Laut hallt es durchs Wembley. «It’s coming home», singen die Engländer glücktrunken. Sie habens geschafft, sie haben Erzrivale Deutschland aus dem Turnier gekegelt und das Ticket für den EM-Viertelfinal gelöst.
Der 2:0-Sieg der Three Lions ist gleichbedeutend mit dem Ende der Löw-Ära bei den Deutschen. Vor 15 Jahren hat Jogi Löw, der Mann, der einst beim FC Schaffhausen gespielt hat, bei den Deutschen als Chef-Coach übernommen. 198 Partien später sucht sich 61-Jährige eine neue Herausforderung. Für ihn übernimmt nach dem Sommer Ex-Bayern-Trainer Hansi Flick.
Hätte er früher gehen müssen?
«Es ist eine grosse Enttäuschung für uns alle», sagt Löw nach dem England-Spiel. Seit seinem Amtsantritt 2006 hat er nur 34 Niederlagen einstecken müssen. Jene vom Dienstag dürfte ihn und ganz Deutschland besonders schmerzen. Natürlich hätte sich der Weltmeister-Trainer von 2014 gerne erfolgreicher von der Nationalmannschaft verabschiedet. So aber verlässt er den DFB, während viele Experten meinen, er hätte schon viel früher – beispielsweise nach dem grossen Coup 2014 – gehen müssen.
Ob er als der grosse Weltmeister-Trainer in Erinnerung bleiben wird? Oder ob doch die Tiefpunkte überwiegen werden? Beispielsweise das Gruppenphase-Out, das erste überhaupt, an der WM 2018? Oder die historische 0:6-Ohrfeige gegen die Spanier letzten November? Oder die Pleite gegen England an dieser EM? Die Zeit wirds zeigen.
Erstmal dürfte Löw nun in die Ferien gehen. Und dann? Aufhören wird er nicht. «Vom Ruhestand habe ich nie gesprochen. Es gibt mit Sicherheit neue Aufgaben, die für mich interessant sind.»
Neuer vermisst Jogi
Die deutschen Kicker jedenfalls werden ihren Jogi vermissen. Captain Manuel Neuer gestern: «Nach dem Abpfiff habe ich Richtung Trainerbank geschaut, das war ein sehr trauriges Gefühl, wie ich Jogi gesehen habe. Er ist ein klasse Mensch, wir haben ihm alle viel zu verdanken. Er hat eine klasse Ära geprägt. Dass es so zu Ende geht, ist schade und sehr traurig.»
Den Engländern dagegen wirds egal sein. Die sind in Feierlaune. Sie träumen vom ersten Titel seit der WM 1966. London steht Kopf. Gar Herzogin Kate, Prinz William und Sohnemann George wippen im Stadion zur Fussball-Hymne «It’s coming home» mit.
Ob der Fussball tatsächlich nach Hause auf die Insel finden wird? Die Chancen stehen so gut wie schon lange nicht mehr. (mam)