Vier Punkte aus 13 Spielen, 29 sieglose Partien in Serie und ein Klub, der sich meilenweit von seinen eigenen Werten entfernt hat. Nun kommt Christian Gross als neuer Trainer, der Schalke 04 als Feuerwehrmann vor dem Abstieg retten soll. Eine Aufgabe, die schwieriger nicht sein könnte. BLICK fragte zwei absolute Experten, wenns um die Knappen geht, was da auf den Zürcher zukommen wird. «BILD»-Chefreporter Peter Wenzel: «Es wird von Christian Gross nicht weniger als ein Wunder erhofft.» Sky-Reporter Dirk Schlarmann haut noch einen drauf und spricht von einer Aufgabe die einem «Himmelfahrtskommando» gleich kommt. Noch nie hat sich eine Mannschaft in der Bundesliga retten können, die nach 13 Spielen nur vier Punkte hatte.
Falsche Entscheidungen
Was Christian Gross in Gelsenkirchen vorfinden wird, ist ein Klub, dessen Vorstand sportliche und wirtschaftliches Missmanagement vorgeworfen wird. Allen voran Jochen Schneider, «der höchst umstrittene Sportvorstand bei Schalke, der mit seinen letzten Entscheidungen sportlich extrem daneben lag», sagt Sky-Reporter Schlarmann. Obwohl Gross’ Vor-vor-Vorgänger David Wagner – Sie lesen richtig, Schalke hat in vier Monaten drei Trainer verbrannt – in der vergangenen Saison 16 Spiele nicht gewinnen konnte, setzt Schneider zu Beginn dieser Saison weiter auf den 49-Jährigen. Ein Fehler, welcher er dann mit dem Engagement von Manuel Baum gutmachen wollte. Viele Schalker-Insider hätten befürchtet, dass «Manuel Baum für diese komplizierte Kabine, also eine Mannschaft, die nicht unbedingt als pflegeleicht gilt, nicht der richtige Trainer-Typ sei», erklärt Wenzel.
Egomane und Egozentriker
Damit wären wir bei der Hauptaufgabe von Christian Gross: eine Mannschaft, die mental tot ist, wieder aufzubauen, ihnen das Selbstbewusstsein wieder zu geben. «Sie glauben gar nicht mehr daran, dass sie es noch können», sagt Schlarmann. Gross muss also aus diesem Haufen Elend wieder eine Einheit formen. Dies aus einer Mannschaft «ohne Wir-Gefühl, sondern mit vielen Egomanen und Egozentrikern», erklärt Schlarmann weiter. «Das war nie eine Mannschaft, die füreinander gelaufen ist. Es fehlt die Mentalität».
Bundesliga: Schalke ist auf Kohle geboren
Doch Gross muss nicht nur mental ganze Arbeit leisten, er muss die Mannschaft auch dringend neu zusammenstellen. Denn, so der Sky-Experte, «wenn sie nicht zwei Raketen holen, dann hat er hier keine Chance».
Wieso soll ausgerechnet Gross diese Misere beenden können? Wie stehts um die Skepsis im Ruhrgebiet? Und wie stehen Gross’ Chancen wirklich?
Peter Wenzel über Schneiders Beweggründe, Gross zu engagieren:
«Jochen Schneider hält Christian Gross für einen Anti-Abstiegs-Experten. Weil er eine grosse Führungspersönlichkeit, eine Autorität in der Kabine und – wenn nötig – ein extrem harter Hund sei. Schneider hat sich für einen Feuerwehrmann entschieden, den er kennt und erfolgreich in Erinnerung hat.»
Dirk Schlarmann über Vorbehalte gegen Gross:
«Ich weiss, dass die Vorbehalte gegen Gross, vor allem im Schalker Umfeld was die Fans und Ehemalige angeht, riesengross sind. Die sagen alle: Was wollen die mit dem? Seit acht Jahren war er nicht mehr im europäischen Fussball unterwegs. Seine letzten Stationen waren Saudi-Arabien und Ägypten und das nicht mal eben, sondern über einen Zeitraum von fünfeinhalb Jahren. Da denken sich alle, der hat mit dem europäischen Fussball, geschweige denn mit unserem Verein gar nichts mehr zu tun. Der wird wahrscheinlich antiquiert sein. Also die Vorbehalte auf seine Vergangenheit sind riesig.»
Dirk Schlarmann über Gross’ Empfang in Gelsenkirchen:
«Christian Gross wird hier keine Probleme haben. Einerseits hat er den Vorteil von Corona und andererseits, dass die Schalker Fans vor allem den Vorstand, allen voran Jochen Schneider, kritisieren. Nur Schneider wird auch der Move mit Christian Gross vorgeworfen. Gross kriegt die Kritik also indirekt mit. Die Frage ist eher, wie wird er in der Mannschaft ankommen.»
Peter Wenzel über Gross’ Chancen:
«Wenn im ersten Spiel am 2. Januar gegen Hertha die Leistung und vor allem das Ergebnis stimmen, dann glaube ich, dass sich vielleicht etwas entwickeln kann. Die Mannschaft ist besser als vier Punkte und besser als die Abstiegskonkurrenten Mainz und Bielefeld. Relegationsplatz 16 kann Schalke sicherlich erreichen. Es hängt nun aber vieles vom Start ab und davon, ob Christian Gross die Kabine gewinnen und die Köpfe frei kriegen kann.»
Negativrekord egalisieren
Sollte Gross nur zwei weitere Spiele nicht siegen, geht er als der Trainer in die Geschichtsbücher ein, der mit Schalke die historische Niederlagenserie von Tasmania Berlin egalisieren konnte. Dem Mann aus Zürich Höngg bleibt also wirklich nichts anderes übrig als nach knapp einem Jahr endlich wieder drei Punkte mit Blau-Weiss abzustauben. Ist das geschafft, gehts für den Feuerwehrmann umgehend mit der nächsten Löschaktion weiter: den vierten Abstieg von Blau-Weiss zu verhindern.
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
---|---|---|---|---|---|
1 | Bayern München | 14 | 30 | 33 | |
2 | Bayer Leverkusen | 14 | 12 | 29 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 14 | 14 | 27 | |
4 | RB Leipzig | 14 | 8 | 27 | |
5 | SC Freiburg | 14 | 1 | 24 | |
6 | VfB Stuttgart | 14 | 5 | 23 | |
7 | FSV Mainz | 14 | 6 | 22 | |
8 | Borussia Dortmund | 14 | 4 | 22 | |
9 | Werder Bremen | 14 | -2 | 22 | |
10 | VfL Wolfsburg | 14 | 6 | 21 | |
11 | Borussia Mönchengladbach | 14 | 4 | 21 | |
12 | Union Berlin | 14 | -2 | 17 | |
13 | FC Augsburg | 14 | -11 | 16 | |
14 | TSG Hoffenheim | 14 | -7 | 14 | |
15 | FC St. Pauli | 14 | -8 | 11 | |
16 | 1. FC Heidenheim 1846 | 14 | -13 | 10 | |
17 | Holstein Kiel | 14 | -23 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 14 | -24 | 3 |