YB-Knipser Nsame aus Kamerun symbolisiert den Erfolg
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Super-League-Torschützenkönig:YB-Knipser Nsame aus Kamerun symbolisiert den Erfolg

Erfolgreichste Ära der Geschichte
Wie Afrika den Schweizer Fussball prägt

Afrikanische oder afrikastämmige Spieler prägen und bereichern den Schweizer Fussball mehr denn je. Wie hat alles begonnen? Wo waren die grössten Stolpersteine in dieser faszinierenden Erfolgsstory? Das Dossier zum immensen Einfluss Afrikas auf den Schweizer Fussball.
Publiziert: 25.12.2021 um 11:56 Uhr
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Gestandene Weltstar wie Günter Netzer ...
Foto: Walter Keller
Felix Bingesser, Sven Micossé

Es gab Zeiten, da fanden Weltstars den Weg in den Schweizer Klubfussball. Spieler wie Günter Netzer, Karl-Heinz Rummenigge oder Uli Stielike. Oder Weltmeister wie Giancarlo Antognoni oder Marco Tardelli bereicherten im Herbst ihrer Karriere unseren Klubfussball. Finanziell war die Schweizer Liga damals noch konkurrenzfähig. Mittlerweile sind die grossen Fussballligen in ganz andere Sphären entrückt.

Weltstars kommen keine mehr. Die gehen nach China oder nach Katar. Selbst in Moldawien bei Sheriff Tiraspol kann man mehr verdienen. Unsere Liga ist zur Ausbildungsliga geworden. Finanzieren können die Klubs nur noch Leihgeschäfte. Oder Spieler, die sehr jung und weitgehend unbekannt sind. Oder die nach einem Karriereknick einen Neustart versuchen.

Diese Spieler kommen immer häufiger aus Afrika. Dazu gibt es immer mehr junge Schweizer Talente mit afrikanischen Wurzeln. Gemeinsam prägen sie unseren Fussball von Jahr zu Jahr markanter. Nicht zuletzt dank diesem afrikanischen Erfolgsmodell erlebte der Schweizer Fussball in den letzten zwanzig Jahren die erfolgreichste Ära in seiner Geschichte.

«Wir haben Arbeiter gerufen, und es sind Menschen gekommen», hat Max Frisch einst gesagt. Das trifft auch auf den Fussball zu. Der Integration und Betreuung gerade von Spielern aus Afrika wurde lange Zeit viel zu wenig Bedeutung zugemessen. Und ja, es gab und gibt auch immer wieder rassistische Entgleisungen wie jüngst im Fall des Lausanner Torhüters Diaw. Wirrköpfe sterben nicht aus. Können aber eine überaus erfreuliche Entwicklung nur marginal beeinträchtigen.

Drei Legenden, die in der Super League ihre Spuren hinterlassen haben

Mohamed Salah (29, Basel)

Salah wechselt als junger 20-Jähriger aus Ägypten zum FC Basel. Unvergessen sind seine Tore in der Champions League gegen seinen späteren Verein Chelsea. Er legt in der Folge in der Serie A und vor allem bei Liverpool eine Weltkarriere hin. Salah zählt heute zu den besten Spielern der Welt.

Shabani Nonda (44, Zürich)

Am Anfang setzen die Kälte und die Fremde dem jungen Nonda zu. Dank der Unterstützung von FCZ-Trainer Raimondo Ponte blüht der Burundier auf, schiesst Tore am Laufband und zieht nach drei Jahren weiter nach Frankreich. Mit AS Monaco erlebt er seine beste Zeit, steht 2004 im Final der Champions League.

Seydou Doumbia (34, YB, Basel, Sion)

Fast überall, wo Doumbia spielt, trifft er am Laufmeter. Mit 20 erlebt er bei YB seinen Durchbruch, wird zwei Mal Torschützenkönig und reist dann durch Fussball-Europa. Auch in Russland setzt er sich die Krone auf, den Meistertitel gibts erst beim FC Basel. Über Umwege landet er ein drittes Mal in der Schweiz – mit einem unschönen Ende.

Mohamed Salah (29, Basel)

Salah wechselt als junger 20-Jähriger aus Ägypten zum FC Basel. Unvergessen sind seine Tore in der Champions League gegen seinen späteren Verein Chelsea. Er legt in der Folge in der Serie A und vor allem bei Liverpool eine Weltkarriere hin. Salah zählt heute zu den besten Spielern der Welt.

