Um 20.39 Uhr platzt der Traum. Als Trent Alexander-Arnold auch den fünften und letzten Penalty an Yann Sommer vorbei schiesst, ist das Märchen der Nati an dieser EM vorbei. Aus der Traum vom Halbfinal. Aus der Traum von der Krönung der besten Nati-Generation der Geschichte.
Pechvogel ist ausgerechnet Manuel Akanji. Der ManCity-Verteidiger, der ein überragendes Turnier gespielt hat, vergibt den ersten von vier Schweizer Penaltys, als er zu zaghaft und unplatziert schiesst und an Jordan Pickford scheitert. Die Parade des englischen Keepers bringt letztlich die Entscheidung.
Mit England gewinnt die glücklichere, aber nicht die bessere Mannschaft an diesem kühlen und windigen Abend in Düsseldorf, der unspektakulär beginnt. Denn in der Verlängerung steht die Nati dem Sieg näher. Zwar prüft Declan Rice Sommer (95.) mit einem Hammer, und Granit Xhaka blockt zweimal Jude Bellinghams (102.), doch auch im fünften Spiel des Turniers beweist die Schweiz, dass sie topfit ist.
England wankt
Denn gegen Ende der Verlängerung zündet sie ein Feuerwerk. Xherdan Shaqiris herrlich geschnibbelter Corner klatscht ans Lattenkreuz (117.), dann prüft der ebenfalls eingewechselte Zeki Amdouni Pickford. Und die letzte Chance zum K.o.-Schlag vergibt Silvan Widmer, als er alleinstehend über das Tor schiesst. Die «Three Lions», 2021 EM-Finalist, wanken – sie fallen aber nicht.
Erstmals an diesem Turnier nimmt Yakin in der Startaufstellung keine Wechsel vor. Zaubert der Nati-Coach sowohl gegen Ungarn (Aebischer, Duah), Schottland (Shaqiri), Deutschland (Rieder) und Italien (Vargas) einen neuen Trumpf aus dem Hut, lautet gegen England die Devise: «Never change a winning team». Für Widmer, gegen Italien gesperrt, spielt Ndoye erneut auf der rechten Seite im Couloir.
Nur Saka macht Probleme
England stellt um, spielt erstmals seit dem EM-Final 2021 wieder in einer Dreierkette. Der gesperrte Marc Guéhi wird durch Ezri Konsa ersetzt. Ins Wackeln gerät die englische Defensive nur einmal in der Startphase, als Ndoye auf rechts durchbricht, Mainoo den Querpass klären kann (8.). Aber auch England hat nicht viel zu bieten. Gefährlich wird es nur, wenn Bakayoko Saka auf der rechten Seite durchbricht. Der Arsenal-Flügel bereitet Michel Aebischer immer wieder Probleme, was der Nati letztlich zum Verhängnis wird.
Das Spiel ist von Vorsicht und Taktik geprägt. Torchancen sind eine Stunde lang Fehlanzeige. Dann erhöht die Nati die Schlagzahl – und schlägt eiskalt zu. Breel Embolo staubt zum 1:0 ab. Die Nati schnuppert am Halbfinal. Doch wie bereits gegen die Slowakei zieht England den Kopf aus der Schlinge. Wieder ist es Saka, der von Aebischer nicht zu halten ist und den Ball via Pfosten ins lange Eck schlenzt, so, dass dieser Abend doch noch sein Drama erhält – mit dem besseren Ende für England. «Es ist brutal hart und schwierig, die richtigen Worte zu finden», sagt Captain Granit Xhaka, der sich mit einem Muskelfaserriss in den Adduktoren durchbeisst.
Und Nati-Coach Murat Yakin bilanziert: «Es schmerzt gewaltig. Es tut mir leid, für die Jungs und für unsere Nation. Penaltyschiessen ist Glücksache. Ich bin stolz auf diese EM-Kampagne. Wie wir zusammen gelebt und wie wir zusammen geträumt haben.»