Von Fans verhasstes System Red Bull
Warum Klopp für neuen Job derart hart kritisiert wird

Jürgen Klopp ist zurück im Fussballgeschäft und plötzlich umstritten. Der Kult-Trainer heuert ab 2025 bei Red Bull an – und wird gar als «einer der letzten Sargnägel des Fussballs» bezeichnet. Doch warum wird Klopps neuer Arbeitgeber von Fans so abgelehnt?
Publiziert: 11.10.2024 um 00:50 Uhr
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Aktualisiert: 11.10.2024 um 07:16 Uhr
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Nach zwei Meistertiteln und einem Pokalsieg lag ganz Dortmund Jürgen Klopp zu Füssen.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Jürgen Klopp kriegt für seinen Wechsel ins Red-Bull-System viel Kritik
  • Leipzig oder Salzburg werden nur als fussballspielende Marketingabteilungen gesehen
  • Nur 23 von 1100 RB Leipzig-Mitgliedern sind stimmberechtigt
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Nicolas HorniSportredaktor

Mit den Worten «I’m running out of energy» verkündete Jürgen Klopp Anfang Jahr seinen Abschied aus England. Nach dem emotionalen Tschüss von der Anfield Road Ende Mai verriet der Kult-Trainer im Sommer, dass er für das kommende Jahr eine Pause einlegt. Eine, die nun doch etwas kürzer wird als gedacht. Denn Klopp heuert ab Anfang 2025 bei Red Bull an, wird dort «Global Head of Soccer». Etwas, was ihm viele Fussballfans wohl nie zugetraut hätten. 

Denn Klopp galt sowohl in Liverpool als auch in Dortmund oder Mainz als greifbar, als einer, der nicht für den vom Geld verkommenen Fussball stand – obwohl er dem TV-Publikum in unzähligen Werbespots entgegen grinste und wohl auch bei seinen Trainerstationen ordentlich absahnte.

Alles nur Inszenierung? So sehen das zumindest Teile der öffentlichen Meinung. Klopp habe sich und seine Seele verkauft, heisst es da. Denn die Red-Bull-Abteilungen in Salzburg oder Leipzig gelten in Fan-Kreisen als «Totengräber des Fussballs», werden mit Leidenschaft abgelehnt. Doch warum eigentlich?

Alles geändert, viel Geld ausgegeben

2005 steigt der österreichische Konzern in den Fussball ein, übernimmt den in finanzielle Schieflage geratenen Traditionsklub Austria Salzburg. Man ändert den Namen und die Klubfarben und so gut wie alles andere, was auf die alte Austria hindeutet. Vier Jahre drauf landet Red Bull auch in Deutschland. Statt mit einem neu gegründeten Klub in den Tiefen des deutschen Fussballs zu starten, kauft man dem Leipziger Vorortsklub SSV Markranstädt das Startrecht ab. So gut wie alle ehemaligen Mitglieder des Dorfklubs werden aussortiert, auch hier gibts neue Klubfarben, neues Logo, neuer Name.

Es folgt eine sportliche Erfolgsgeschichte, die ihresgleichen sucht. Nur gerade sieben Jahre nach der Gründung schafft Leipzig – mit dem Schweizer Goalie Fabio Coltorti – den Aufstieg in die 1. Bundesliga.

100 Millionen Schulden erlassen

Doch genau dies wird kritisiert. «Leipzig hat keinen Deut mehr Geld als andere Bundesliga-Vereine», sagte Jürgen Klopp in einem Interview im Sommer 2022 zwar. Die Aussage ist so jedoch falsch. Denn Red Bull schiebt viel Geld in den Klub. Von der Oberliga, wo Leipzig startet, bis zur 2. Bundesliga beträgt das Budget das Mehrfache der Konkurrenten. Auch im Oberhaus des deutschen Fussballs erhält Rasenball – wie der Klub regelbedingt heisst – ordentlich Unterstützung vom Konzern. Im Frühling 2020, just dann, als unzählige Fussballklubs coronabedingt ums Überleben kämpfen, erlässt der Konzern dem Klub 100 Millionen Schulden. 

Klopp-Deal soll schon 2022 eingefädelt worden sein

Jürgen Klopps umstrittenes Engagement bei Red Bull soll schon länger beschlossene Sache sein. Dem «Münchner Merkur» zufolge soll der mittlerweile verstorbene Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz den Deal im September 2022 eingefädelt haben, weshalb Klopp im Sommer auch alle Angebote ablehnte.

Am Mittwoch wurde zudem berichtet, dass Klopp eine Ausstiegsklausel habe, die er nützen könnte, sollte der Job als Bundestrainer frei werden. Dem «Kicker» zufolge stimmt dies nicht; Klopp habe einen Vertrag bis Ende 2029 – ohne eine Ausstiegsklausel.

Jürgen Klopps umstrittenes Engagement bei Red Bull soll schon länger beschlossene Sache sein. Dem «Münchner Merkur» zufolge soll der mittlerweile verstorbene Red-Bull-Chef Dietrich Mateschitz den Deal im September 2022 eingefädelt haben, weshalb Klopp im Sommer auch alle Angebote ablehnte.

Am Mittwoch wurde zudem berichtet, dass Klopp eine Ausstiegsklausel habe, die er nützen könnte, sollte der Job als Bundestrainer frei werden. Dem «Kicker» zufolge stimmt dies nicht; Klopp habe einen Vertrag bis Ende 2029 – ohne eine Ausstiegsklausel.

