Michail Kawelaschwili (47) besteht darauf, dass uns sein Assistent für die 200 m vom Hotel bis zum Regierungsgebäude mit einem Auto abholt. Es vereinfache die Sache, meint der ehemalige georgische Nati-Spieler am Handy. Er hat wohl recht, denn bevor wir in sein Büro im Regierungsgebäude begleitet werden, müssen wir unsere IDs abgeben und werden gescannt wie am Flughafen.
«Heute ist ein strenger Tag, ich habe nur 30 Minuten Zeit. Wir sind am Debattieren», sagt Kawelaschwili. Er zeigt auf einen Fernseher an der Wand in seinem geräumigen Büro. Es läuft eine Live-Schaltung aus dem Regierungssaal. «Seht ihr den leeren Platz, da sollte ich jetzt sitzen.»
Kawelaschwili ist Vorsitzender des Departements Jugend und Sport
Kawelaschwili, der von 1997 bis 2006 für GC, FCZ, Aarau, Luzern, Sion und Basel stürmte, sitzt seit 2016 im Parlament. Er ist Vorsitzender des Departements Jugend und Sport. «Mein Ziel ist, dass viel mehr Georgier Sport betreiben. Laut Umfragen sind es erst erschreckende 20 Prozent.» Krawatte statt Fussballtrikot. Was ist ihm lieber? Kawa lacht: «Das Fussballdress natürlich. Fussballer ist der schönste Beruf, den es gibt. Doch irgendwann kann der Körper nicht mehr.»
Er war 35, als er 2006 nach 160 Super-League-Spielen und 55 Toren seine Karriere in Basel beendet hat. Yann Sommer war 18 und auf dem Sprung ins eins. Granit Xhaka («der beste Schweizer Fussballer») war 14. Seit fast drei Jahren ist Kawa in der Politik, der Fussball hat ihn nie losgelassen. Auch der Schweizer Fussball nicht.
Trotz den gewichtigen Absenzen von Seferovic, Shaqiri, Mehmedi: Für den Parlamentarier ist die Schweiz Favorit. «Im letzten Spiel schlug die Schweiz Belgien 5:2. Welche Mannschaft schafft das schon?»
Und doch seien die Georgier nicht chancenlos. «In Tiflis ist es für kein Team einfach – die Fans werden unglaublich Stimmung machen.» Die Mannschaft habe zuletzt Freude gemacht, sagt er, «in der Nations League haben wir gute Spiele gezeigt, zudem spielen wir endlich wieder einen offensiveren Fussball.»
Er sieht eine rosige Zukunft
Für den georgischen Fussball sieht Kawelaschwili eine rosige Zukunft. «Wir haben viele hoffnungsvolle Talente. Das grösste ist Giorgi Chakvetadze. Er ist 19, spielt in Gent und hat mehr Talent als Xhaka und Shaqiri.» Doch auch Chakvetadze muss heute verletzt passen.
Die prominenteste Fussballmannschaft Georgiens stellt aber die grösste Partei des Landes. Dem Parteibündnis «Georgischer Traum», das 2012 entstand, gehören neben Kawelaschwili auch Ex-Milan-Verteidiger Kacha Kaladse und Ex-Schalke-Star Lewan Kobiaschwili an. Kobiaschwili (41) ist Präsident des Fussballverbandes und Kaladse (41) Bürgermeister von Tiflis. Stellen Sie sich vor, Alain Sutter wäre Stadtpräsident von Bern. Und Kubi Türkyilmaz SFV-Präsident!
Kawelaschwili ist heute übrigens Co-Kommentator im georgische Fernsehen. Und was ist sein persönlicher georgischer Traum? «Ein 1:0 für uns wäre richtig toll. Aber ausser gegen Georgien drücke ich der Schweiz die Daumen.» Politisch korrekt, Herr Abgeordneter.