Der zweite von drei Matchbällen wird verwertet: Dank dem 1:1 gegen den FC Aarau steigt Yverdon in die Super League auf. Zum dritten Mal in der Klubgeschichte. 17 Jahre nach dem Abstieg 2006. Und nur zwei Jahre nach der Rückkehr in den Profifussball 2021.
Nach dem Schlusspfiff stürmen die Fans den Platz, zünden immer wieder Feuerwerk und bejubeln die Spieler und Trainer Marco Schällibaum. Der sagt kurz nach Schlusspfiff: «Unglaublich, es fühlt sich surreal an. Wir geniessen diesen Moment jetzt einfach!»
Yverdon Sport. Was kommt da auf die Super League zu? Blick stellt den Überraschungs-Aufsteiger vor.
Vor sechs Jahren noch vierte Liga
Wie Stürmerstar Brian Beyer, der vor wenigen Jahren noch in der 10. französischen Liga kickte, hat auch Yverdon einen steilen Aufstieg hinter sich. 2017 war der Klub noch in der 1. Liga Classic zu Hause, der vierthöchsten Spielklasse. Nach dem Aufstieg in die Promotion League spielte man auch dort vorne mit. Weil in der ersten Corona-Saison 2019/20 aber keine Amateur-Ligen-Spiele stattfanden, konnte Yverdon erst 2021 in die Challenge League aufsteigen.
Dort musste Aufstiegstrainer Michel Aeby wegen schlechter Resultate bereits nach drei Partien gehen, Nachfolger wurde mit Uli Forte ein prominenter Name. Als dieser sich 2022 nach Deutschland (Bielefeld) verabschiedete, übernahm Trainer-Urgestein Marco Schällibaum. Eine überraschende, aber rückblickend perfekte Wahl: Ein Jahr nach dem Aufstieg mit Bellinzona in die Challenge League wiederholt Schällibaum das Kunststück eine Liga höher. Und sagt: «Yverdon kann das Bijou der Super League werden.»
Abstimmung am 15. Juni
Bijou in der Super League? Potenzial dafür hat das 2019 renovierte Stade Municipal sehr wohl. Doch dass Yverdon die Lizenz für die Super League in erster Instanz erhalten hat, liegt daran, dass der Aufsteiger die Saison im Exil beginnen wird. Weil im Municipal die Lichtanlage, die Infrastruktur und die Sicherheitsvorkehrungen noch nicht Super-League-tauglich sind, hat der Klub das Stade de Tourbillon im Wallis als Ausweichstadion angegeben.
Hintergrund: Yverdon-CEO Marco Degennaro war früher in Diensten des FC Sion – und ist bis heute Berater von Sion-Präsident Christian Constantin. Naheliegend also, dass Yverdon nach Sion ausweicht.
Auf die Zuschauerzahlen wird sich das negativ auswirken: Gut 1500 beträgt der Schnitt in der laufenden Saison. Und das, obwohl Yverdon seit Saisonbeginn an der Tabellenspitze mitmischt. Und künftig müssen sich die Fans noch über eine Stunde ins Auto setzen, um die Mannschaft in Sion anzufeuern. Das dürfte die Zuschauerzahlen ins Bodenlose sinken lassen – und einen Minusrekord in der Super-League-Historie geben.
Noch hofft der Aufsteiger aber, dass man nicht in Sion ran muss. Mit Auswärtsspielen zu Beginn der Saison könnte man die nötige Zeit überbrücken, bis das Stadion auf Vordermann gebracht ist. Dazu braucht es das Okay der Liga beim Gestalten des Spielplans.
Es besteht aber auch die Gefahr, dass die komplette Saison in Sion gespielt werden muss. Der Gemeinderat muss nämlich das zusätzliche Budget für die Lichtanlage erst noch bewilligen. Gibts ein Nein am 15. Juni, müsste Yverdon in Sion antreten.
Und die Walliser Kantonshauptstadt bliebe auch bei einem Abstieg des FC Sion Spielort in der Super League.
Schällibaum löst Zeidler ab
St. Gallens Trainer Peter Zeidler wird erst im August 61 Jahre alt – Marco Schällibaum ist es seit dem 6. April schon. Und löst damit nächste Saison den Deutschen als ältesten Trainer in der Super League ab. Wie lange Schällibaum schon im Geschäft ist, zeigt dieser Fakt: Sein letztes Spiel als Trainer in der Super League liegt fast 14 Jahre zurück. Im November 2009 wurde er in Bellinzona entlassen – nach einem 1:7 gegen YB und einem 0:5 gegen St. Gallen. Seither arbeitete «Schälli» unter anderem für Lugano, Aarau und MLS-Klub Montreal, ehe er vor einem Jahr überraschend nach Yverdon berufen wurde.
Kollektiv statt Stars
Obwohl Yverdon-Besitzer und Immobilien-Unternehmer Mario Di Pietrantonio die Mittel dafür hätte, sucht man im Yverdon-Kader vergebens nach bekannten Namen. Oder ausrangierten Super-League-Profis. Früher war das anders: In der 1. Liga schnürte sich mit Djibril Cissé sogar ein ehemaliger Champions-League-Sieger (2005 mit Liverpool) für Yverdon die Schuhe.
Heute sind die bekanntesten Namen die früheren Servette-Profis Koro Koné und Anthony Sauthier. Sandro Theler, früherer Sion-Spieler in Diensten von Yverdon Sport, sagt denn auch über den Aufstieg: «Das ist ein Erfolg des Zusammenhalts. Die Chemie im Team ist überragend. Niemand nimmt sich selber wichtiger als die Gruppe. Nur darum war das überhaupt möglich.»
Mannschaft | SP | TD | PT | ||
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1 | FC Thun | 14 | 14 | 28 | |
2 | FC Etoile Carouge | 14 | 6 | 26 | |
3 | Neuchatel Xamax FCS | 14 | -3 | 22 | |
4 | FC Aarau | 14 | 5 | 21 | |
5 | FC Vaduz | 14 | -2 | 20 | |
6 | FC Wil | 14 | 4 | 18 | |
7 | FC Stade-Lausanne-Ouchy | 14 | 6 | 16 | |
8 | AC Bellinzona | 14 | -7 | 16 | |
9 | FC Schaffhausen | 14 | -5 | 15 | |
10 | FC Stade Nyonnais | 14 | -18 | 10 |