Auf und neben dem Platz kriegen Trainer Thomas Tuchel und seine Bayern richtig auf die Mütze. Experten und Fans kritisieren, was das Zeug hält. Zu Recht oder zu Unrecht? Der ehemalige Bayern-Star und heutige Blick-Fussball-Experte Markus Babbel analysiert die Baustellen und Kritikpunkte der Bayern.
«Mia san mia» ist weg
Vor dem Ligastart verschenken die erfolgsverwöhnten Bayern schon den ersten Titel: 0:3 im Supercup gegen Leipzig. Schon letzte Saison verabschiedete man sich unter Tuchel aus der Champions League und verpasste den Pokal. Einzig die Meisterschaft holte man mit viel Dusel am letzten Spieltag.
Babbel: «Der Supercup ist jetzt nicht gerade der bedeutendste Titel. Aber es ist dennoch ein Titel – und Bayern wollte ganz bestimmt gegen Leipzig gewinnen. Das hat man nicht gepackt. Die grösste Baustelle bei den Bayern ist, dass die Überzeugung, die Selbstverständlichkeit verloren gegangen ist. Das Bayern-Gen, das sogenannte «Mia san mia», dieses Gefühl, unantastbar zu sein, ist weg. Bayern verfügt zwar immer noch über sehr viel Qualität, über Weltklasse-Fussballer, doch es läuft nicht wie gewünscht. Kassieren sie, wie beim 0:3 gegen Leipzig gesehen, einen Gegentreffer, brechen sie ein. Das ist verwunderlich. Warum oder wo dieser unerschütterliche Glaube an sich und seine Qualitäten verloren gegangen ist, weiss ich nicht. Joshua Kimmich zum Beispiel ist ein Sinnbild dafür. Ein herausragender Fussballer, der auf seiner Position mit zu den Besten auf der Welt gehört. Aber er lässt sich durch die Kritik verunsichern, ihm fehlt das Vertrauen. Seine Freistösse fliegen dem gegnerischen Torwart in die Hände und nicht mehr ins Netz.»
Trainer Tuchel angezählt
Der Trainer kriegt am meisten sein Fett weg. Auch dafür, dass er sich nach dem 0:3 bei Star-Einkauf Kane öffentlich entschuldigt, indem er seine Spieler kritisiert: «Er denkt wahrscheinlich, wir haben vier Wochen nicht trainiert. Es hatte nichts mit dem zu tun, was wir bisher gespielt haben, oder mit dem, was wir uns vorgenommen haben.» Ex-Bayern-Star Effenberg schlägt Alarm, Didi Hamann redet gar von Problemen zwischen Team und Trainer.
Babbel: «Solche Aussagen wie diejenige von Tuchel waren früher, als ich noch Bayern-Spieler war, nach Niederlagen an der Tagesordnung. Heute werden sie in alle Einzelteile zerpflückt. Dass er seine Spieler in die Pflicht nimmt, weil sie alles haben vermissen lassen, was man sich vorgenommen hat, finde ich legitim. Tuchel ist in meinen Augen ein herausragender Trainer, aber er steht nun vor der schwierigsten Prüfung seines Trainer-Lebens. Er hat bisher für einen Bayern-Trainer eine sehr schlechte Bilanz und braucht unbedingt Siege. Sonst wird die Kritik immer lauter und die Situation für ihn immer ungemütlicher. Mein Tipp: Am Freitag werden die Bayern zum Auftakt gegen Bremen drei Punkte holen. Sie werden gewinnen. Nicht glanzvoll, aber gewinnen.»
Der Neuer-Fluch
Manuel Neuers Rückkehr ins Bayern-Tor dauert plötzlich länger als erhofft. Wann er zurück ist, kann keiner sagen. Nach dem Abgang von Yann Sommer (zu Inter) und Alexander Nübel (zu Stuttgart) steht momentan Sven Ulreich (35) im Kasten. Bayern sucht wenige Tage vor Bundesligastart noch eine temporäre «Nr.1».
Babbel: «Die Bayern-Bosse haben stets betont, dass der neue Torhüter nur kurzfristig bis zu Manuel Neuers Rückkehr die neue Nummer 1 sei. Sven Ulreich ist zwar eine tolle Nummer 2, eine tolle Vertretung, aber keine Nummer 1. Ich rechne zwar damit, dass Neuer zurückkehrt, aber wann das sein wird, kann aktuell keiner sagen. Bayern steckt jetzt im Dilemma. Denn im Wissen, dass er bei Neuers Rückkehr auf die Bank muss, kommt kein starker Goalie. Solche Torhüter wollen spielen – immer. Dass Yann Sommer den Klub verlassen hat, kann ich gut nachvollziehen: Er hat bei seiner Ankunft in Bayern eine unstabile Mannschaft angetroffen und nie die hundertprozentige Rückendeckung gehabt.»
Kanes missglückter Einstand
Viele Experten, wie Lothar Matthäus, kritisieren: «Man hätte Superstar Harry Kane schonen und gegen Leipzig nicht einwechseln dürfen.»
Babbel: «Harry Kane gegen Leipzig von Beginn weg auflaufen zu lassen, wäre hochgradig fahrlässig gewesen. Kane wurde erst tags zuvor in München präsentiert. Mir war jedoch schon im Voraus klar, dass man den Toptransfer so um die 60. Minute bringen wird, um ihn den Fans zu präsentieren. Wenn jetzt Experten dies kritisieren und der Meinung sind, dass dies unprofessionell gewesen sei und Kane besser gar nicht zum Einsatz gekommen wäre, ist das nicht mehr als Stammtischgeschwätz. Im Nachhinein ist man immer gescheiter: Es war nur Pech, dass kurz nach Kanes Einwechslung Leipzig das dritte Tor erzielt und so die Kane-Euphorie abrupt gestoppt hat.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | Bayern München | 10 | 26 | 26 | |
2 | RB Leipzig | 10 | 10 | 21 | |
3 | Eintracht Frankfurt | 10 | 10 | 20 | |
4 | Bayer Leverkusen | 10 | 5 | 17 | |
5 | SC Freiburg | 10 | 2 | 17 | |
6 | Union Berlin | 10 | 1 | 16 | |
7 | Borussia Dortmund | 10 | 0 | 16 | |
8 | Werder Bremen | 10 | -4 | 15 | |
9 | Borussia Mönchengladbach | 10 | 1 | 14 | |
10 | FSV Mainz | 10 | 1 | 13 | |
11 | VfB Stuttgart | 10 | 0 | 13 | |
12 | VfL Wolfsburg | 10 | 1 | 12 | |
13 | FC Augsburg | 10 | -7 | 12 | |
14 | 1. FC Heidenheim 1846 | 10 | -2 | 10 | |
15 | TSG Hoffenheim | 10 | -6 | 9 | |
16 | FC St. Pauli | 10 | -5 | 8 | |
17 | Holstein Kiel | 10 | -13 | 5 | |
18 | VfL Bochum | 10 | -20 | 2 |