Ein Jahr ist der letzte öffentliche Auftritt des «Kaisers» Franz Beckenbauer (†78) her. Wie jedes Jahr lud er auch im Januar 2023 zum Karpfenessen in Kitzbühel ein. Seither zeigte sich die am Sonntag verstorbene Fussballlegende nie mehr in der Öffentlichkeit.
Er wollte nicht mehr, er konnte nicht mehr, sagt nun sein langjähriger Weggefährte Helmut Markwort (87) in dem von ihm gegründeten Magazin Focus: «Am Schluss ging es ihm schlecht.» Und er ist sich sicher: «Für Franz war es eine Erlösung.»
Medien machten Beckenbauer seelisch kaputt
Markwort sass zwischen 2003 und 2014 im Aufsichtsrat des FC Bayern München, die ersten sechs Jahre unter dem damaligen Präsidenten Beckenbauer. Der «Alltagsphilosoph», wie Markwort seinen Freund bezeichnet, habe sich in den letzten Monaten bewusst von allem und allen abgeschottet: «Er wollte seine Freunde nicht mehr sehen, er war ein einsamer, alter Mann.»
Was Beckenbauer neben dem Fussball geliebt hat, war das Kartenspiel Schafkopf. Doch in den letzten Monaten seines Lebens konnte er auch dieser Beschäftigung nicht mehr nachgehen: «Er konnte es nicht mehr spielen. Er konnte zudem nur schlecht reden und sehen.»
Was Markwort allerdings noch mehr betont: «Er wurde seelisch verwundet.» Damit spricht der Journalist und FDP-Politiker die, wie er sie nennt, «mediale Verfolgungsjagd» an, weshalb Beckenbauer «den schrecklichen Niedergang» erfahren musste, unter dem er zuletzt gelitten habe.
Der Weltmeister von 1974 (Spieler) und 1990 (Trainer) war hauptverantwortlich für das Sommermärchen der Deutschen 2006: «Da war er der Held, die Glanzfigur.» In den letzten Jahren wurde er aber immer wieder mit Korruptionsvorwürfen eingedeckt. «Die Zeitungen, die ihn hochgejubelt haben, haben ihn anschliessend niedergemacht», so Markwort. «Die Medien haben ihn verraten. Er war beschmutzt von dem Dreck, der nach ihm geworfen wurde.»
Glaube man an die Psychosomatik – den Einfluss psychischer und sozialer Faktoren auf die körperliche Gesundheit –, «dann hat ihn dieser Absturz krank gemacht». Er war nicht mehr in der Allianz-Arena, traf sich mit niemandem mehr, weil er den «Verfall seines Äusseren» nicht zeigen wollte. (che)