Sion-Präsident Christian Constantin wartete noch den Anpfiff des Cup-Halbfinals zwischen Winterthur und Servette ab. Als feststand, dass dort ein VAR im Einsatz stand, drückte er auf den Knopf und bescherte seinem Juristen Sonntagsarbeit.
«Dass bei einem Cup-Halbfinal ein VAR im Einsatz stand und beim anderen nicht, ist eine stossende Ungleichbehandlung», sagt CC. «Diesen Missstand melde ich nun Swiss Sport Integrity und verlange die Eröffnung eines Verfahrens.» Gleichzeitig fordert er in einem Schreiben an den Schweizerischen Fussballverband eine Wiederholung des Spiels. Der Verband bestätigt dieses formelle Verlangen. CC dazu: «Ich rechne mir da keine grosse Chance aus. Aber danach ziehe ich vor dem Internationalen Sportgerichtshof CAS, überdies ersuche ich um eine superprovisorische Verfügung in Anbetracht der Dringlichkeit. Beim CAS sehe ich bessere Chancen auf Gerechtigkeit.» Gleichzeitig legt er gegenüber Blick den Plan vor, wann man dieses Wiederholungsspiel gegen Lugano MIT VAR ansetzen könnte: am 28. oder 29. Mai.
Swiss Sport Integrity ist die unabhängige Melde- und Untersuchungsstelle für Ethik-Vorfälle im Sport, also Verstösse gegen das Ethik-Statut von Swiss Olympic. Die Swiss Football League ist dem Ethik-Statut unterstellt. Swiss Sport Integrity ist allerdings so stark ausgelastet, dass es mehr als fraglich ist, ob Constantins Antrag bis Ende Mai behandeln werden kann.
CC beschimpfte Ref Schnyder aufs Übelste
Zur Erinnerung: Sion hat seinen Halbfinal gegen Lugano 0:2 verloren. Das zweite Tor fiel auf Penalty nach einem Fehlpfiff von Ref Urs Schnyder, der sich im Unterbewusstsein bei seinem voreiligen Pfiff wohl darauf verliess, den Airbag VAR zu haben, sollte dieser Entscheid nicht standhalten.
Und in der Tat deckte die Perspektive bei der dritten Wiederholung der Szene am TV auf, dass es Luganos Spieler Doumbia war, der seinen Fuss zuerst an jenem von Sions Souza hatte. Ohne VAR blieb der Entscheid stehen. Luganos Zan Celar buchte eiskalt das 2:0, und Sion war fortan stehend k.o. Das liess CC nicht auf sich beruhen und beschimpfte Schnyder nach dem Spiel aufs Übelste.
Der VAR hätte problemlos im Einsatz stehen können
Was steht im Cup-Reglement? «Ab den Achtelfinals wird in Stadien, welche dafür ausgerüstet sind, ein Video Assistant Referee (VAR) nach den Vorgaben der Fifa und des IFAB eingesetzt. Ausgenommen sind Spiele, bei denen im konkreten Einzelfall der einwandfreie Einsatz des VAR aus technischen oder anderen wichtigen Gründen nicht gewährleistet werden kann.» Das ist im Fall Sion nicht der Fall.
Sion hatte den VAR seit dessen Einführung 2019 bis zum Abstieg aus der Super League immer im Einsatz. Das Tourbillon ist ein Stadion der Uefa-Kategorie 1, in dem internationale Spiele ausgetragen werden dürfen. Auch diese Saison mit dem EM-Quali-Spiel der Nati gegen Andorra im letzten September. In der Challenge League ist der Einsatz des VAR nicht vorgesehen.
CC sieht den SFV in der Pflicht
Die Meinung von CC ist gar nicht so abstrus, wenn man das Reglement liest. Er sagt: «Veranstalter des Cups ist der SFV. Dieser ist auch für die Schiedsrichter zuständig, also auch für den VAR. Der SFV hätte uns informieren sollen, dass er das VAR-System im Einsatz sehen will. Dann hätten wir das getan. Doch im Aufgebot des SFV fehlte im Gegensatz zum Viertelfinal-Aufgebot die Angabe, in welchen Spielen ein VAR zum Einsatz komme und in welchen nicht.» Der Verband hingegen weist darauf hin, dass es Sache des Gastgebers sei, zu melden, dass das System bereit sei. Das habe Sion schon beim Viertelfinal gegen YB unterlassen. In dem es notabene zu keiner VAR-würdigen Szene gekommen war, weshalb es auch keine Diskussionen gab.
Zu allem Übel für CC könnte der SFV ein Verfahren gegen ihn wegen der Beleidigungen an die Adresse von Schiri Schnyder einleiten. «Wir haben diese Aussagen via Medien zur Kenntnis genommen und werden sie nicht öffentlich kommentieren. Wir überprüfen das weitere Vorgehen», so der Verband. Tönt nicht nach Unter-den-Tisch-Kehren.