Aus dem inneren Führungszirkel des FCZ ist seit einer präsidialen Einschätzung von Ancillo Canepa direkt nach dem finalen Fall unter den Trennstrich in Bern (1:2) nichts mehr zu hören. Kollektiver Rückzug zur Klausur. Die Deutungshoheit übernehmen andere. Verschiedene TV-Experten haben den sportlichen Absturz des Ex-Leaders der Super League eingeordnet.
Blick hat sich mit einem unterhalten, der bis im Frühling vor einem Jahr zur sportlichen Führungscrew des FCZ gehörte: Heinz Russheim, während elf Jahren Technischer Leiter der Akademie. Der 62-Jährige nimmt im Zusammenhang mit der jüngsten Bilanz kein Blatt vor den Mund: «Man hat die Chance, sich für die Championship Group zu qualifizieren, selber zerstört. Die Schminke ist ab. Das ist ein riesiger Rückschlag für alle Beteiligten – für die Chefs, für die Spieler, für die Nachwuchsbewegung.»
Russheim ging freiwillig
Russheim hat im März 2024 die Kündigung eingereicht. Er war mit dem radikalen Umformierungs-Kurs der Zürcher Entscheidungsträger um Milos Malenovic nicht mehr einverstanden: «Ich spürte, dass die Entwicklung nicht mehr zu verhindern war, und konnte sie nicht mehr mittragen.» Russheim arbeitet inzwischen beim Promotion-League-Verein Rapperswil als Konditions-Coach – den Rücktritt beim FCZ bereue er nicht: «Ich würde wieder gleich handeln.»
Und Russheim stellt klar: «Mein Abgang hat nullkommanichts mit der sportlichen Stossrichtung zu tun.» Die Art und Weise, der Umgangston habe ihn gestört. «Das habe ich Milos unter vier Augen gesagt.» Es sei nicht alles schlecht, was beim FCZ unter der Leitung von Sportchef Malenovic passiere, so der Ex-Nachwuchs-Chef. «Milos hatte zum Teil ganz gute Ideen, das will ich klipp und klar festgehalten haben. Ich hatte mit vielen Agenten zu tun, er war mit meilenweitem Abstand der beste. Aber sein Umgang mit den FCZ-Angestellten geht nicht.»
Die Machtfülle Malenovics sei augenfällig: «Er erklärt auch dem U15-Trainer, wie der Fussball funktioniert.» Russheim hat gesehen, wie Malenovic seinen Einflussbereich ausgedehnt hat und wie er tickt: «Er ist ein Workaholic. Für ihn sollte der Tag 44 Stunden oder noch mehr haben. Milos braucht jemanden an seiner Seite, dem er vertrauen kann, der ihn herausfordert und sich auch getraut, ihm mal zu widersprechen.»
«Cillo müsste reagieren»
Hinter der Linie mit den vielen sehr jungen Talenten erkennt Russheim keine Strategie: «Das macht für mich keinen Sinn. Warum bringe ich einen Jungen, wenn er danach wieder in der Versenkung verschwindet?» Es gebe mehrere Beispiele von Spielern, bei denen man auf die Idee hätte kommen können oder müssen, «dass es für einen Super-League-Einsatz viel zu früh ist». Russheim denkt an den inzwischen 16-jährigen Teenager Parfait Coulibaly, der nach 12 Minuten auf der obersten Stufe auch im Junioren-Bereich weitgehend spurlos verschwunden ist: «Er war nicht einmal Stammkraft bei der U17-Mannschaft.»
Der spürbare Wegfall von Know-how ist für Russheim das Ergebnis der fundamentalen Umgestaltung auf allen Stufen. «Mir tut sehr weh, wenn ich sehe, dass ausser der U18 kein Team mehr in der Spitzengruppe dabei ist. Das war in den letzten 15 Jahren nie schlechter als jetzt. Es geht viel Geniales, das unter Ancillo und Heliane Canepa aufgebaut worden ist, regelrecht kaputt.»
Der FCZ fahre mit seiner aktuellen Strategie auf eine Wand zu, warnt Russheim. «Ich hoffe es natürlich nicht, aber die Befürchtungen werden grösser. Cillo müsste reagieren, er ist intelligent und Heliane gleichermassen. Jemand müsste Gegensteuer geben.» Im Sinn der FCZ-Sache. «Es braucht drastische Veränderungen, um wieder eine gute Zukunft zu haben.» Das wünsche er dem Besitzer-Paar Canepa: «Weil ich vor diesen beiden den allergrössten Respekt habe.»
Die FCZ-Verantwortlichen wollten auf Anfrage von Blick zu den von Russheim getätigten Aussagen keine Stellung nehmen.