«Klar ist der, der nicht spielt, enttäuscht»
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Hitz über BVB-Konkurrent Bürki:«Klar ist der, der nicht spielt, enttäuscht»

Marwin Hitz: Vom Grümpelturnier in den Champions-League-Viertelfinal
«Ich überlegte, mit Fussball aufzuhören»

Mit 33 Jahren ist Marwin Hitz Stammgoalie bei Borussia Dortmund geworden. Hier spricht er über den Konkurrenzkampf mit Roman Bürki, eine Rückkehr zum FC St. Gallen und wie er fast mit Fussball aufhörte.
Publiziert: 05.04.2021 um 01:01 Uhr
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Aktualisiert: 06.04.2021 um 08:57 Uhr
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Glücklicher BVB-Goalie: Marwin Hitz ist mit seiner Frau Patricia zum dritten Mal Papa geworden.
Foto: Zvg
Interview: Andreas Böni

Marwin, Sie müssen ein glücklicher Mann sein. Gerade zum dritten Mal Papa geworden, Vertrag bei Dortmund verlängert und plötzlich die Nummer 1 im Tor beim grossen BVB.
Marwin Hitz: Ich kann mich wirklich nicht beklagen. Ich bin privat sehr glücklich, weil es nichts Schöneres als eine Familie gibt. Und sportlich ist es aktuell das Ergebnis davon, dass ich mich jahrelang nie habe unterkriegen lassen.

Viele verstanden 2018 nicht, dass Sie als Bundesliga-Stammgoalie in Augsburg auf die Ersatzbank von Dortmund wechselten. Warum haben Sie es getan?
Ich bekam tatsächlich gemischte Rückmeldungen damals. Ich wusste, dass es top enden oder total in die Hosen gehen kann. Aber ich wollte immer irgendwann in meiner Karriere Stammgoalie bei einem Topklub werden. Und ich war ein bisschen später dran als die anderen, weil ich erst mit 25 mein erstes Bundesliga-Spiel gemacht habe.

Sie haben Roman Bürki verdrängt. Wie ist Ihr Verhältnis?
Sehr gut, da passt kein Blatt dazwischen. Klar ist der eine Goalie, der nicht spielt, darüber nicht glücklich. Das war ich auch nicht, wenn ich nach ein paar Partien mal wieder den Kasten räumen musste. Aber wir sind menschlich wirklich eng, bereden auch Privates und fühlen uns in den anderen hinein.

Ist er im Moment angefressen?
Das müssten Sie ihn selbst fragen (lacht). Aber ich erlebe ihn eigentlich nicht anders als sonst, vor allem in der täglichen Arbeit. Wir trainieren gut und pushen uns gegenseitig.

Wie kommen Sie mit dieser Goalie-Rolle, dass einer draussen sitzt, klar?
Als Feldspieler wirst du halt mal mit einem 30-Minuten-Einsatz belohnt, wenn du gut trainierst. Als Goalie weisst du oft schon vor dem ersten Vorbereitungstag, ob du die Nummer 1 oder 2 bist. Danach kannst du eigentlich trainieren, wie du willst. So ist es jedenfalls oft im Fussball. Deshalb begrüsse ich die Ansage bei Dortmund, wonach es über die Leistung und die aktuelle Form gehen soll, wer letztlich spielt. Jeder kann sich jeden Tag anbieten.

Es gibt x Spekulationen, dass Dortmund im Sommer einen neuen Torwart holt. Wie gehen Sie damit um?
Es ist doch schön, wenn sich viele Goalies melden, dass sie gerne für Borussia Dortmund spielen würden. Das ist ein Zeichen, dass ich im richtigen Verein bin. Ich muss meine Leistung bringen, dann kann ich es steuern, im Tor zu bleiben.

Sie haben im thurgauischen Freidorf ein Haus gebaut und werden 34. Viele rechneten vor Ihrer Vertragsverlängerung mit einer Rückkehr zum FC St. Gallen, wo Sie nur im Nachwuchs spielten.
Ja, das Haus ist fertig. Und ja, es wäre schon speziell, noch in der Schweiz zu spielen. Erst einmal habe ich jetzt noch zwei Jahre Vertrag bei Dortmund, danach muss und soll noch nicht Schluss sein für mich. Und: Ich habe ja noch kein einziges Super-League-Spiel gemacht.

Sie standen früher als Fan in der Kurve im Espenmoos.
Das stimmt. Wie gesagt, wenn alles so kommt, wie ich es mir heute ausmale, würde ich gern noch in der Schweiz spielen. Es wäre sicher schön, in meiner Heimat wohnen und spielen zu können. Für mich und für die Familie.

Stimmt es, dass Sie mit neun bei einem Grümpelturnier entdeckt wurden?
Das stimmt, das war 1996 im sanktgallischen Berg. Ein Juniorentrainer sah mich und sprach meine Eltern an. Ich durfte bei St. Gallen ins Probetraining und durchlief die Juniorenstufen.

In der Schweiz wurden Sie lange verkannt, waren Ersatzgoalie bei Yverdon und auch bei Winterthur. In Yverdon mussten Sie 2. Liga Interregional spielen. Gegen Gegenspieler, «die Bäuche vor sich hertrugen», sagten Sie einst.
Es war eine harte Zeit. Zumal ich auch im Französisch wirklich schlecht war und ich mich allein fühlte. Aber es war auch eine Lehre. Und ich bin froh, dass ich im Fussball geblieben bin.

