Im Sommer 1997 wechselte Michail Kawelaschwili in die Schweiz. Von Manchester City kam er zu GC – auf Leihbasis. «Ein Georgier kommt», titelte Blick damals. Wenig später der erste Aufreger um den Neuankömmling. «Alkohol, Sperre!», so der Titel der zweiten Story über Kawelaschwili. Bei einem WM-Qualifikationsspiel mit Georgien gegen Polen (1:4) soll der Stürmer damals zu wenig Einsatz gezeigt haben.«Und während des Heimflugs konsumierten sie auch noch übermässig Alkohol», so Nodar Andriadse, damals Vize-Präsident des georgischen Fussballverbandes. Die Konsequenz: Kawelaschwili und drei weitere Spieler wurden lebenslänglich aus der Nationalmannschaft verbannt.
27 Jahre später blicken wir zurück: Kawelaschwili wurde nie verbannt. Er habe damals nur «ein paar Bierchen getrunken», weil es das «letzte Spiel vor der Sommerpause» war. 46 Mal lief er für sein Heimatland auf. Auf Klubebene feierte er mit GC 1998 den Meistertitel, 2000 wurde er mit dem FCZ Cupsieger. Fast 13 Jahre kickte er in der Schweiz – bis auf einen Abstecher zurück zu ManCity und einem halbjährigen Abenteuer in Russland.
Betrugsvorwürfe bei Parlamentswahl
Mittlerweile ist Kawelaschwili 53 Jahre alt. Seine Tore sind in der Schweiz schon fast vergessen. Er ist Politiker. Ultrarechts. Und ihm gelang in seinem Heimatland der grosse Coup: Kawelaschwili ist der neue Präsident Georgiens. Die Regierungspartei Georgischer Traum nominierte den Ex-Kicker einstimmig für die Präsidentschaftswahl, am Samstag wird er von der Wahlversammlung zum neuen Präsidenten gewählt.
Im Oktober siegte Kawelaschwilis Partei bei der Parlamentswahl. Der Erfolg wurde von Betrugsvorwürfen überschattet. Die Opposition boykottiert seither das Parlament, die pro-europäische Präsidentin Salome Surabischwili (72) stufte das neue Parlament als verfassungswidrig ein.
Erstmals wurde das Staatsoberhaupt nicht direkt vom Volk, sondern indirekt durch Abgeordnete des Parlaments und regionale Vertreter gewählt. Die Mehrheit hat die Partei Georgischer Traum, weshalb die Wahl Kawelaschwilis schon länger feststand.
Er selbst sagt, er werde «alles tun, um die georgische Gesellschaft hinter unseren nationalen Interessen, unserer nationalen Identität, unseren Werten und der Idee der georgischen Unabhängigkeit zu vereinen».
Surabischwili sieht Wahl als «Parodie»
Vor dem Parlament protestierten Hunderte Demonstranten, darunter Amtsinhaberin Surabischwili. «Niemand hat irgendwen gewählt. Es ist nichts passiert», sagte die Präsidentin Medienberichten zufolge. Sie hatte bereits erklärt, dass sie sich als einzig legitime Präsidentin sehe. Die neue Wahl bezeichnete sie als «Parodie». Die Opposition hat bereits erklärt, die Wahl nicht anzuerkennen.
Surabischwili erinnerte daran, dass Georgien genau vor einem Jahr den Status eines EU-Beitrittskandidaten erhalten hatte. «Es war ein Tag des Konsenses, der Freude in der Bevölkerung und grosser Emotionen!», schrieb sie auf der Plattform X und warf der Regierungspartei vor, ein «repressives autoritäres Regime» errichtet zu haben.