punkten können.»