Er ist der heimliche Star im SFV-Tross an dieser WM: Emil Bolli (69). Der Berner sorgt dafür, dass es den Nati-Cracks in Neuseeland in Sachen Ernährung an nichts fehlt. Und die Frauen, die erstmals in den Genuss eines eigenen Kochs kommen, schätzen dies sehr – mehr als die Männer. «Es wird schon einmal applaudiert oder es gibt gelegentlich Emil, Emil-Rufe», so Bolli.
Hoch im Kurs bei den Frauen sind Ghackets mit Hörnli, Älplermagronen und Rösti. «Sie durften einmal ihre Wünsche notieren. Und ich schrieb dann jeweils, dass ich mir zwei bis drei Tore wünsche.»
Im Vergleich zu den Männern essen die Frauen mehr Gemüse, weniger Fleisch und mehr Fisch. Auch auf den Monatszyklus wird geachtet, mit verschiedenen Smoothies oder blutbildenden Lebensmitteln wie Spinat oder Vollkornprodukte.
Seit Baku 1996 dabei
Seit 1996 und dem Trip mit der Männer-Nati nach Aserbaidschan arbeitet Bolli für den SFV. Er hat mit den Fussballern die ganze Welt bereist, nun ist er erstmals auch in Ozeanien. «Dieser Kontinent hat mir noch gefehlt.»
Über all die Jahre ist der Menüplan vielfältiger geworden. Gerade in Sachen Kohlenhydrate hat sich viel getan. Während früher praktisch immer Pasta serviert wurde, gibt es heute dank Quinoa, Reis, Kartoffeln oder gluten- und laktosefreier Kohlenhydrate viel mehr Abwechslung.
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Anfang der Siebzigerjahre macht Bolli seine Lehre in einem Landgasthof in Bern. Später arbeitet er in St. Moritz, Pontresina, Zermatt oder auf dem Bürgenstock. 27 Jahre lang ist er Küchenchef im Hotel Bern. Heute betreibt er ein Catering, mit dem er regelmässig auch die Bundesräte beliefert. Den Jugendtraum, einmal im Ausland zu arbeiten, erfüllt er sich mit seiner Arbeit für den Fussballverband.
Bolli hat viel zu erzählen. Wie er sich in Russland Kalbfleisch besorgt, obwohl es offiziell heisst, dass dies wie in so vielen Ländern nicht erhältlich ist. Ein paar Klicks im Internet und ein gutes Beziehungsnetz helfen in diesem Fall. Er erzählt von Küchen in Marokko oder auf Kreta, wo er alles noch einmal zusätzlich reinigen muss, weil in Sachen Hygiene noch nicht einmal die Mindeststandards erfüllt werden.
Sechs Stunden guter Schlaf
Vor der Abreise in ein Land nimmt Bolli per Mail und Zoom mit dem lokalen Küchenchef Kontakt auf und diskutiert die Menüpläne und die Arbeitsabläufe. Die Produkte werden dann vor Ort via Internet bestellt, die Qualität von diesen von Bolli kontrolliert. Möglichst schnell versucht er, mit der Küchencrew die Arbeit aufzunehmen und sich aneinander zu gewöhnen. Bolli ist ein unkomplizierter Typ, der anpassungsfähig ist. «Sobald die Leute merken, dass du ihnen nicht nur sagst, was sie zu tun haben, sondern genau gleich viel oder sogar noch mehr leistest, dann machen sie mit.»
Um 5 Uhr steht er auf und bereitet das Birchermüesli für das Frühstück vor. Danach folgen das Mittag- und das Abendessen. Gegen 21 Uhr hat Bolli Feierabend. Sechs Stunden guter Schlaf reichen ihm. Einmal findet auch er Zeit, um an einem Strand die Seelöwen anzugucken. Die Spiele verfolgt er im Stadion. Danach gehts sofort zurück ins Hotel, schliesslich sollten die Spielerinnen spätestens eineinhalb Stunden nach Schlusspfiff richtig essen. Dann gibt es schon einmal panierte Schnitzel und als Goodie ein Schoggimousse – als Belohnung oder Aufmunterung.