Shabani Nonda (44, Zürich)

Am Anfang setzen die Kälte und die Fremde dem jungen Nonda zu. Dank der Unterstützung von FCZ-Trainer Raimondo Ponte blüht der Burundier auf, schiesst Tore am Laufband und zieht nach drei Jahren weiter nach Frankreich. Mit AS Monaco erlebt er seine beste Zeit, steht 2004 im Final der Champions League.

Seydou Doumbia (34, YB, Basel, Sion)

Fast überall, wo Doumbia spielt, trifft er am Laufmeter. Mit 20 erlebt er bei YB seinen Durchbruch, wird zwei Mal Torschützenkönig und reist dann durch Fussball-Europa. Auch in Russland setzt er sich die Krone auf, den Meistertitel gibts erst beim FC Basel. Über Umwege landet er ein drittes Mal in der Schweiz – mit einem unschönen Ende.

Daby Samba ist der Pionier

Noch in den Achtziger- und Neunzigerjahren kommen verhältnismässig wenig afrikanische Fussballer in die Schweiz. Damals herrscht die Meinung vor, dass sich Legionäre aus Osteuropa und Skandinavien einfacher und besser integrieren könnten und der kulturelle und klimatische «Schock» für Spieler aus Afrika zu gross sei. «Spieler aus Osteuropa und aus Skandinavien sind auch viel disziplinierter. Auf und neben dem Rasen», sagt ein bekannter Trainer damals.

Der erste Spieler aus Schwarzafrika, der im Schweizer Fussball lizenziert wird, ist Daby Samba aus dem Senegal. Ein französischer Trainer, der in Dakar arbeitet, vermittelt ihn nach Europa. Daby Samba landet 1967 mit 25 Jahren bei Urania Genf. «Ich bin der erste farbige Fussballer, der in der Schweiz gespielt hat. Und vielleicht haben mich die Leute etwas seltsam angeschaut. Aber ich wurde grossartig empfangen», sagt der heute 79-jährige Samba in einem Interview mit Watson.

Rassismus habe er nie erlebt. «Ich bin damals mit allen ein Bier trinken gegangen, und ich tue es heute noch mit den alten Kollegen», sagt der Mann, der immer noch in Genf lebt. Eine Ernüchterung war für ihn einzig das Salär. 150 Franken bekommt er im Monat. Versprochen worden ist ihm etwas anderes. Und das bescheidene Salär ist der Grund, weshalb Samba seine Fussballerkarriere bald beendet und sein Geld als Bademeister verdient.

Auch viele Enttäuschungen

Natürlich, die Geschichte afrikanischer Fussballer in Europa ist nicht nur eine Erfolgsgeschichte. Viele Spieler werden mit grossen Versprechungen geholt. Geplatzte Träume, Missverständnisse und böse Enttäuschungen folgen. Einer der Ersten, der mit der Vermittlung afrikanischer Fussballer in die Schweiz das grosse Geschäft wittert, heisst Robert Zeiser.

Der Gründer der Möbelkette Lipo sagt in den 90er-Jahren in einem Interview mit der Zeitung «Sport» auf die Frage, ob er denn keine moralischen Bedenken habe und all diese Spieler auch gut betreuen könne: «Es gibt Leute, die investieren in Aktien. Ich investiere in Fussballer. Aber ich bin kein Menschenhändler. Ich bin eher einer wie Pfarrer Sieber. Jeder dieser jungen Spieler träumt von Europa. Die sind alle dankbar, dass sie diese Chance erhalten. Wenn sie aus Afrika kommen, dann brauchen sie auch etwas Warmes zum Anziehen und rechte Schuhe. Wir schauen für diese Leute.»

Diese schon damals kolonialistische Arroganz sorgte für viel Aufsehen und brachte Zeiser, so würde man es heute formulieren, einen gehörigen Shitstorm. Es ist ein krudes Bild von fussballerischen Legionären, das heute geradezu absurd wirkt.

Das multikulturelle YB

Jedenfalls waren dies die Anfänge einer Entwicklung, die rasant voranschreitet. Bei Serienmeister YB ist das afrikanische Element seit Jahren der Erfolgsfaktor Nummer eins. Spieler mit afrikanischen Wurzeln bringen Tempo und Physis in den Fussball. Faktoren, die auch mit den genetischen Vorteilen dieser Athleten zu tun haben und die im modernen Fussball immer zentraler geworden sind. «Für Spieler aus Afrika ist die Schweiz ideal», sagt YB-Sportchef Christoph Spycher, «gerade für französischsprechende Spieler ist es viel einfacher, sich hier zu integrieren als beispielsweise in Deutschland. In Deutschland ist die Atmosphäre rundherum auch etwas kühler als bei uns.»

