Am Sonntag kürte sich Spaniens Frauen-Nationalteam mit einem 1:0-Sieg gegen England in Sydney zum ersten Mal zum Weltmeister. Zur Ruhe kommt der spanische Verband dennoch nicht. Nachdem bereits der Kuss-Skandal um Verbandspräsident Luis Rubiales (45) und Jennifer Hermoso (33) für ordentlich Aufruhr gesorgt hatte, macht jetzt ein neues Video von Trainer Jorge Vilda (42) die Runde.
Der Coach fasst dabei nach dem Tor im WM-Final Co-Trainerin Montserrat Tomé mit der Hand für mehrere Sekunden an die Brust. Diese scheint das Malheur im Eifer des Gefechts nicht mitzubekommen und reagiert nicht darauf. In den sozialen Medien erntet Vilda für die Aktion aber massig Kritik.
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Der Grapsch-Vorfall wirft ein weiteres Mal kein gutes Licht auf den spanischen Trainer. Vilda reist zwar mit dem WM-Titel im Gepäck nach Hause, doch die dunklen Schattenseiten des Triumphs bleiben: Noch im vergangenen Herbst war Spaniens Nati ein einziger Trümmerhaufen. Auch wegen Vilda.
Verboten, die Schlafzimmer abzuschliessen
15 der besten Spielerinnen des Landes boykottierten damals das Nationalteam aufgrund Vildas Methoden. Ein Beispiel: Laut eines Berichts von «The Athletic» konnten Spielerinnen bei Zusammenzügen ihre Hotelzimmer am Abend nicht abschliessen und mussten warten, bis Vilda die Zimmer kontrolliert hatte. Auch die Trainingsmethoden standen in der Kritik, von «kindischem Umgang» war die Rede.
Die Spielerinnen, zu denen auch Superstars wie Aitana Bonmatí (25) und Mapi León (28) zählten, forderten damals die Entlassung Vildas und drohten damit, bis zur Freistellung des Trainers nicht mehr für die Nati auflaufen zu wollen. In einer Nachricht liessen sie verlauten, «ihre Gesundheit und ihr emotionaler Zustand» würden stark unter der Situation im Nationalteam leiden.
Nur drei Spielerinnen kehrten zurück
Doch der Verband stellte sich hinter den Mann, der seit 2015 im Amt ist und auch als Technischer Direktor für den Frauenfussball arbeitet. Mit den streikenden Spielerinnen führte man Gespräche, drei von ihnen kehrten für die WM in das Kader zurück. Eine davon ist Bonmatí, die just zur besten Spielerin des Turniers gewählt wurde und grossen Anteil am Erfolg hatte.
Während Vilda auf einige Rebellinnen freiwillig verzichtete, blieben León, Patri Guijarro (25) und Claudia Pina (21) – alle vom FC Barcelona – ihrer Meinung treu und mussten vom heimischen Sofa aus verfolgen, wie ihre Teamkolleginnen den wichtigsten Titel holten. «Ich habe eine Art zu leben und gewisse Werte. Ich kann nicht zurück, es muss einen Wandel geben», sagte Star-Verteidigerin León kurz vor dem Turnier zu Radiosender RAC1 über ihre Absage.
Als nach dem Schlusspfiff am Sonntag auf dem Rasen in Sydney die Feierlichkeiten laufen, scheinen die Probleme ganz weit weg. «Wenn all das notwendig war, um Weltmeister zu werden, dann war es das wert», sagte Jorge Vilda erleichtert zum spanischen TV. «Wir sind ein Nationalteam, eine Gruppe, wir sind eine Familie.»
Das sehen nicht alle so. Nach der Grapsch-Szene von Vilda fordert beispielsweise die ehemalige deutsche Nationalspielerin Tabea Kemme (31) das spanische Team zum kollektiven Rücktritt auf. Nur so könnten laut der Olympiasiegerin von 2016 «die Menschen, die für den psychischen Machtmissbrauch im spanischen Verband verantwortlich sind, aus dem System genommen und sanktioniert werden».