Norwegens Trainerin Hege Riise (54) liess gegen die Schweiz zahlreiche Stars auf der Bank. So mussten unter anderem die Barcelona-Spielerinnen Ingrid Engen (25) und Caroline Graham Hansen (28) eine warme Jacke anziehen und den Anpfiff sitzend mitverfolgen.
Flügelspielerin Graham Hansen motzte nach dem Spiel vor den Medien über ihre Trainerin. «Ich stehe heute mit gebundenen Händen da, ich fühle mich, als wären alle auf mir rumgetreten in diesem Jahr», meint sie. «Man spricht davon, dass wir als Team zusammenhalten müssen, aber ich habe das Gefühl, dass ich vor allem schlechte Dinge abbekomme.» Sie dachte, sie hätte sich etwas Respekt erarbeitet. «Scheinbar habe ich mich da getäuscht», sagte Hansen weiter.
Die Beziehung zwischen ihr und Riise gilt schon seit dem Anfang als schwierig. So hatte Graham Hansen im vergangenen August, als die Verpflichtung der Ex-Rekordnationalspielerin als Trainerin bekannt wurde, ihren Rücktritt aus dem Nationalteam bekannt gegeben. Kurz vor der WM entschied sie sich aber dann, doch dabei sein zu wollen.
Coach Riise reagierte auf die motzende Graham Hansen – Spielerinnen dürften sich natürlich aufregen und frustriert sein. «Aber ich habe von Anfang an gesagt, dass das Team über allem steht». So habe sie die bestmögliche Entscheidung fürs Team getroffen, und werde weiterhin dazu stehen.
Von den Emotionen übermannt
Am Tag nach dem 0:0 versuchen Spielerin und Trainerin die Wogen etwas zu glätten. Obwohl nicht angekündigt, erscheint Graham Hansen gemeinsam mit Coach Riise an der Pressekonferenz. «Ich möchte mich für meine Äusserungen nach dem Spiel entschuldigen», beginnt Graham Hansen ihre Rede. «Ich bin auch nur ein Mensch mit vielen Emotionen. Es waren ein paar harte Tage und ich habe mein Bestes getan, um damit umzugehen. Aber gestern haben mich meine Emotionen übermannt.»
Emotionen, welche die Spielerin auch auf der Pressekonferenz nicht verbergen kann. «Ich habe mich nicht mehr auf das Wesentliche konzentriert, nämlich hier zu sein und bei der WM zu spielen.» Die Worte kommen nicht frei über ihre Lippen, Graham Hansen liest sie von ihrem Handy ab. Sie sei sehr enttäuscht gewesen, dass sie bei einem der wichtigsten Länderspiele seit langem nicht zum Einsatz kam, obwohl sie fit sei. Deshalb war sie mit Riises Entscheidung nicht einverstanden. Sie fügt aber an, dass die Trainerin das Recht habe, das zu tun, was das Beste ist und sie diese Entscheidung respektieren müsse. «Ich weiss, dass ich mit meiner gestrigen Äusserung für Unruhe in der Mannschaft gesorgt habe. Es waren verletzte Gefühle und nicht mein rationales Ich.»
Riise akzeptiert die Entschuldigung, fügt aber an, dass die Sache noch nicht erledigt ist. Das Team habe die Sache aufgearbeitet, aber «wir werden weiter Gespräche führen».
Nicht als einzige unzufrieden
Neben Graham Hansen scheint auch Ada Hegerberg (28) immer noch nicht ganz zufrieden mit der Situation in der Nati. Sie ist schon einmal zurückgetreten, um für mehr Gleichberechtigung im Vergleich zur Männer-Nati zu protestieren. Nachdem sich einige Dinge geändert haben, kehrte sie vor der letztjährigen EM wieder zurück ins Aufgebot. Aber auch an der laufenden WM scheint sie unzufrieden.
Kurz vor dem Anpfiff gegen die Schweiz gab es dann einen Riesen-Wirbel um die norwegische Starspielerin. Während alle auf dem Platz standen, lief Hegerberg einfach in die Katakomben zurück. Protest-Aktion gegen Coach Riise? «Nein», sagt sie später. Sie habe einfach ein Ziehen in der Leiste gespürt, wollte nichts riskieren und keine Auswechslung verschwenden.
«Zu viele Stars versalzen die Suppe»
Dicke Luft bei den Norwegerinnen. Dass es Missstände gibt, fällt auch der ehemaligen Nationalspielerin Solveig Guldbransen (42) auf. Sie ist der Meinung, dass im Team zu viele Weltstars seien. Die Suppe sei versalzen. «Ich sehe kein Team, und ich habe meinen Glauben an diese zweite goldene Generation etwas verloren», sagte sie gegenüber der norwegischen Zeitung «Aftenposten». (nsa/bir)