Blick: Haben Sie auch mit Lewis Hamilton telefoniert?
Bernie Ecclestone: Nein, aber vor ein paar Tagen mit seinem Vater. Ich spürte sofort, dass er mir eine Frage über die Zukunft seines Sohnes nicht beantworten würde. Also sprachen wir nur über Geschäftliches!
Die Sportwelt fragt sich auch fast zwei Wochen nach dem dramatischen und für viele auch skandalösen WM-Finale, was ist mit Sir Lewis Hamilton los?
Ich weiss es nicht, aber ich glaube, dass er nicht zurückkommt. Zu gross ist seine Enttäuschung. Und die kann man auch irgendwie verstehen. Jetzt wäre es an der Zeit, mit ebenfalls sieben WM-Titeln wie Michael Schumacher, seinen Traum vom Mode-Unternehmer in Angriff zu nehmen.
Was halten Sie vom Ende in Abu Dhabi?
Da lief sicher vieles in den letzten Runden schief. Rennleiter Masi hätte sich doch einigen Ärger ersparen können, wenn er nach dem Latifi-Crash das Rennen sofort mit der roten Flagge gestoppt hätte. Dann wäre es für die letzten drei Runden zu einem Superfinale zwischen Max und Lewis gekommen.
Das wird sich heute auch Masi selbst vorwerfen. Nun, am Ende wollte er einfach nochmals das Rennen freigeben.
Da lief wirklich einiges schief. Wir können es nicht mehr ändern.
Aber Mercedes hätte die WM ja nicht verlieren müssen…
Wie kann ich das verstehen?
Nun, hätte Mercedes auf den Schachzug von Red Bull richtig reagiert, wäre es gar nie mehr zur letzten Runde gekommen, wo Max alles gewann und Lewis alles verlor.
Was meinen Sie?
Red Bull holte drei Runden vor Schluss Pérez an die Boxen, weil er offenbar ein Öldruckproblem hatte und man unbedingt eine weitere Safety-Car-Phase verhindern wollte. Und da hat Mercedes einen Funkspruch zu wenig gemacht…
Welchen?
Ganz einfach, man hätte Bottas funken sollen, er solle das Auto ausrollen lassen, weil man den Motor schonen möchte…
Ganz schön clever. Habe auch daran gedacht, und es hätte einige ideale Orte gegeben, damit das Safety Car hätte draussen bleiben müssen. Viele hätten sich aufgeregt, aber niemand hätte ja ohne Wiederaufnahme des Rennens das aktuelle Finale im Hinterkopf gehabt.
Dieser fehlende Funkspruch hat Mercedes sicher sehr viel Geld gekostet.
Richtig. Und ich weiss nicht, ob Toto Wolff mit einem Drittel der Team-Anteile noch in der gleichen starken Situation wie früher ist. Aber das werden wir ja irgendwann erfahren.
Ohne Hamilton wären die Silberpfeile sehr geschwächt…
Richtig. Aber Lewis könnte 2022 nur noch verlieren. Wer weiss, wie die neuen Autos das Feld neu aufstellen. Mit George Russell bekäme er einen ehrgeizigen Teamkollegen, von dem ich übrigens nicht so überzeugt bin wie viele Experten. Und dann vergessen wir Verstappen nicht. Mit ihm hat Hamilton nach vielen Jahren endlich einen gleichwertigen Gegner gefunden.
Verstappen sagt, dass er nicht daran glaube, dass Lewis wirklich aufhört.
Das verstehe ich. Mit Hamilton hatte Max einen Rivalen, den alle hoch einschätzten. Da zählen Erfolge eben doppelt. Und ich behaupte: Max ist aktuell der beste Rennfahrer der Welt.
Bleibt das so, wenn ab 2022 Red Bull den Honda-Motor in eigener Regie betreuen muss?
Machen Sie sich keine Sorgen. Die Japaner werden auch nach dem offiziellen Rücktritt immer ein Auge auf die Entwicklung haben!
Mit wem haben Sie zuletzt telefoniert?
Der Vater von Carlos Sainz hat mich angerufen und berichtete mir über die Situation seines Sohnes.
Und?
Sagen wir es mal so. Viele in Maranello sind überrascht, dass der Spanier dem Teamkollegen Charles Leclerc 2021 so einheizen konnte (5,5 WM-Punkte mehr, Anm. d. Red.). Für mich war Leclerc immer ein sehr guter Pilot, aber eben nicht mehr.