Waren Sie kurz davor, etwas anderes zu machen?
Klar überlegte ich mir aufzuhören. Weil ich immer schuftete, im Fussball auf vieles verzichtete und nicht wirklich vorwärtskam. Ich hatte eine KV-Lehre bei der AHV-Ausgleichskasse gemacht und überlegte mir daher, auf den beruflichen Weg zu setzen. In Winterthur im Jahr 2008 sagte ich mir dann: Jetzt probiere ich es noch ein Jahr. Dann durfte ich plötzlich zum Probetraining in Wolfsburg, und Felix Magath verpflichtete mich als Nummer 3. Und nach Verletzungen von Diego Benaglio und André Lenz spielte ich plötzlich Bundesliga, weil ich stets drangeblieben war.

Persönlich

Marwin Hitz wird am 18. September in St. Gallen geboren und wächst in der Nähe des Bodensees auf. Er durchläuft die Juniorenstufen im Klub, ohne bei den Profis zum Einsatz zu kommen. Parallel absolviert er eine KV-Lehre bei der AHV-Ausgleichskasse.

Mit 21 geht er zu Yverdon, danach zu Winterthur. Danach wird er nach einem Probetraining dritter Goalie in Wolfsburg, wo er allerdings lange nur in der Regionalliga zum Einsatz kommt. Als Stammgoalie Diego Benaglio länger verletzt ist, bekommt er 2010 seine Chance in der Bundesliga – und packt sie. Bei Augsburg (141 Spiele in der Bundesliga) setzt er sich dann endgültig durch.

In der Nati kommt er zu zwei Länderspielen und tritt dann (vor drei Jahren) zurück.

Marwin Hitz ist mit Patricia verheiratet und hat drei Kinder.

Marwin Hitz wird am 18. September in St. Gallen geboren und wächst in der Nähe des Bodensees auf. Er durchläuft die Juniorenstufen im Klub, ohne bei den Profis zum Einsatz zu kommen. Parallel absolviert er eine KV-Lehre bei der AHV-Ausgleichskasse.

Mit 21 geht er zu Yverdon, danach zu Winterthur. Danach wird er nach einem Probetraining dritter Goalie in Wolfsburg, wo er allerdings lange nur in der Regionalliga zum Einsatz kommt. Als Stammgoalie Diego Benaglio länger verletzt ist, bekommt er 2010 seine Chance in der Bundesliga – und packt sie. Bei Augsburg (141 Spiele in der Bundesliga) setzt er sich dann endgültig durch.

In der Nati kommt er zu zwei Länderspielen und tritt dann (vor drei Jahren) zurück.

Marwin Hitz ist mit Patricia verheiratet und hat drei Kinder.

Ein Beispiel für Ihre Hartnäckigkeit ist ja, dass Sie für Ihre Reha zum Beispiel mal die Weihnachtsferien und sogar die Flitterwochen sausen liessen. Sie müssen eine tolerante Frau haben …
In der Tat, ich habe grosses Glück mit ihr. Klar haben wir viele Privilegien als Profifussballer. Aber das Beispiel zeigt, dass unsere Familien auch auf vieles verzichten müssen, auch mit der ganzen Reiserei.

Warum sind Sie aus der Nati ausgetreten?
Vor der WM 2018 war ich die klare Nummer 3 und wusste, dass ich zu Dortmund wechsle. Ich musste mich entscheiden. Inklusive Vorbereitung mehrere Wochen WM ohne Aussicht auf Einsätze – oder der Familie helfen: neuen Kindergarten suchen, neue Kinderbetreuung, neue Wohnung und so weiter. Ich hatte die Familie aus einem Umfeld in Augsburg genommen, wo sie sich zu hundert Prozent wohlfühlte. Darum entschied ich mich in diesem Fall nun für die Familie. Es war richtig, und ich bereue die Entscheidung nicht.

Am Dienstag spielen Sie im Champions-League-Viertelfinal gegen Manchester City. Nüchtern gesehen seid ihr klarer Aussenseiter, oder?
Ja, das müssen wir nicht schönreden. Aber auch wir haben Waffen und haben viel Schnelligkeit im Team. Manchester City ist ganz sicher auch nicht glücklich über das Los.

Was erwarten Sie für ein Spiel?
Manchester City wird vermutlich viel Ballbesitz haben. Wir müssen die Mischung finden zwischen mutig sein und trotzdem gut verteidigen.

Hat sich der Fussball von Dortmund unter Edin Terzic verändert?
Ja, das Training auch. Jeder Trainer hat seine Philosophie. Wir stellen uns eher individueller auf den Gegner ein. Das hat sich hauptsächlich verändert.

Wie erlebten Sie die Entlassung von Lucien Favre?
Es ist immer eine Enttäuschung da, wenn man länger zusammengearbeitet hat. Denn es ist auch ein Zeichen, dass man als Spieler ein Stück weit versagt hat.

Sie haben als Augsburg-Goalie mal ein Tor gegen Leverkusen geschossen. Wie oft werden Sie noch darauf angesprochen?
Das kommt schon noch öfters vor …

Ihr Sohn war im Stadion und hatte keine Freude.
Ja, das stimmt. Er hat bei meiner Frau im Tragetuch geschlafen. Und sie hat so laut gejubelt, dass er aufgewacht ist. Aber er wird mir in der Zwischenzeit verziehen haben.


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