Woher nahm Sir Lewis Hamilton (39) eigentlich die Extra-Motivation für seinen ersten GP-Sieg nach 56 Rennen? Der Brite klärt schnell auf: «Ich sass am Samstag mit Teamkollege George Russell auf der Haupttribüne von Silverstone und verfolgte mit 20'000 Fans den EM-Krimi gegen die Schweiz. Und was für ein Penaltyschiessen der Engländer.»
22 Stunden später jubelte der siebenfache Weltmeister an gleicher Stätte nochmals: 9. Sieg in Silverstone, sein 12. Podestplatz beim Heimrennen in Serie. Rekorde für die Ewigkeit.
«Ging mir nie um Siege, Pokale und Titel»
Und als erster Pilot mit mehr als 300 Rennen stand Hamilton nach 344 Einsätzen ganz oben auf dem Podest. Schumi (307) schaffte es nicht, und Alonso (390) fehlt jetzt das Auto für Siege.
«Es ging mir in meiner Karriere nie nur um Siege, Pokale und Titel. Es ging mir um die Menschen in meinem Umfeld und auf der ganzen Welt. Wir müssen auch etwas tun. Für das Klima, die Natur und die Gleichberechtigung aller Rassen und Geschlechter.»
Schlafzimmer-Antwort lässt Medienchef zusammenzucken
Wenn du mit Hamilton persönlich sprichst – und das tun wir einmal im Jahr in Singapur – bekommst du sofort das Gefühl, er sei interessiert, sieht die Fragen nicht als lästige Pflicht an.
Herrlich die Szene, als er auf die Frage von Blick «Wo fühlst du dich am wohlsten?» sofort antwortete: «Im Schlafzimmer!» Der Medienchef zuckte zusammen: «Das kannst du doch nicht sagen. Die machen daraus eine Schlagzeile.» Lewis lächelte: «Also schreib einfach im Cockpit!»
Hamiltons Hang zur Extravaganz
Doch der etwas andere Superstar geht seinen Weg. Seit er 2007 neben Alonso im McLaren-Mercedes die Formel 1 aufmischte – und die beiden verkrachten Fahrer den WM-Titel mit einem Punkt weniger an Räikkönen (Ferrari) verschenkten.
Mit seinem Talent und dem Hang zur Extravaganz ist Lewis also seit 17 Jahren dabei. Seine Klamotten-Show geht vielen Fans auf die Nerven, aber für den Tausendsassa ist es der Weg in die Freiheit. Und die lässt er sich nicht nehmen, sondern in den Verträgen klar definieren: «Von Donnerstag bis Sonntag gehöre ich der Formel 1.»
Hass-Liebe zur Formel 1
Dies wird auch bei Ferrari ab 2025 nicht anders sein. Ein wildes Tier darf man nicht an der Leine führen, sonst fehlen plötzlich die Motivation und Leistungen.
«Mit 40 Jahren fahre ich sicher nicht mehr in der Formel 1», hatte Hamilton gegenüber Blick vor zehn Jahren gesagt. Bald zieht er mit 40 Jahren den roten Overall an. «Ich muss gestehen, dass ich meine Liebe zu diesem Sport unterschätzt habe. Aber es ist eine Art Hass-Liebe-Story geworden. Es gibt Tage, an denen ich am liebsten nicht ins Cockpit steigen würde.»
Das war in den vielen Tagen der Pleiten und Enttäuschungen oft der Fall. «Ja, ich zweifelte», gibt Lewis zu, «aber dann sah ich vor einigen Wochen, dass Mercedes den Sprung nach ganz vorne wieder schaffen könnte. Da arbeitete ich noch härter. Solange ich in diesem Team fahre, werde ich alles geben. Das wissen meine Fans und auch die anderen Fahrer.»
Diskriminierung, Frauen und Familie
Viele haben den Briten in den letzten Monaten abgeschrieben. «Die Zeit war hart, wie in meiner Kindheit, wo die Liebe meiner Eltern alle Sorgen aufgefangen hat.» Damals fehlte das Geld und oft musste das Kind mit der schwarzen Hautfarbe am Boden in der engen Stube essen. Das Wort Diskriminierung ist ihm nicht unbekannt.
Im Fall mit seiner früheren Freundin Nicole Scherzinger (46) lernte Hamilton den digitalen Wahnsinn und Liebeskummer kennen. Jetzt hat er das Thema Liebe und Kinder nach aussen eingestellt und ist vorsichtig geworden.
Kaum zeigt er sich mit einer Frau aus der Musik- und Filmszene, wird ihm eine Affäre angedichtet. Blick gegenüber sagt er: «Für eine Heirat ist es noch zu früh! Ich geniesse es, Onkel zu sein.»
Leclerc kann sich warm anziehen
Der Silverstone-Kracher mit dem 104. GP-Sieg (es ist auch die Zahl seiner Pole-Positionen) brachte Hamilton den verdienten, weltweiten Applaus. «Aufgabe ist nie eine Option. Neue Aufgaben aber schon», sagt er zum Ferrari-Wechsel. In Maranello trifft er auf seinen früheren Formel-3-Teamchef Fred Vasseur.
Und Teamkollege Charles Leclerc (26) kann sich schon mal warm anziehen. Mercedes-Chef Toto Wolff: «Wenn Lewis nur eine kleine Chance wittert, zu gewinnen, dann ist er für alle Piloten der gefährlichste Gegner!» Wie vor zwei Tagen in England.
Diese Frage begleitet Hamilton bald nach Italien: Ist Mercedes spätestens ab 2026 mit dem neuen Motorenreglement nicht die stärkere Waffe als Ferrari?