Auch in Sachen Spieler spannt man konzernintern zusammen. Zwischen Salzburg und Leipzig gibts einen regen Austausch, gleich 27 Spieler wechselten seit 2012 von Salzburg nach Leipzig oder umgekehrt. So etwa Spieler wie die teils europaweit begehrten Dayot Upamecano (Bayern), Naby Keita (Werder Bremen), Dominik Szoboszlai (Liverpool) oder Benjamin Sesko (Leipzig).

Kaum stimmberechtigte Fans

Trotz aller Kritik aus der Welt der Traditionsliebhaber findet Red Bull gerade in Leipzig grossen Anklang. Offiziell über 45’000 Fans waren in den letzten beiden Bundesligasaisons im Schnitt in der Red Bull Arena zugegen. Den Fans wird geboten, was versprochen wird. 2022 und 2023 gewinnt RB den deutschen Pokal, ist mittlerweile regelmässig in der Champions League vertreten.

Die Freude über erfolgreichen Fussball nach Jahrzehnten der chronisch erfolglosen Stadtrivalen Lok und Chemie ist gross. Auch, weil viele RB-Fans behaupten, dass Teams wie Bayern München (jahrelanges Katar-Engagement) oder Borussia Dortmund (seit Sommer Rheinmetall) mit ihren Sponsoren keinen Deut besser seien.

Auch Schweizer Fans wollten Red Bull nicht

Auch in der Schweiz gab einst Gerüchte über einen möglichen Einstieg des Energy-Drink-Konzerns. Zuerst über einen bei YB, später ging es um einen beim FC St. Gallen. Auch wenn sich diese Gerüchte nie bewahrheiteten, wehrten sich die Fanszenen der Klubs schon gegen den Konzern. Auslöser waren geplante Testspiele. Mit dem Slogan «Öb Pflicht- oder Teschtspiu, ke Fuessbau mit Red Bull!», protestierte die YB-Fanszene im Frühling 2016 dagegen. Ende 2023 wehrte sich auch der St. Galler Espenblock gegen ein Testspiel. «Kei Fuessball mit Red Bull» war auf mehreren Bannern in der Stadt zu lesen.

Auch in der Schweiz gab einst Gerüchte über einen möglichen Einstieg des Energy-Drink-Konzerns. Zuerst über einen bei YB, später ging es um einen beim FC St. Gallen. Auch wenn sich diese Gerüchte nie bewahrheiteten, wehrten sich die Fanszenen der Klubs schon gegen den Konzern. Auslöser waren geplante Testspiele. Mit dem Slogan «Öb Pflicht- oder Teschtspiu, ke Fuessbau mit Red Bull!», protestierte die YB-Fanszene im Frühling 2016 dagegen. Ende 2023 wehrte sich auch der St. Galler Espenblock gegen ein Testspiel. «Kei Fuessball mit Red Bull» war auf mehreren Bannern in der Stadt zu lesen.

Nur: Sowohl beim BVB als auch bei den Bayern steht das Sportliche im Vordergrund. Leipzig oder Salzburg seien hingegen nur fussballspielende Marketingabteilungen von Red Bull, sagen Kritiker. Klar ist: Während bei anderen deutschen Klubs die demokratische Kultur im Vordergrund steht, sind bei RB Leipzig von rund 1100 Mitgliedern nur gerade deren 23 stimmberechtigt. Wer diese sind, ist nicht bekannt. Deutschen Medien zufolge sollen dies entweder Angestellte des Red-Bull-Konzerns oder sonst dem Konzern nützliche Personen sein, die abstimmen dürfen.

Leipziger Jugendarbeit (noch) nutzlos

Befürworter und Fans des Red-Bull-Engagements führen immer wieder an, dass Red Bull dafür in Sachen Jugendarbeit neue Wege gehe. Die Spieler bekämen eine Top-Ausbildung, schaffen es so in die Top-Klubs Europas. Ein Blick auf die Zahlen zeigt: In Salzburg ist die Jugendarbeit erfolgreich, in Leipzig hingegen nicht. Kein einziger in Leipzig ausgebildete Spieler wurde in dieser Saison bisher eingesetzt. Auch sonst trug die Jugendarbeit nur wenige Früchte. Ex-FCSGler Ermedin Demirovic ist bis heute der bekannteste Spieler aus der Leipziger Jugendabteilung – und dieser schaffte es gar nie ins Fanionteam der Bullen.

Ein offensichtliches Problem, bei dem Jürgen Klopp nun den Hebel ansetzen soll – in den Augen vieler Traditionsliebhaber stürzt jedoch gleichzeitig das schöne Image ein, das er sich mit seiner Arbeit und vor allem mit seiner Art über Jahre aufgebaut hat.

Bundesliga
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Bayern München
Bayern München
15
34
36
2
Bayer Leverkusen
Bayer Leverkusen
15
16
32
3
Eintracht Frankfurt
Eintracht Frankfurt
15
12
27
4
RB Leipzig
RB Leipzig
15
4
27
5
FSV Mainz
FSV Mainz
15
8
25
6
Werder Bremen
Werder Bremen
15
1
25
7
Borussia Mönchengladbach
Borussia Mönchengladbach
15
5
24
8
SC Freiburg
SC Freiburg
15
-3
24
9
VfB Stuttgart
VfB Stuttgart
15
4
23
10
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund
14
4
22
11
VfL Wolfsburg
VfL Wolfsburg
14
6
21
12
Union Berlin
Union Berlin
15
-5
17
13
FC Augsburg
FC Augsburg
15
-15
16
14
FC St. Pauli
FC St. Pauli
15
-7
14
15
TSG Hoffenheim
TSG Hoffenheim
15
-8
14
16
1. FC Heidenheim 1846
1. FC Heidenheim 1846
14
-13
10
17
Holstein Kiel
Holstein Kiel
15
-19
8
18
VfL Bochum
VfL Bochum
14
-24
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