«Das ist in höchstem Mass unappetitlich»
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Kessler zu Russen-Funktionäre:«Das ist in höchstem Mass unappetitlich»

Eishockey-WM in Finnland
Ohne Russen – aber nur auf dem Eis

Eine Weltmeisterschaft ohne Rekordweltmeister Russland? Halb so wild – abwesend sind nur die Spieler. Der Eishockey-Weltverband schafft es nicht, sich klar zu positionieren.
Publiziert: 13.05.2022 um 13:20 Uhr
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Sause zum 63. Geburtstag des Präsidenten: Pavel Bure (links) und Milliardär Gennadi Timtschenko gingen mit Putin aufs Eis.
Foto: Getty Images
Dino Kessler

Erstmals seit 1954 wird eine Eishockey-Weltmeisterschaft ohne Vertretung aus Russland (bis 1991 als Sowjetunion) ausgetragen. Unter sowjetischer Flagge hatte die «Sbornaja» die sportliche Botschaft des Kommunismus in den Westen getragen, 22 Weltmeister-Titel zeugen von einer einmaligen Dominanz. Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs zerfiel das staatlich orchestrierte Erfolgsprodukt in Einzelteile, Russland ist mit insgesamt 27 Erfolgen immer noch Rekordweltmeister, muss sich die Vormachtstellung aber mittlerweile mit Kanada teilen.

Ein ZSKA-Aufsichtsrat als Vorsitzender des IIHF-Athleten-Komitees

Die Eishockey-Grossmacht wurde nach Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine vom Weltverband IIHF vom Turnier ausgeschlossen – allerdings erst, als verschiedene nationale Verbände gedroht hatten, einer Weltmeisterschaft mit russischer Beteiligung fernzubleiben. Fehlen werden in Helsinki und Tampere allerdings nur die russischen Sportler: Die Funktionäre und der russische Verband bleiben Teil der IIHF, die es wie andere internationale Dachverbände auch nicht schafft, sich hinsichtlich der russischen Invasion klar zu positionieren – oder Präsident Wladimir Putin und Russland direkt zu kritisieren.

So bleibt der ehemalige NHL-Star Pawel Bure nicht nur weiterhin Mitglied der IIHF-Exekutive – er durfte auch den Posten als Vorsitzender des IIHF-Athleten-Komitees behalten. Auf der IIHF-Webseite wird er verklärend als «Berater des russischen Verbands in internationalen Fragen» vorgestellt. Viel aussagekräftiger ist aber seine Position im Aufsichtsrat von Putins Armee-Klub ZSKA Moskau.

Verbandspräsident Tretiak gesperrt – aber nicht wegen des Kriegs

Bure ist im IIHF-Machtgefüge als temporärer Stellvertreter von Russlands Verbandspräsident Wladimir Tretiak aber nur eine Schachfigur: Der ehemalige Weltklasse-Torhüter ist derzeit bei der IIHF auf Eis gelegt, weil russische Regierungsvertreter (Tretiak ist Mitglied der Staatsduma) nach einem Urteil des Sportgerichtshofs TAS bis 2023 nicht bei Sportverbänden mitmischen dürfen, die den Welt-Antidoping-Code unterzeichnet haben. Stichwort: Staatsdoping.

Russlands Vertreter werden beim IIHF-Kongress in Tampere während der zweiten WM-Woche also ihre Aufwartung machen, persönlich oder virtuell. Anlässlich dieser Veranstaltung wird darüber entschieden, wer St. Petersburg als Veranstalter der Weltmeisterschaft 2023 ersetzt. Die IIHF hat den Russen diese WM entzogen: Ende April, zwei Monate nach dem Einmarsch in die Ukraine.


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