Wäre Marco Burch beim FCL geblieben, er hätte das Potenzial zur absoluten Identifikationsfigur gehabt. Mit elf Jahren wechselt der Obwaldner vom FC Alpnach zum grossen FCL, mit 22 wird er Captain, insgesamt steht der 23-Jährige in 106 Pflichtspielen für die Innerschweizer auf dem Platz.
Seit Sommer aber steht Burch bei Legia Warschau unter Vertrag. Ein Wechsel, der nicht unbedingt nach Fortschritt riecht. In der Fünfjahreswertung der Uefa liegt die polnische «Ekstraklasa» bloss auf dem 20. Platz. Acht Ränge hinter der Schweiz. Für Burch aber macht der Schritt trotzdem Sinn: «Viele Leute haben den Wechsel nicht verstanden, aber Legia ist der grösste Verein in Polen, wir spielen international und um den Meistertitel.» Die Infrastruktur beim Rekordmeister sei top, der Fussball körperbetonter als in der Schweiz. Allgemein sei die polnische Liga nicht schlechter als die Super League. Im Gegenteil.
Sieht auch FCB-Ehrenpräsident Bernhard Heusler so. Der nahm nach seinem Abgang in Basel ein Mandat bei Legia Warschau an, stand dem polnischen Rekordmeister drei Jahre lang beratend zur Seite, hat heute noch Kontakt mit Klub-Boss Dariusz Mioduski.
Polen hat den besseren TV-Vertrag
Für die Annahme, dass die polnische Liga für einen Spieler wie Marco Burch kein Fortschritt sei, hat Heusler kein Verständnis. «Der Nährboden jedes Vorurteils ist, sich nicht mit der Sache auseinanderzusetzen.» Die polnische Liga habe einen besseren TV-Vertrag als die Super League, werde professionell vermarktet, so Heusler. Und Legia sei ein grosser Verein mit einer enormen Bedeutung und Tradition. Als man 2019 das Double gewonnen habe, sei halb Warschau auf den Beinen gewesen. «Das war eindrücklich, die ganzen Emotionen mitzuerleben.» Knapp 25'000 Zuschauer kommen im Schnitt an die Legia-Spiele, insgesamt sieben Mannschaften haben fünfstellige Zuschauerzahlen. Zu den Spielen von FKS Stal Miele, dem publikumsärmsten Klub, sind jeweils 5532 Fans vor Ort. Und nicht 2600 wie auf er Pontaise bei Spielen von Stade Lausanne-Ouchy.
Dass die Anhänger von Legia Warschau Emotionen nicht selten mit Gewalt verwechseln, ist kein Geheimnis. Erst vor zwei Wochen gabs beim Auswärtsspiel gegen Aston Villa in der Confernce League massive Ausschreitungen. Burch war in Birmingham mit dabei, mitbekommen aber hat er nicht viel. Dass die Legia-Fans aber «sehr heissblütig» sind, sei kein Geheimnis, so der Obwaldner.
Grund, ihn auszupfeifen haben die Fans derzeit nicht. Weil Burch bloss Ersatz ist. Was unter anderem daran liegt, dass er die Saison beim FCL begonnen hat und erst zum siebten Spieltag in Warschau gelandet ist. Sorgen macht sich Burch deswegen keine: «Das Projekt bei Legia ist langfristig angelegt, man hat einen Plan mit mir. Man braucht immer Zeit, um sich anzupassen.»
Bis 2026 hat Burch unterschrieben. Dass er irgendwann wieder zu seinem FCL zurückkehren will, ist trotzdem klar: «Das ist mein Herzensverein.»