Für Spycher ist klar, «dass wir in Südamerika nicht mal in der zweiten Liga nach talentierten Spielern Ausschau halten müssen. Dort sind die grossen Talente kaum mehr finanzierbar». In Afrika ist das Reservoir riesig. «Dort ist alles noch unkoordinierter. Und wir haben uns natürlich auch einen Namen geschaffen. Das afrikanische Element in unserer Mannschaft hat auch eine gewisse Sogwirkung.» Und vorbei ist es auch mit dem Klischee, dass die Afrikaner zu verspielt sind und es an der taktischen Disziplin mangelt. «Die meisten sind auch in dieser Beziehung absolute Musterprofis. Und viele von ihnen sind ja Doppelbürger und in Europa ausgebildet worden.»

Mannschaft widerspiegelt die Stadt

Natürlich, so Spycher, verlaufe bei der Integration nicht immer alles unproblematisch. «Manchmal braucht es etwas länger, bis man die familiären Hintergründe kennt. Aber sie bringen fussballerisch sehr viel mit und sind auch mit ihrer ansteckenden Lebensfreude eine Bereicherung.» Spycher legt Wert auf die Feststellung: «Es gibt nicht den typischen Afrikaner. Es gibt kein Klischee. Jeder hat sein Temperament, jeder hat seine Persönlichkeit. Da gibt es riesige Unterschiede.» Für Spycher ist die grosse Fraktion von Spielern mit afrikanischen Wurzeln nicht nur sportlich eine Erfolgsstory. «Bern ist die Hauptstadt eines multikulturellen, modernen Landes. Unsere Mannschaft passt perfekt in diese Stadt.»

Aber auch in anderen Vereinen nimmt der Einfluss Afrikas zu. Ganz ausgeprägt beim FC St. Gallen, wo Französischlehrer Peter Zeidler natürlich der ideale Mann für frankofone Spieler ist. Aber auch bei den Zürcher Klubs FCZ und GC sowie in Lugano und Luzern gewinnt das afrikanische Element an Bedeutung. Und ganz traditionell in der Westschweiz, wo die Klubs mit ihrer Nähe zu Frankreich seit längerer Zeit eine Anlaufstelle für Fussballer mit afrikanischen Wurzeln sind.

Wie gross der Einfluss afrikastämmiger Fussballer derzeit ist, zeigt auch ein Blick auf die aktuelle Torschützenliste der Super League. Mit Assan Ceesay (FCZ), Jordan Siebatcheu, Wilfried Kanga (beide YB), Kaly Sène (GC), Elie Youan (St. Gallen) und Grejohn Kyei (Servette) haben sechs der zehn besten Torschützen in der Super League afrikanische Wurzeln. Aber es sind nicht nur Stürmer, derzeit vertrauen auch viele Klubs auf afrikastämmige Torhüter.

Es ist aber nicht nur die Qualität, es ist auch die horrende Anzahl, die die These stützt, dass unser Fussball zunehmend afrikanisch geprägt ist. 122 Spieler aus Afrika oder mit afrikanischen Elternteilen sind derzeit in der Super League und der Challenge League unter Vertrag. Tendenz zunehmend.

Die Tasche trägt nicht die Mama

Servette-Trainer Alain Geiger ist ein Kenner des afrikanischen Fussballs und schätzt die Selbständigkeit dieser Spieler bereits in jungen Jahren. «In Afrika lernen die Spieler sehr jung, Verantwortung zu tragen und auf eigenen Beinen zu stehen. Wer trägt den jungen Schweizer Fussballern die Tasche? Es sind die Eltern. Und die Mutter putzt daheim die Fussballschuhe», hat Geiger zu diesem Thema einst gesagt.

Auch Michel Decastel kennt sich auf dem afrikanischen Kontinent aus. Der ehemalige Coach von Sion und Xamax war mehr als zehn Jahre als Trainer in Afrika tätig. «In Afrika findet man schnelle und körperlich starke Spieler. Und es gibt mittlerweile viele Akademien auf dem Kontinent. Dort werden sie in allen Bereichen sehr gut ausgebildet», sagt Decastel. Entscheidend sei die Integration. «Da ist der Trainer gefordert. Er muss die Spieler dazu animieren, sich nicht abzuschotten und auf die Mitspieler zuzugehen. Sonst kann es zu Problemen führen.» Aber diesbezüglich, so Decastel, arbeiten Klubs wie YB,
St. Gallen, Zürich und Lausanne mustergültig.

Wie vielfältig der Fussball und der Sport in diesem Land geworden sind, hätte sich Daby Samba in den 60er-Jahren nicht träumen lassen, als er in Genf gelandet ist.

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