«Der Präsident und ich haben ein grossartiges Verhältnis zueinander, sein Verhalten gegenüber uns allen war ausgezeichnet und es war eine natürliche Geste der Zuneigung und Dankbarkeit.» Der spanische Fussballverband zitierte in einer Medienmitteilung Jennifer Hermoso so, wie eben gelesen. Die 33-jährige Spanierin hatte am Sonntag in Sydney nach dem gewonnenen WM-Final bei der Medaillenübergabe einen Kuss auf den Mund von Verbandsboss Luis Rubiales (45) über sich ergehen lassen müssen. Das Ziel dieser Medienmitteilung war klar: der heftigen weltweiten Kritik sollte entgegengewirkt werden.
Aber Achtung: Gemäss dem Online-Portal «Relevo» stammen diese besänftigenden Worte gar nicht von Hermoso, dem Opfer. Das Zitat soll der Verband schockierenderweise erfunden und nicht mit der Spielerin abgesprochen haben.
Dem Bericht zufolge versuchte Rubiales auf dem Rückflug erfolglos, Hermoso zu überreden, in seinem Entschuldigungsvideo aufzutreten, welches bei der Zwischenlandung in Doha am Montag aufgenommen wurde. «Ich muss mich entschuldigen, es bleibt keine andere Wahl, oder?», sagte Rubiales. Auch der höchst umstrittene Nationaltrainer Jorge Vilda (42) probierte laut «Relevo» vergebens, die Stürmerin davon zu überzeugen, sich im Video blicken zu lassen.
Der Kuss-Skandal war auch am Dienstag Thema in Madrid, als Pedro Sánchez (51) die Weltmeisterinnen im Moncloa-Palast empfing. «Rubiales' Entschuldigungen sind weder ausreichend noch angemessen», zitiert «El País» den Ministerpräsidenten Spaniens. «Es war eine inakzeptable Geste.» Entsprechend eisig war auch die Stimmung, als Sánchez Rubiales die Hand gab, schreibt Javier Cáceres in seinem Bericht für die «Süddeutsche Zeitung». Sánchez: «Die Spielerinnen haben alles getan, um zu siegen. Aber es hat auch Verhaltensweisen gegeben, wie jene des Herrn Rubiales, die darlegen, dass es in unserem Land in Sachen Gleichheit und Respekt zwischen Männern und Frauen noch einen langen Weg zurückzulegen gilt.» (yap/che)