Maccabi Haifa spielte am Donnerstag in der Europa League gegen Villarreal auf Zypern – über 300 Kilometer von der Heimat entfernt – und verlor 1:2. Maccabi Tel Aviv trat in der Conference League im ostpolnischen Lublin an und besiegte Sorja Luhansk aus der Ukraine mit 3:1. Es waren die ersten Fussballspiele israelischer Klubs seit dem schwarzen 7. Oktober, als die Hamas bestialische Terroranschläge gegen die Juden verübte.
Israel könnte Nati überholen
Auch die israelische Nationalmannschaft kehrt auf die Fussballplätze zurück. Sie bereitet sich gerade auf die Spiele in Pristina (Sonntag, 20.45 Uhr) gegen den Kosovo und auf das «Heimspiel» am 15. November gegen die Nati in Felcsut vor. Die Spieler träumen von der EM-Endrunde 2024. Sie verschwören sich im gemeinsamen Schmerz. Mit zwei Siegen würde Israel die Schweiz in der Tabelle überholen und wäre in der Quali plötzlich auf Kurs.
Felcsut liegt in Zentral-Ungarn und ist ein 2000-Seelen-Dorf, wo Ministerpräsident Viktor Orban aufwuchs. Orban und sein israelischer Amtskollege Benjamin Netanyahu stehen sich politisch nahe, was die heikle Suche nach einem neutralen Ausweichort für dieses Spiel wohl erleichtert und die Sicherheitsbedenken verringert hat.
«Etwas Freude für die Menschen»
Man ist sich angesichts der tödlichen Tragödie, die sich gerade in Nahost abspielt, gar nicht so sicher, ob es Sinn macht, jetzt wieder Fussball zu spielen. Israels Verteidiger Miguel Vitor sagt: «Es sind schwierige Zeiten, um über Fussball nachzudenken, aber ich hoffe, wir können dazu beitragen, dem Land etwas Freude zu bereiten, damit die Menschen über andere Dinge nachdenken.»
Auch für die palästinensische Nationalmannschaft, welche ihre Basis inzwischen dank der Hilfe von Prinz Ali bin al-Hussein nach Jordanien verlegen konnte, stehen offizielle Partien an. Am Donnerstag spielt Palästina in Schardscha (VAE) gegen den Libanon und am 21. November in Kuwait gegen Australien. Es sind beides Quali-Spiele für die WM 2026. Im Gazastreifen allerdings ist der Fussball tot. Da werden Fussballfelder zu Massengräbern umfunktioniert, weil die Friedhöfe voll sind.
Noch ist nicht klar, ob es alle palästinensischen Nationalspieler rechtzeitig schaffen, aus dem Gazastreifen herauszukommen, und ob sie mental überhaupt bereit sind für Fussball. Aber Nationaltrainer Makram Daboub, ein Tunesier, unterstreicht die Wichtigkeit dieser Spiele: «Wir wollen gute Ergebnisse erzielen und uns für die WM qualifizieren, um die palästinensische Identität zu präsentieren und zu zeigen, dass dies ein Volk ist, das Leben verdient und den Frieden liebt.»
Maccabi-Star kaltgestellt
Wie heikel politische Äusserungen in diesen schlimmen Zeiten sind, zeigt das Beispiel von Dia Saba, ein 30-jähriger Israeli arabischer Abstammung. Er ist der höchstbezahlte Fussballer in der israelischen Liga, 11-facher Nationalspieler, Stern von Maccabi Haifa, dem Klub, der im August gegen YB in den Playoffs noch vergeblich um das Champions-League-Ticket kämpfte.
Am 17. Oktober postete Sabas Frau auf Instagram eine Botschaft, in der sie um Frieden für Israelis und Palästinenser bat. Dass sie auch die Palästinenser erwähnte, kam im Umfeld des Klubs gar nicht gut an, es gab heftige Reaktionen und Saba, der sich umgehend entschuldigte, musste einstecken. Inzwischen hat auch sein Klub reagiert, den Spieler sportlich aus dem Verkehr gezogen – zumindest vorübergehend. Dies mit dem Hinweis, man wolle die eigenen Fans nicht verärgern. Saba stand am Donnerstag in Larnaca gegen Villarreal nicht im Kader. Ob er jemals wieder für Maccabi Haifa auflaufen wird, ist unklar.
Ausgerechnet Saba, der noch vor kurzem als Brückenbauer gefeiert wurde, als er 2020 einen Vertrag bei Al Nasr in den Vereinigten Arabischen Emiraten unterschrieben hatte. Er war der erste Israeli, der es in eine Spitzenliga auf der Arabischen Halbinsel geschafft hat. Der Transfer wurde als Hoffnungsschimmer und Resultat neu einsetzender Verständigung in Nahost bejubelt.
Spiel dauerte 280 Minuten
Die Verantwortlichen der israelischen Liga überlegen sich nun, Ende November den Spielbetrieb wieder aufzunehmen – ohne Zuschauer in geschlossenen Stadien. Wie das aussehen könnte, zeigt ein Beispiel aus der Ukraine. Am vergangenen Montag wurde um 17.00 Uhr das Erstliga-Spiel zwischen Dnipro-1 und Oleksandrija angepfiffen. Es endete 1:0 für das Heimteam und dauerte 280 Minuten.
Die Stadt Dnipro ist seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ziel von Luftangriffen. Auch am Montag gab es während der Partie mehrmals Raketenalarm und die Akteure mussten sich immer wieder in Sicherheit bringen, bevor die Partie kurz vor 22 Uhr endlich zu Ende gespielt war.
In der Ukraine wird seit rund 13 Monaten wieder Fussball gespielt, zumindest in den Stadien, die noch nicht zerbombt wurden. Krieg und Spiele: Den gebeutelten Menschen soll in diesem Horror wenigstens ein bisschen Ablenkung und Hoffnung auf «Normalität» geboten werden.