«Ein Augenschmaus, ihm zuzuschauen»
Frankfurt-Sow erhält Mega-Lob von Goalie Trapp

Eintracht Frankfurt schielt auf die Champions League. Ein wichtiges Element des Höhenflugs ist, dass Djibril Sow Widerstände überwunden hat.
Publiziert: 14.02.2021 um 13:52 Uhr
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Eintracht-Jubel ohne Ende, und Keeper Kevin Trapp bezeichnet es als «Augenschmaus», Djibril Sow (r.) beim Spielen zuzuschauen. In der Mitte Stefan Ilsanker.
Foto: freshfocus
Alain Kunz

Talent hat er ja, logisch. Weshalb sonst hätte Djibril Sow (24) ohne einen einzigen Super-League-Einsatz beim FCZ zu Borussia Mönchengladbach wechseln sollen, wo er zu 12 Bundesligaminuten kommt. Doch erst mit der Rückkehr in die Schweiz erreicht er bei YB das nächste Level. Nun klettert der Zürcher mit senegalesischen Wurzeln eine weiter Stufe höher.

«Manchmal muss man im Leben Widerstände überwinden», sagt Gelson Fernandes, der im Sommer seine Karriere in Frankfurt beendet hat und Sow aus dem Effeff kennt. «Und Djibi hat das geschafft. Er ist ein Mann geworden. Dass sein Talent riesig ist, wusste ich schon immer. Ich behauptete, dass nur wenige in der Bundesliga solches Potenzial haben: Djibril hat Volumen in seinem Spiel. Er versteht es seinen Körper einzusetzen. Er ist in Sprints ebenso stark wie in langen Läufen.»

Dominant und selbstbewusst

Eine Ode von Gelson? Tönt fast so. Und der 67-fache Nationalspieler aus dem Wallis ist beileibe nicht der einzige. Eintracht-Keeper Kevin Trapp, immerhin die Nummer drei Deutschlands, hat gesagt, es sei ein «Augenschmaus», Sow zuzuschauen. «Hat er das wirklich gesagt?», fragt Sow zurück. Ungläubig. Hat er. «Kevin hat mir immer gut zugesprochen und mich unterstützt, weil er wusste, was ich der Mannschaft geben kann. Ich bin froh, dass ich dem Team mit Leistung helfen und so das Vertrauen zurückzahlen kann.» Tönt alles andere als eine Ich-AG. Und das ist nicht gespielt. So hat Sow nie funktioniert, so funktioniert er heute nicht.

Eine Demut, die ihn nicht daran hindert, in seinem Team «dominant und selbstbewusst» aufzutreten, wie die renommierte «Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt.» Die SGE ist mit einer Ausbeute von 20 der möglichen 24 Punkte aus den letzten acht Spielen neben den Bayern, die einen Punkt mehr geholt haben, das Team der Stunde. «Ich bin selber überrascht, wie gut wir dastehen», sagt Sow. «Das war vor zwei, drei Monaten noch ganz anders, auch wenn das Gefühl immer da war, dass wir über grosses Potenzial verfügen. Und es ist nicht nur die Punktzahl, die beeindruckt, sondern auch die Art und Weise, wie wir die holen. Das hat uns viel Respekt verschafft.»

«Der Trainer spielt nicht die Hauptrolle»

Mit Sow als einem, dem ganz viel dieses Respekts gehört. Wie wichtig war Trainer Adi Hütter dafür, dass Sow diese neue Dimension erreicht hat? «Er hat eine Rolle gespielt, aber nicht die Hauptrolle. Die gehört immer einem selber. Der Spieler muss sich im Training aufdrängen. Der Spieler muss Widerstände überwinden. Nicht der Trainer.» Sow ist das gelungen, in dem er an seiner Persönlichkeit gearbeitet hat. «Ein Freund hat mir bei dieser Entwicklung geholfen. Ich habe gelernt, mich noch mehr zu fokussieren. Alles andere auszublenden, wenn ich den Platz betrete. Mir voll bewusst zu sein, welche Qualitäten ich habe.»

Und so sagt Sow im Februar 2021: «Ich fühle mich wieder wie ich selbst.» Was im Umkehrschluss bedeutet: Er habe sich nicht immer wie sich selbst gefühlt. «Ich war auf der Suche, welche Rolle ich einnehmen soll. Von aussen war klar: Ich war der Spieler, für den Frankfurt sehr viel Geld in die Hand genommen hat. Das ist nicht immer einfach. Doch jetzt, denke ich, kann ich diese Rolle ausfüllen. Ich bin wieder derjenige, der ich bei YB war. Aktiv, dynamisch, dominant. Diese Dinge. Einfach nun auf einem höheren Level.»

Frischgebackener Papi Djibi

Oder war noch etwas ganz anderes für den Leistungssprung ursächlich? Sow ist nämlich vor einem Monat erstmals Vater einer Tochter namens Malia geworden. «Klar war das ein grosser Moment in meinem Leben. Aber es war sicher nicht der Hauptgrund für meine Leistungssteigerung. Eine Extramotivation ist es aber schon, wenn man weiss, dass da eine Tochter zu Hause auf einen wartet.» Der Junge fühlt sich wohl in seiner Haut, das spürt man förmlich. Beruflich alles okay, privat auch. «Und Frankfurt ist eine Superstadt. Da hats gefühlt fünfzig Prozent Wald.» Und dies das Feeling ausgerechnet in der deutschen Finanzmetropole mit einem der grössten Flughäfen Europas.

Zurück zum SGE-Höhenflug. Die Eintracht kann es sich leisten, Spieler wie Danny Da Costa oder Dominik Kohr in einem Akt freundnachbarschaftlicher Hilfe an Mainz auszuleihen. Wäre noch vor Kurzem undenkbar gewesen. «Auch das zeigt, wie sich das Standing der Eintracht geändert hat. Und schau mal, woher unsere Neuzuzüge gekommen sind: André Silva von Milan. Amin Younes von Napoli. Luka Jovic von Real Madrid, obwohl er immer gesagt hat, er habe einige andere Optionen gehabt», erklärt Sow.

Der Rausch der Champions League

Und so schielt die Eintracht derzeit auf einen Champions-League-Platz. «Das ist, wie gesagt, fast unglaublich. Aber wir dürfen kein bisschen nachlassen.» Denn Djibi will da unbedingt wieder hin, in die Königsklasse. Die hat etwas Berauschendes. «Wer das mal miterlebt hat, will das immer wieder.» Djibi hats 2018 mit YB erlebt. «Das erste Spiel gegen Manchester United werde ich nie vergessen. Da war ein Riesenkribbeln vorhanden. Vor allem, weil es für YB das erste Mal war. Bei der Eintracht wäre es auch das erste Mal. Das wäre wahrscheinlich vergleichbar mit einem Meistertitel in der Schweiz. Ich kriege Hühnerhaut, wenn ich daran denke, was in Frankfurt los wäre.»

Heute aber heisst die Realität zunächst mal Köln. Mit Sow. Aber im leeren Deutsche-Bank-Park. Ohne Hühnerhaut.

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