Seit es den VAR gibt, sorgt er immer wieder für Diskussionen. Auch während der EM ist das nicht anders. Besonders eine Szene im Halbfinal zwischen England und Dänemark hat für erhitzte Gemüter gesorgt. Der Schiedsrichter gibt Penalty, die Wiederholungen zeigen, England-Star Sterling wurde wenn dann nur leicht berührt. Ein strittiger Entscheid und trotzdem mischt sich der VAR nicht ein.
Markus Babbel redet sich schon fast in Rage, wenn er über die Szene spricht. «Natürlich war ein Kontakt da, aber wir reden von einem Kontaktsport! Im Supermarkt hab ich mehr Kontakt und ich fall nicht jedes Mal zu Boden und muss mich wieder hochraffen.» Dabei war er während der Gruppenphase noch zuversichtlich, da hätten die Schiedsrichter und der VAR einen super Job gemacht. «Sie haben es wieder laufen lassen. Die Spieler waren total überrascht, dass nicht jede Kleinigkeit gepfiffen wurde.»
Coaches Challenge statt VAR
Auch Hanspeter Latour ist alles andere als begeistert vom VAR. «Ich bin seit der ersten Stunde dagegen», sagt er. «Man hat immer gesagt, der Fussball könnte dadurch gerechter werden. Und das ist er nicht.» Er erinnert sich an die Zeiten, als noch von der 4. Liga bis in die oberste Liga die gleichen Regeln galten. Und nun werde der Fussball immer komplizierter gemacht. Der Kult-Trainer hat aber schon eine andere Lösung parat: Eine Coaches Challenge. «Jeder Coach hat einmal pro Spiel das Recht, zu intervenieren und zu sagen, das sollten wir nochmal zusammen anschauen. Die Szene wird vor Ort überprüft, von den Schiedsrichtern und ohne die Trainer. Wenn sie beim Entscheid bleiben, muss das der Trainer akzeptieren. Ein Fehler kann sofort korrigiert werden und das Spiel läuft weiter.»
Babbel findet Latours Idee ebenfalls gut. Denn es gibt vor allem eine Sache, die er im Zusammenhang mit dem VAR nicht mehr hören kann: Wenn begründet wird, er reagiere nicht, weil es keine 100-prozentige Fehlentscheidung war. Er blickt nochmals auf den Halbfinal zwischen England und Dänemark zurück. «Wir sprechen von einem Halbfinal und wir wollen das Ganze gerechter machen. Und dann geh ich nicht raus und hab nicht die 2 Minuten Zeit, um das noch einmal anzuschauen. Weil es eben keine 100-prozentige Fehlentscheidung war. Da dreh ich am Rad! Da fall ich vom Glauben ab. Das nervt mich.» Vor allem aber tun ihm auch die Dänen leid. Denn wer weiss, was für sie noch drin gelegen wäre, hätten sie da das Tor nicht kassiert.
Emotionen kommen Fussball abhanden
Auch die neue Regel, dass zugewartet wird, bis ein Offside angezeigt wird, sorgt für Diskussionen. «Das finde ich einen fertigen Blödsinn», hat Latour eine klare Meinung. Ins gleiche Horn bläst Babbel. «Das Schlimme ist: Du schiesst ein Tor und kannst dich gar nicht mehr freuen, weil du ja nicht weisst, was noch passiert. Diese Emotion wird dir genommen.» Auch Latour gefällt es nicht, dass dem Fussball so die Emotionen abhanden kommen, von denen er lebt. Eines ist vor dem EM-Final aber klar. Egal ob oder wie der VAR zum Einsatz kommen wird, spätestens nach dem Schlusspfiff wird es Emotionen geben.