Es ist der Tag nach dem aufreibenden 0:0 gegen Neuseeland. Trotz wenig Schlaf ist Nati-Trainerin Inka Grings (44) bester Laune. Verständlich. Die Quali für die Achtelfinals ist unter Dach und Fach. Die Erleichterung ist gross, das Mindestziel erreicht. «Es fühlt sich verdammt gut an», so die Deutsche. «Mit sehr, sehr vielen Dingen dürfen wir zufrieden sein und sind es auch.»
Zufrieden ist Grings vor allem mit ihrer Defensive («überragend»), die auch im dritten Spiel ohne Gegentor bleibt. Mehr Sorgen macht der Nati-Trainerin die Offensive. Diese sei ausbaufähig. «Ab jetzt können wir es uns nicht mehr erlauben, mit solchen Situationen fahrlässig umzugehen.» Gemeint sind die diversen Überzahlsituationen nach Ballgewinnen, aus denen die Nati kein Kapital schlägt. Ja, noch nicht einmal zum Abschluss kommt.
Crnogorcevic lag flach
Angesprochen auf ihre Wechsel-Strategie, antwortet Grings: «Im Nachhinein ist man immer schlauer, aber ich bereue meine Wechsel nicht.» Die Deutsche nimmt in der Schlussphase mit Reuteler, Bachmann und Crnogrocevic drei der erfahrensten Spielerinnen vom Feld. «Géri hat sich aufgerieben. Ramona hat sich aufgerieben und war zudem mit Gelb vorbelastet. Und bei Ana war es sogar sträflich, sie so lange spielen zu lassen», sagt Grings.
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Das sei ein «extrem hohes Risiko» gewesen, weil Crnogorcevic vor dem Spiel drei Tage flach gelegen sei und Substanz verloren habe. Die Stürmerin klagte im Vorfeld über eine Magenverstimmung und trainierte teilweise individuell. Grings lässt sie trotz des erhöhten Risikos einer Verletzung aber bis in die Nachspielzeit auf dem Feld. «Am Ende ging es auch darum, mit ihrer Auswechslung sie zu belohnen und ihr zu ihrem 150. Einsatz zu applaudieren.» Der Schuss geht nicht nach hinten los, weil Neuseeland auch aus der letzten Chance der Partie kein Profit schlagen kann.
«Die Reise ist noch nicht vorbei»
Angst, doch noch zu scheitern, hatte Grings nicht. «Ich hatte ein verdammt gutes und sicheres Gefühl, dass wir es schaffen.» Hinzu kommt, dass sie ihren Jokern vertraut. «Wir schaffen es nicht, mit zehn Feldspielerinnen ein gutes Turnier zu spielen, dafür ist die Intensität zu hoch. Alisha, Meri und Sandrine haben alle sehr gut trainiert.» Zwar schaffen es auch die drei und WM-Debütantin Viola Calligaris nicht, sich Torchancen zu erarbeiten, aber das spielt keine Rolle. Der Schweizer Abwehrriegel hält dicht.
Mit Kritik an ihrer Person hat Grings kein Problem. «Ich habe lange genug in Deutschland gespielt, da geht es auch einmal anders zur Sache.» Wie schafft sie es, ihre Winnermentalität, die sie als Spielerin ausgezeichnet hat, der Nati nun im Hinblick auf den Achtelfinal einzuimpfen? Sie wisse, dass sie, mit ihrer Art, viel Schub reingeben könne. «Mit Überzeugung geht viel», so die Deutsche. «Die Reise ist nicht vorbei.»