Die späte Disqualifikation am Sonntag ging leise über die Bühne. Russell («mir blutet das Herz») hatte mit seiner riskanten Ein-Stopp-Strategie den Reifenverschleiss strapaziert. Bis eben das erforderliche Gesamtgewicht von 798 Kilo um 1500 Gramm unterschritten wurde.
400 Gramm pro Reifen
Bei Pirelli war klar: Da können die vier Gummis schon mal je 400 Gramm verlieren. Und weil es in Spa auch keine Auslaufrunde gibt, auf der gefährdete Boliden im Kiesbett mal einige Steine aufsammeln, bezahlte Mercedes einen hohen Preis.
Chef Toto Wolff: «Keine Diskussion. Der Fehler liegt bei uns. Mir tut George leid, auch wenn mit Hamilton der Sieg in der Familie bleibt.» Eben: Wer mit dem Gewicht am Limit lebt, muss mit bösen Überraschungen rechnen.
Der Sauber-Glücksgriff 2022
Wer die Gewichtsgrenze genau trifft, hat der Konkurrenz einige Zehntel voraus. Das beste Beispiel lieferte ausgerechnet Alfa-Sauber 2022. Da war bei den Vortests schnell einmal klar: Die Sauber-Rivalen hatten bis zu zehn Kilo zu viel auf den Rippen.
Und was geschah: Allein Bottas holte aus den ersten neun Rennen sensationelle 46 WM-Punkte. Dann hatten alle das Manko wettgemacht – und der Finne sammelte in den letzten zwölf Rennen gerade mal drei Zähler.
Es begann 1976 mit Hunt
1976 war das Jahr des Titel-Duells James Hunt (McLaren) gegen Niki Lauda (Ferrari). Der Film «Rush» überspitzte den Zweikampf zwischen zwei Freunden neben der Piste! In Brands Hatch verlor Hunt den Sieg an Lauda, weil der Brite nach dem Startabbruch die Runde an die Boxen abgekürzt hatte. Ferrari legte gegen den Neustart von Hunt Protest ein – zwei Monate später (!) wurde der «Playboy» disqualifiziert. Holte aber im Regen-Finale von Fuji den Titel, weil Lauda aufgab.
Es geschah 1982 in Rio
Der Brasilianer Nelson Piquet (Brabham) konnte sich 1982 in Rio de Janeiro nur kurz über den Heimsieg freuen. Dann wurde – wie jetzt in Spa – vom Weltverband das unterschrittene Mindestgewicht festgestellt. Den Sieg erbte Alain Prost im Renault.
1985 war Prost das Opfer
Drei Jahre später verlor der Franzose Prost (dann im McLaren) in Imola den ersten Platz an Elio de Angelis (Lotus). Diesmal war das Auto von Prost untergewichtig.
1989 erwischte es Senna
Im dramatischen Finale von Suzuka fuhr Ayrton Senna nach dem Crash mit Teamkollege Prost mithilfe der Streckenposten weiter und «siegte». Es war eine umstrittene Disqualifikation, die Alessandro Nannini im Benetton den einzigen Sieg brachte.
1994 jubelte Hill in Spa
Und vor 30 Jahren profitierte in Belgien der Brite Damon Hill im Williams-Renault von der Disqualifikation des Michael Schumacher. Dieser hatte die Bodenplatte im Benetton um einige Millimeter zu stark abgenutzt. Am Saisonende brachte ein ungeahntes «Foul» von Schumi an Hill in Adelaide dem Deutschen den ersten WM-Titel.