Schalke lebt!
Gross stopft Klugscheiss-Kritikern das Maul

Matthew Hoppe kannte kein Mensch, Ralf Fährmann und Amine Harit standen im Kreuzfeuer – nun beleben sie Schalke wieder. Die königsblaue Hoffnung lebt, dass Christian Gross den Klub rettet.
Publiziert: 10.01.2021 um 10:11 Uhr
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Aktualisiert: 10.01.2021 um 19:06 Uhr
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Erlösung pur! Matthew Hoppe und Schalke jubeln endlich wieder.
Foto: Ulrich Hufnagel / Hufnagel PR / POOL
Michael Schifferle

Sechs Tage und ein 0:3 bei der neureichen Hertha genügten, um gnadenlos über Christian Gross zu richten. Ein berühmter Journalist behauptete abschätzig, Gross sei «beängstigend aus der Zeit gefallen». Und die Ex-Profis Lothar Matthäus, Sandro Wagner oder Stefan Effenberg lästerten: Gross kenne die Bundesliga nicht, wisse nichts über Schalke – und schlecht kommunizieren, das tue er auch. Als hätten sie den sechsfachen Schweizer Meistertrainer täglich erlebt, und als wären sie selbst geachtete Fussball-Lehrer. Wagner, immerhin, kann es noch werden. «Loddar» und «Effe» sind längst als Gescheiterte gestempelt.

Vorerst aber dürften sie schweigen. Schalke feiert mit einem 4:0 gegen Hoffenheim die sportliche Auferstehung. Der erste Bundesliga-Sieg seit dem 17. Januar 2020 und einem 2:0 gegen Gladbach lässt das Damoklesschwert Tasmania über den Schalker Köpfen verschwinden. Die Berliner bleiben mit 31 sieglosen Spielen das schlechteste Team der Bundesliga-Geschichte.

«Fährmann war unser Felsen»

Die erste Halbzeit liefert noch nicht viele Hinweise, dass die Schalker 4:0 gewinnen werden. Nach gutem Beginn ist Hoffenheim besser – königsblauer Kampfeslust zum Trotz. Ralf Fährmann hält Schalke mit drei, vier herausragenden Paraden im Spiel. Für dessen Nomination wurde Gross im übrigen vielerorts kritisiert. Nach dem Spiel sagt er: «Wir mussten uns in der ersten Halbzeit auf Ralf Fährmann verlassen, er war unser Felsen.»

Fährmann ist jedoch nur ein Name, mit dem die Schalker Wiedergeburt verbunden ist. Die anderen sind: Matthew Hoppe, Amine Harit, Sead Kolasinac.

Hoppe? 19-jährig ist er, in Kalifornien geboren, seit 2019 auf Schalke und offenkundig der nächste Hochbegabte aus der Knappenschmiede. Drei Tore erzielt er verblüffend abgebrüht. Erstaunlich: In der viertklassigen Regionalliga West traf er in 16 Spielen bloss einmal. Beim 1:0 lupft er die Vorlage von Harit locker-leicht ins Tor. Unverschämt gut. «Mit dem 1:0 hat die Mannschaft Vertrauen gefasst», sagt Gross.

Amine Harits Begabung hingegen war altbekannt. Als die Schalker im Herbst 2019 bis punktgleich mit Dortmund auf den internationalen Plätzen standen, hatte das auch mit seiner Klasse zu tun. Gleichwohl wurde der 23-Jährige zum Sinnbild des Schalker Absturzes. Hochmütig, undiszipliniert, desinteressiert am FC Schalke und dessen Fans – diese Attribute kursierten. Das gestrige Spiel bestätigt jedoch: Ohne Harit, der als einer der wenigen Raffinesse ins Team bringt, dürfte die Schalker Rettung schwerlich gelingen. Drei Tore legt er auf, das vierte erzielt er mit trockenem Innenrist-Schuss. Er hält Bälle, gewinnt Dribblings, provoziert Freistösse.

Kolasinac gleich bereit

Es scheint, als treffe Gross im Umgang mit dem Marokkaner den Ton. Der mehrsprachige Trainer spricht fliessend Französisch. Seine Vorgänger David Wagner und Manuel Baum tun dies nicht.

Hinter Harit verteidigt Sead Kolasinac (27), der mit seiner Leih-Rückkehr die königsblaue Sehnsucht nach Persönlichkeiten mit angeblicher Malocher-Mentalität stillt. Er debütiert als Linksverteidiger, ist gar Captain und spielt erstaunlich gut – zumal er für Arsenal diese Saison ein einziges Liga-Spiel bestritt.

Gross sagt: «Vieles ist heute zu unseren Gunsten gelaufen, dessen bin ich mir bewusst. Ich möchte die schönen Momente in diesem Spiel aber auch nicht schmälern.»

Von denen gabs so viele wie nie mehr seit dem Januar 2020.

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