Prizren, eine Autostunde von der Hauptstadt Pristina entfernt und die zweitgrösste Stadt des Kosovo, hat viel Charme. Die Altstadt ist gepflastert und bewaldet, es hat viele Kaffees am Wasser. Unweit vom Zentrum das Përparim-Thaçi-Stadion, wo an diesem späten Donnerstagnachmittag die erste Mannschaft des KF Liria Prizren trainiert.
Die Nationalmannschaft des Kosovo ist zwar eine aufstrebende Kraft in Europas Fussball, die Liga leidet jedoch unter Infrastrukturproblemen und einem schlechten Ruf. Immerhin bringen die guten Ergebnisse des FK Ballkani, der sich zum zweiten Mal in Folge für die Gruppenphase der Conference League qualifiziert hat, etwas Licht in diese Liga. Ebenso die Leistungen von Drita, dem anderen grossen Klub des Landes, der Feyenoord im letzten Jahr und Viktoria Pilsen in dieser Saison Paroli geboten hat.
«Viel hat sich zum Positiven verändert»
KF Liria Prizren kann sich nicht mit den zwei Topteams vergleichen, da man eben erst in die Super Liga aufgestiegen ist. Eine Liga mit zehn Mannschaften, in der jede Mannschaft viermal gegen ihre Rivalen antritt – derselbe Modus wie bis vor kurzem in der Super League. «Ballkani und Drita stehen über allen anderen», sagt Redon Arifi zu Blick. Der Innenverteidiger von KF Liria ist 19-jährig und eines der grössten Versprechen des Klubs.
«Ich bin froh, dass Sie erst dieses Jahr gekommen sind, um über den kosovarischen Fussball zu berichten und nicht schon vor drei Jahren. Die Infrastruktur ist zwar immer noch schlecht, doch es hat sich viel zum Positiven verändert», sagt er und zeigt auf den Kunstrasenplatz, der als Hauptplatz dient und von dem nur eine Tribüne überdacht ist, während man auf die zweite wartet. «Unser Stadion ist gut. Es bietet Platz für etwa 8000 Zuschauer. Unser Problem ist nicht das Stadion, sondern dass es überbelegt ist. Wir sind nicht die einzigen, die hier spielen.»
Auch Scouts haben den Kosovo mittlerweile auf dem Radar
Die Hälfte der Klubs spiele auf Kunstrasen, die andere auf Naturrasen, sagt Arifi, «wie in der Schweiz.» Er kennt die Schweiz, war er doch für drei Monate im Test bei der U21 des FC Luzern. Mit einem Vertrag hat es nicht geklappt. Noch nicht. Der U19-Nationalspieler hofft auf weitere Möglichkeiten. Träumen tut er grösser. «Liverpool ist mein Traum. Ich bin noch nicht dort, aber ich kämpfe jeden Tag, um mich zu verbessern. Ich bin gross, kräftig, gut in der Luft und habe einen guten langen Ball.»
Arifi und andere junge Talente des Landes setzen auf die wachsende Sichtbarkeit der Liga. «Viele Scouts sehen sich im Kosovo um. Wenn ich gute Leistungen bringe, bekomme ich Angebote.»
In den letzten Wochen hat er sich oft mit dem ehemaligen GC-Spieler Mergim Bajrami über die Schweiz und ihre Meisterschaft unterhalten. Arifi: «Ich weiss, dass die Fussballer in der Schweiz erst ab der dritthöchsten Liga, der Promotion League, noch neben dem Fussball arbeiten müssen.» Im Kosovo ist die Realität eine andere. «Hier kann man 500 Euro im Monat verdienen, sogar bis zu 1000 Euro. Ballkani und Drita bezahlen mehr, weil sie von den europäischen Prämien profitieren.»
Hat der Kosovo seine Nachbarn schon überholt?
Andere Klubs können da nicht mithalten. Aber sie versuchen, dies auszugleichen, indem sie den Spielern eine Wohnung bezahlen und fürs Essen aufkommen. «Niemand kann sich beschweren und jedem steht es frei, nebenbei zu arbeiten», sagt Arifi. Für ihn sei Geld derzeit nicht wichtig, meint er, «ich bin jung und will mich verbessern. Meine Eltern helfen mir sehr und so kann ich mich zu 100 Prozent auf den Fussball konzentrieren, ohne an Geld zu denken.» Er ist sich sicher: Das Geld kommt später automatisch, wenn er gute Leistungen zeigt.
Bajram Shala, Teammanager der kosovarischen Nationalmannschaft und Kenner des lokalen Fussballs, bestätigt die steigende Qualität der Liga. Angesichts der Bedingungen, den schlechten Stadien, den schlechten Spielfeldern, sei die Qualität des kosovarischen Fussballs sogar sehr gut, meint er. «Wir machen Fortschritte im Uefa-Koeffizienten. Ich scheue mich nicht zu sagen, dass unsere Liga bereits wettbewerbsfähiger ist als die von Nachbarländern wie Mazedonien, Montenegro und Albanien. Und wir sind nicht weit weg von Slowenien. Obwohl unsere Liga erst sieben Jahre alt ist.»