Nationalstolz treibt sie an
Türken werden sich gegen die Schweiz zerreissen

Auch wenn die Qualifikationschancen nur noch minim sind, werden sich die Türken in Baku zerreissen. Eine Rückkehr mit null Punkten lässt der Stolz nicht zu.
Publiziert: 19.06.2021 um 16:02 Uhr
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Aktualisiert: 19.06.2021 um 16:05 Uhr
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Kubi hat 1996 bei der Schande von Baku das Nachsehen gegen mehrere Aseris.
Foto: keystone-sda.ch
Alain Kunz, Rom

0:3 gegen Italien. 0:2 gegen Wales. Die türkische EM-Kreuzfahrt ist bisher ein einziges Fiasko. Sollten die stolzen Osmanen auch noch gegen die Schweiz verlieren, würden sie als Nullnummer in die Heimat zurückkehren. Und würden geteert und gefedert. Mindestens …

«In der Türkei gibts keine Schattierungen», erklärt Kubilay Türkyilmaz (54), mit 34 Toren der zweitbeste Torschütze der Nati-Geschichte – und vor allem: Schweiz-Türke! «Es gibt Weiss und Schwarz. Aber nichts dazwischen. Im Moment ist alles schwarz. Und das darf aus türkischer Sicht auf keinen Fall so bleiben.»

… dann müssten alle zurücktreten

Sonst? «Es gibt bereits Forderungen, dass in diesem Fall alle zurücktreten müssten. Coach Senol Günes, der sowieso, sein Staff, alle Spieler. So ist das in der Türkei. Land der Extreme. Kein Grau. Schwarz. Oder Weiss.»

Exzessiv sei auch der Nationalstolz der Türken. «Das wird auch deren Hauptantrieb sein, gegen die Schweiz das letzte Hemd zu geben. Die Jungs vom Bosporus werden nicht primär mit der Idee ins Spiel gehen, noch eine Chance auf die Achtelfinals zu haben. Dazu müssten sie wohl 4:0 oder so gewinnen, um ein annähernd ausgeglichenes Torverhältnis zu haben. Aber sie wollen dieses Turnier auf keinen Fall als totale Verlierer beenden. Denn die Hoffnungen waren riesig!»

Die spielen bei Juve, Lille und Liverpool

Da war die exzellente EM-Qualifikation mit dem Sieg gegen Frankreich. Das begeisternde 4:2 gegen Holland zum Start in die WM-Quali. Im deutschen «Kicker» wird das Team in den Geheimfavoriten-Status erhoben. Und nun der totale Absturz! «Nichts funktioniert», sagt Kubi. «Und es ist unverständlich. Alle spielen in wichtigen Klubs. In der Türkei. Oder bei Juventus, Lille, Liverpool, Leicester, Milan.»

Aber wehe, es kommt zum Ereignis, das diese Blockade löst. «Dann verkehrt alles sehr schnell ins Gegenteil. Ich habe das selbst einst erlebt, bei Galatasaray, als wir in der Champions-League-Qualifikation gegen Manchester United 0:2 zurücklagen, nach dem Anschlusstreffer kehrte alles. Wir holten ein 3:3 – und kamen weiter.»

Baku wird in Händen der türkischen Brüder sein

Zudem wird es in Baku heiss zu- und hergehen. «Als wir mit der Nati 1996 in Baku 0:1 verloren, war die Stimmung fantastisch. Diesmal werden kaum aserbaidschanische Fans im Stadion sein, sondern fast ausschliesslich Türken. Weil die Länder verbrüdert sind, wird die Stimmung ähnlich leidenschaftlich und laut sein.»

Und was muss die Nati machen, um diese türkische Euphorie im Keime zu ersticken? Kubi: Vladimir Petkovic soll seinen Jungs das Video des Wales-Siegs gegen die Türken zeigen. Genau so müssen wir spielen. Offensiv, forsch, die Türken nie ins Spiel kommen lassend. Dann gewinnen wir. Und dann stehen wir in den Achtelfinals. Wenn es da zu einer Überraschung kommt, spricht kein Schwein mehr vom Italien-Desaster. Im Fussball geht alles sehr schnell. Darauf baue ich.»

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