Stell dir vor, du betreibst ein Schweizer Rennteam in der DTM, und eines Tages sitzt mit Max Verstappen (26) der überragende Rennfahrer der Formel 1 in deinem Rennwagen. Nur eine Motorsport-Fantasterei? Nicht für Lorenz Frey-Hilti (32). Der Zürcher ist Geschäftsleitungsmitglied bei der Autohandelsgruppe Emil Frey und Teamchef beim angegliederten Rennstall, der mit Ferrari-Boliden seit 2023 in der DTM antritt.
Und es ist eben auch das Team, das auf den berühmtesten Testfahrer der Welt zählen kann. «Max ist total unkompliziert, ein bodenständiger, lieber Kerl ohne jegliche Starallüren», sagt Frey-Hilti zu Blick. «Ihm bei der Arbeit zuzusehen, ist extrem faszinierend. Er ist schon nach ein, zwei Runden auf Tempo und arbeitet enorm akribisch. Man spürt, wie riesengross seine Leidenschaft fürs Rennfahren ist.»
Verstappen suchte eine Partnerschaft mit einem Team
Verstappens offenbar überragende Rundenzeiten bleiben zwar ein Geheimnis. Aber sonst redet der Teamchef gerne über die Testtage vor Weihnachten in Portugal, als Verstappen mit dabei ist. Der Hintergrund für den diskret gebliebenen Test: Der Formel-1-Star betreibt nebenbei ein eigenes Team namens «verstappen.com».
Doch weil für den vielbeschäftigten Red-Bull-Piloten der Betrieb eines Rennstalls mit allem Drum und Dran dann doch etwas viel wäre, suchte er vor einem Jahr eine Partnerschaft mit einem Team, wo sein Kumpel Thierry Vermeulen (21) Rennen fahren kann. Und fand sie in der Schweiz.
«Es gibt ja unzählige GT3-Teams. Es war eine grosse Ehre, dass er bei uns anfragte. Auch wenn wir am Anfang nicht recht wussten, was hinter der Anfrage steckt», sagt Frey-Hilti. Eine Zusammenarbeit mit dem F1-Champion? Es klang zunächst surreal. Doch die Kooperation mit den Holländern kommt zustande, Vermeulen beendet in seinem Emil-Frey-Boliden in Verstappen-Farben sein DTM-Debütjahr auf Gesamtrang 16, die Zusammenarbeit wird 2024 fortgesetzt.
«Zwar ist Thierry Max' Freund, doch dieser will Leistung sehen»
Frey-Hilti ist von seinem Geschäftspartner mit dem ganz grossen Namen vor allem bei einer Sache hin und weg. «Ich hätte mir nie vorgestellt, wie intensiv Max unsere Rennen verfolgt», sagt der Teamchef. Er habe schon Videos erhalten, wo zu sehen sei, dass Verstappen direkt vor seiner eigenen Formel-1-Quali noch live die Quali von Vermeulen verfolgt.
Das Interesse des dreifachen F1-Weltmeisters an seinem Privatprojekt ist so gross, dass er bei bisher zwei Testfahrten selber in den GT-Ferrari der Schweizer steigt – und das nicht etwa als Rennstrecken-Plausch. Frey-Hilti: «Max verfolgt einen klaren Testplan und macht sehr hilfreiche Aussagen bei unseren Ingenieuren. Er hilft ganz konkret mit, dass wir schneller werden. Auch, weil er sehr gut adaptiert, was Thierry braucht.» Und noch was fiel dem Schweizer auf: «Zwar ist Thierry Max' Freund, doch dieser will Leistung sehen. Er macht ihm als Coach strikte und klare Vorgaben.»
Verstappen geniesst die Tage bei Emil Frey Racing aber jeweils auch, weil er ohne den ihm oft lästigen Formel-1-Rummel Gas geben kann. Diese Leidenschaft ist ansteckend. «Er hat mich überzeugt, dass ich tatsächlich auch mal wieder einige Runden selber gefahren bin», erzählt Ex-Rennfahrer Frey-Hilti. Kam er an die Zeiten von Verstappen heran? «Nicht ganz», antwortet er lachend.